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Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers

Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers

Titel: Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp von Zabern Verlag
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überstürzt. Alles musste gründlich überlegt und erwogen werden, aber wenn ein Entschluss gefasst war, dann verfolgte er beharrlich seine Umsetzung.
    Giordano, sein jüngerer Bruder, war anders geartet. Er handelte schnell und spontan, konnte Entschlüsse im letzten Augenblick ändern, war aber in ihrer Durchführung nicht weniger beharrlich als sein Bruder. Leider huldigte er nicht der Anschauung, vieles sei leichter mit Verstand und im Einvernehmen zu lösen, sondern baute auf die brachiale Gewalt. Führte sie zu Misserfolgen, so lag das seiner Anschauung nach an einer halbherzigen Durchführung. Er hätte eben härter zuschlagen müssen … Zu seiner Verteidigung sei gesagt, dass sich diese Einstellung mit den Jahren milderte und verfeinerte, was dazu führte, dass der erwachsene Giordano sich später bemühte, Probleme zuerst mit dem Kopf und nicht gleich mit der Faust zu lösen.
    Wie aber fand Giulia Lancia, Galvanos Frau und Federicos Mutter, sich zwischen so unterschiedlichen Charakteren zurecht? Sie war nicht besonders gebildet, war dafür aber mit einem ausgeprägten |72| weiblichen Instinkt gesegnet, der sie vieles ahnen und meist richtig vorhersehen ließ. Sie und Bianca begegneten sich mit kühlem Respekt, aber Giulias eigener Hausstand in einem angebauten Teil des Palastes machten diese Begegnungen selten. Dazu kam, dass Giulia jedes Jahr ein Kind zur Welt brachte, von denen am Ende nur Federico und zwei Töchter die ersten Jahre überlebten.
    Was sie aber wirklich störte, war Biancas inniges Einvernehmen mit Berta, die sie gelegentlich eine
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nannte – freilich stets hinter vorgehaltener Hand und niemals in Biancas Gegenwart. Sie mochte ihren Galvano, ertrug geduldig die häufigen Schwangerschaften und ließ die Familie niemals spüren, dass das Erbe nach dem Tod ihrer Eltern die nicht übermäßig begüterten Lancia zu einer sehr wohlhabenden Familie machen würde. Wenn sie darauf auch niemals nur mit einem Wort anspielte, so wusste sie doch, dass die anderen es auch wussten. Als Mutter des Stammhalters Federico und als einzige Erbin ihrer steinreichen Eltern war ihre Stellung in der Familie so unerschütterlich fest, dass sie über Biancas Eigenheiten großzügig hinwegsah.

5
    Der von Kaiser Friedrich zu Ostern 1226 einberufene Reichstag kam nicht zustande – aus den schon genannten Gründen. Da er nun schon einmal in Cremona war, sollten wenigstens die ghibellinischen Lombardenstädte – Parma, Pavia, Modena, Pisa und Lucca wären als wichtigste zu nennen – Gelegenheit haben, ihm zu huldigen. Auch die Familie Lancia wurde dazu geladen und noch ehe Galvano ein Wort dazu äußern konnte, rief Giordano laut:
    „Da komme ich natürlich mit! Wann geht es los?“
    Seine Augen glühten vor Ungeduld und mit der Faust schlug er mehrmals auf den Tisch, dass die noch nicht abgeräumten Teller und Schüsseln zu klirren begannen.
    Galvano, der sich von Giordanos Ungestüm niemals aus der Ruhe bringen ließ, sagte nur:
    „Jetzt beruhige dich erst einmal – ja, warum sollst du nicht mitkommen, schließlich wirst du heuer achtzehn Jahre alt.“
    |73| Das war heute ihr gemeinsames Sonntagsmahl, an dem die ganze Familie teilnahm.
    Wundersame Gedanken waren Bianca bei dieser Nachricht durch den Kopf gezogen. Der Ritter Lancelot, sonst fern im Süden, war in den Norden gekommen, um seine treuen Vasallen zu begrüßen. Eine und vielleicht sogar die letzte Möglichkeit, ihn persönlich zu sehen, anstatt sich sein Bild aus den gewiss fehlerhaften Berichten ihres Bruders zusammensetzen zu müssen. Natürlich wusste sie, dass es weder üblich noch angebracht war, die Frauen der Stadtvertreter oder sogar deren Schwestern mit auf die Reise zu nehmen. Es war allein Galvanos Aufgabe, vielleicht zusammen mit seinem Bruder, dem Kaiser in Cremona zu huldigen, während sie daheim auf die Berichte ihrer Brüder warten musste. Nein, nein, nein, diesmal würde sie sich nicht damit begnügen, diesmal nicht! Im Oktober würde sie dreizehn Jahre alt werden, sie war kein Kind mehr! Doch ihr nüchterner Verstand sagte ihr, dass ihre Lebensjahre nicht zählten – ob acht oder achtundzwanzig, eine Frau hatte bei einer Gesandtschaft nichts zu suchen. Schon formte sich in ihrem Kopf ein Plan. Zuerst kam es darauf an, nichts oder nur Unverbindliches zu äußern. Sie zwang sich zu einem Lächeln.
    „Das ist ja schön, den Kaiser so nahe zu wissen. Du, Galvano, könntest ihn vielleicht dazu anregen, auch unsere Stadt zu

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