Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers
Erzbischof Engelbert von Köln zum Reichsverweser bis zur Mündigkeit seines Sohnes zu ernennen. Dass sie ihren Sohn in deutschen Landen zurücklassen musste, traf Konstanze schwer. Friedrich versuchte, sie zu trösten, aber seine Worte klangen hohl, denn er liebte weder sie noch diesen Sohn. Diese Menschen waren für ihn politische Instrumente, die er nach den jeweiligen Erfordernissen einsetzte. Sein Herz gehörte dem vierjährigen Enzio, der seit dem Tod seiner Mutter den Vater auf seinen Reisen durch das deutsche Reich begleitete. Kaum ein Tag verging, da Friedrich den Kleinen nicht sah, und wenn er ihm Gute Nacht sagte, mussten Amme und Kinderfrau verschwinden.
Im Spätsommer überquerten sie den schneefreien Brenner, zogen dann langsam und im Triumph über Bozen, Trient, Verona, Modena und Bologna nach Rom. In Bologna erschienen die Abgeordneten der ghibellinischen lombardischen Städte, um dem künftigen Kaiser zu huldigen. Friedrich, bei der Ausübung seines Amts übergenau |37| und immer bedacht, seine Anhänger nicht zu enttäuschen, ließ sich von seinen Sekretären vor jeder Audienz genau erläutern, mit wem er es zu tun hatte. So auch, als an einem Morgen Anfang Oktober eine Abordnung aus Pisa ihren Huldigungsbesuch ankündigte. Ihr Sprecher war der Graf Bartolomeo Lancia aus Pisa, begleitet von seinem achtzehnjährigen Enkel Galvano.
„Diese Familie zählt zu den Treuesten der Treuen, Majestät“, bemerkte der Sekretär und fügte hinzu: „Das war schon so zu Zeiten Eures Großvaters, des erhabenen Friedrich Barbarossa, und Eures Vaters, des Kaisers Heinrich.“
„Männer von solcher Art würden Wir Uns, was die Lombardei betrifft, noch viel mehr wünschen.“
Die beiden Lancia küssten dem König knieend die Hand.
„Erhebt Euch, Grafen Lancia. Vater und Sohn?“
„Nein, Majestät, Großvater und Enkel. Don Tommaso ist vor zehn Jahren bei der Jagd tödlich verunglückt. Er wollte einen Bären spießen und dann …“
„Damit muss jeder Jäger rechnen. Hat Don Tommaso weitere Kinder hinterlassen?“
„Ja, Majestät, es gibt noch einen zwölfjährigen Giordano und eine siebenjährige Bianca.“
Friedrich spürte verwundert eine seltsame Rührung beim Klang dieses Namens. Bianca … Keine seiner Frauen oder Geliebten hatte diesen Namen getragen. Bianca …
„Ein schöner Name – Bianca. Es hätte Uns betrübt, den Stamm einer so kaisertreuen Familie erlöschen zu sehen. Habt Ihr schon eine Frau erwählt, Don Galvano?“
Der junge Mann errötete.
„Nein, Majestät, aber mein Herr Großvater ist dabei …“
Don Bartolomeo unterbrach ihn.
„Ja, ich führe Verhandlungen mit ghibellinischen Familien. Vielleicht kommt es zur Weihnachtszeit schon zu einer Verlobung.“
„Das hören Wir gerne.“
Dann zog sich König Friedrich mit Don Bartolomeo zu einer Aussprache zurück.
Als ihn seine Enkelin Bianca einige Wochen später nach dem Aussehen des Königs fragte, sagte er nur: „Mittelgroß, von ebenmäßiger Gestalt, rotblondes Haar, ein Antlitz von Adel und Majestät mit leuchtend blauen Augen. Ein richiger Staufer …“
|38| Seine eigenartigen Empfindungen aber verschwieg er. Nicht nur, weil er sie einem siebenjährigen Kind kaum hätte vermitteln können, sondern auch, weil er sich ihrer schämte. Sich schämen ist nicht das richtige Wort, besser wäre vielleicht, Don Bartolomeos Gefühl als ein Bedauern zu bezeichnen. Er als nüchterner, gelehrter und freisinniger Mann bedauerte, dass er sich zu solch unsinnigen Gefühlen hatte hinreißen lassen. Er glaubte nicht daran, dass Gott durch den Mund eines Menschen sprach, aber es hatte ihn beeindruckt, dass es diesem zum Herrscher geborenen Staufer gelang, in ihm ein solches Gefühl zu erwecken. Das Angebot des Königs, ihn zur Krönung nach Rom zu begleiten, musste er ablehnen. Das Reiten über längere Strecken fiel ihm zunehmend schwer, seine Magenschwäche hatte sich in den letzten Jahren verstärkt und er brauchte eine gewisse, auf Reisen kaum zu beschaffende Kost. So schlug er vor, sich durch seinen Enkel Galvano vertreten zu lassen, und der König war einverstanden.
In seiner bedächtigen, manchmal sogar etwas zögerlichen Art war Galvano das genaue Gegenteil seines jüngeren Bruders Giordano. Dass sein Großvater sich den Anstrengungen einer solchen Reise nicht unterziehen wollte, wunderte ihn nicht, aber dass er nun dafür einspringen und mit einigen anderen die kaisertreue Stadt Pisa vertreten sollte, überraschte ihn
Weitere Kostenlose Bücher