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Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers

Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers

Titel: Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp von Zabern Verlag
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doch. Eigentlich hätte sein Vater diese Rolle übernehmen müssen, aber nun war er es – Galvano sah es ein –, der die Zukunft des Hauses Lancia verkörperte. Sobald er diese Notwendigkeit erkannt hatte, setzte er alles daran, diesem ehrenvollen Auftrag gerecht zu werden.
    Giorgio da Ponte, Bertas Ehemann, inzwischen zum Capitano der Söldner im Dienst der Grafen Lancia aufgestiegen, begleitete ihn dabei. Er machte sich keine Sorgen um den „ehrenvollen Auftrag“, er freute sich über das Abenteuer einer Romreise, insgeheim auch darüber, dass ihn jede Meile von seiner Gemahlin entfernte.
    Als Galvano um die Weihnachtszeit zurückkam, schien es seinem Großvater, als sei der Enkel älter, erwachsener geworden. In dieser kurzen Zeit? Aber auch Bianca spürte es. Galvano, sonst eher zögerlich und wortkarg, erging sich in begeisterten Schilderungen des Krönungszugs, entwickelte eigene Ideen, drängte den Großvater, seinen Einfluss geltend zu machen, um bei der kleinen, aber sehr aktiven Gruppe von Guelfen in Pisa eine Wandlung zu bewirken. Dieser Parteiname war entstanden, weil die Staufergegner sich |39| zu Zeiten König Ottos für die Welfen eingesetzt hatten. Nun, da die Welfen entmachtet waren, bedeutete es auch „Parteigänger des Papstes“.
    Don Bartolomeo schüttelte bedächtig den Kopf.
    „Wie stellst du dir das vor? Ein Parteiname soll nicht nur eine Sache des Gefühls sein, sondern ebenso des Verstandes. Diese Leute sehen sich als Lokalpatrioten, wollen ihre Städte selbst verwalten und vergessen dabei ganz, dass die Zeit nicht stillsteht. Das reiche und mächtige Florenz schielt auf unseren Seehafen, für Genua sind wir eine harte Konkurrenz und du wirst es noch erleben, dass es da zu einem Kampf kommt. Warum aber bisher nicht? Weil niemand eine ghibellinische Stadt anzugreifen wagt, denn er muss damit rechnen, dass der Kaiser bei seinem nächsten Italienzug die Dinge zurechtrückt.“
    Galvano lächelte. „Mich braucht Ihr nicht zu überzeugen,
caro nonno
…“
    Da tönte ein helles Stimmchen aus einer dunklen Ecke des Raumes:
    „Mich auch nicht! Diese langweiligen Männergespräche sind ja zum Einschlafen!“
    „Den Lauscher an der Wand trifft die eigene Schand“, sagte Galvano spöttisch.
    „Ich bin schon eine ganze Weile da, ihr habt mich nur nicht bemerkt. Galvano, ich möchte jetzt endlich von dir hören, wie das war mit der Krönung. Wie sah der Papst aus? Trugen die Menschen im Petersdom goldene Kleider? Ist Rom eine schöne Stadt? Sieht man dort viele Frauen auf den Straßen?“
    „Halt, halt! Im Gefolge eines Kaisers kriegst du nicht so viel zu sehen. Du stellst mit den anderen eine Art Dekoration dar, etwas, mit dem der Kaiser sich schmückt, seine Macht demonstriert. Aber du hast schon recht, Kleines, auf einer solchen Reise gibt es viel zu sehen …“
    „Dann erzähle es uns!“, forderte Bianca und ihre Stimme klang recht energisch.
    Galvano tat es und er ließ sich Zeit.
    Im kaisertreuen Modena waren sie fast eine Woche geblieben und dann hatten sie sich nach Süden gewandt, in Richtung Florenz. Nun ging die große Frage im Gefolge um, ob Friedrich dieser Stadt einen Besuch abstatten würde. Florenz war weder guelfisch |40| noch ghibellinisch, die Parteien hielten sich hier die Waage, wenn auch die Papsttreuen so taten, als seien sie in der Mehrheit.
    Der König ließ in Prato anhalten, denn dort gab es einen kaiserlichen Praefectus, der sich vor Eifer überschlug und sich diebisch freute, dass der König die reiche und stolze Nachbarstadt nicht besuchen wollte. Das war Ende Oktober und von da an waren sie noch über drei Wochen unterwegs. Einen längeren Aufenthalt gab es in Siena, das sich an Glanz und Reichtum nicht ganz, aber doch fast mit Florenz messen konnte. Seit es vor vierzig Jahren in den Besitz der reichen Silberminen von Montieri gekommen war, hatte die Stadt einen ungeheueren Aufschwung genommen. Im Gegensatz zu Florenz, das sich selber genügte, aber doch guelfisch geprägt war, hatte Sienas Adel die andere Partei gewählt. So scharten sich hier die Kaisertreuen um König Friedrich, der hier, obwohl noch ungekrönt, bereits als Imperator gefeiert und angesprochen wurde.
    Auf dem abendlichen Bankett im Palazzo della Città konnte Galvano Lancia eine seltsame Beobachtung machen. An der Stirnseite des Saales stand erhöht die kaiserliche Tafel, an der die Tischgäste im Laufe des Abends wechselten. Zuerst nahmen dort der
podestà
und seine Gemahlin Platz, danach

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