Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers
zwei Tage später und nicht nur wegen Bianca. Am Abend zuvor war der Bote aus Melfi eingetroffen und hatte die traurige Nachricht überbracht. Dass es eine solche war, sahen die vor dem kaiserlichen Zelt Versammelten an der auf Halbmast gesetzten Adlerfahne.
Das Wetter hatte umgeschlagen, ein lauer Südwind fuhr in heftigen Stößen in die Zeltplanen, blähte sie auf, dann schien er Atem zu holen und blies wieder mit neuer Kraft. Der Himmel hatte sich mit Dunst überzogen, die Sonne schaute fahl und blässlich auf die versammelten Menschen hinab.
|131| Als der Kaiser erschien, verstummten die halblauten Gespräche und gegen seine sonstige Gewohnheit ergriff er selber das Wort.
„Gott dem Herrn hat es gefallen, die Königin Jolanda von der Erde abzuberufen, nachdem sie ihr Kind, einen Knaben, geboren hatte. Der Prinz soll Konrad heißen und steht in der Thronfolge an zweiter Stelle, aber dazu nach den Ostertagen mehr. Wir werden dann Unsere Verfügungen für die Zeit Unserer Abwesenheit treffen. Am kommenden Sonntag sind die Herren aufgerufen, an dem Requiem für die verstorbene Königin im Dom teilzunehmen.“
Der Kaiser hob die Hand zum Gruß und ging in sein Zelt zurück. Giordano verharrte unschlüssig auf seinem Platz und wollte schon zurückgehen, als ihn ein kaiserlicher Sekretär ansprach.
„Don Giordano Lancia? Ja? Haltet Euch heute Abend zu einer Besprechung mit Seiner Majestät bereit.“
Als er dann noch vor Sonnenuntergang abgeholt wurde, war seine Niedergeschlagenheit, die den Zorn abgelöst hatte, zur Ratlosigkeit geworden. Wie sollte er, der kleine Vasall, dem allmächtigen Imperator gegenübertreten? Enttäuscht, zornig, fordernd, gekränkt, kompromissbereit? Er wusste es nicht.
Friedrich empfing ihn sitzend, neben ihm stand der bärtige Petrus de Vinea, Großhofrichter und enger Vertrauter des Kaisers. Verglichen mit seinem Herrn wirkte er wie ein Greis, dabei war er nur fünf Jahre älter.
„Seid gegrüßt, Graf Lancia. Machen wir es kurz: Eure Schwester Bianca und Wir haben uns in Liebe verbunden. Ihre ursprünglich vorgesehene Aufgabe, Unserer Gemahlin als Hofdame zu dienen, ist nun auf tragische Weise beendet, noch ehe sie begonnen hat. Ins Heilige Land kann sie Uns nicht begleiten, und ohne Euch möchten Wir sie nicht zurückreisen lassen, aber das ist ohnehin nur eine theoretische Möglichkeit. Wir sind ihr auf eine Weise verbunden, die Euch vielleicht unbegreiflich erscheint, weil alles so schnell geschehen ist. Seid aber versichert, dass Unsere Verbundenheit sich zwar hier befestigt und bestätigt, aber schon in Cremona begonnen hat.
Nun zum Wesentlichen und Maestro Petrus ist hier, um Unseren Entschluss zu bezeugen: Erstens möchten Wir Uns von Donna Bianca niemals mehr trennen und zweitens sind Wir gesonnen, sie zu gegebener Zeit vor Gott zu Unserer Gemahlin zu erheben. Auch wenn dies erst in einem Jahr oder noch später geschehen wird – |132| seid versichert, Conte Lancia, es wird geschehen, darauf habt Ihr Unser kaiserliches Wort. Wenn Wir vorhin sagten ‚vor Gott‘, so heißt das nicht vor aller Welt. Es wird zwar ein Dokument geben, doch es muss geheim bleiben. Gebt das so an Euren Bruder Galvano weiter.“
Der Kaiser wandte sich zum Großhofrichter und forderte ihn mit einer Geste zum Sprechen auf.
„Als Zeuge Seiner Majestät stehe ich hier und wiederhole: Der Kaiser und König Fridericus hat Euch, Graf Lancia, sein Wort gegeben, Eure Schwester Bianca zu gegebener Zeit vor Gott zu ehelichen, darüber wird ein geheimes Dokument ausgefertigt. Die aus dieser Verbindung entsprossenen Kinder werden sich damit legitimieren können.“
Als Giordano den Kaiser im Pluralis Majestatis reden hörte, wusste er, dass jedes seiner Worte fest wie ein Felsen stand – unverrückbar und nur durch Gott oder den Kaiser selbst zu verändern. So verneigte er sich und sagte:
„Ich werde den hochherzigen Entschluss Eurer Majestät meinem Bruder, dem Grafen Galvano Lancia, übermitteln.“
„Tut das, Don Giordano.“
Der Kaiser hob die Hand, als gebe er ein Zeichen und Bianca trat aus dem Hintergrund des Zeltes ans Licht der drei fünfarmigen Leuchter. Friedrich lächelte.
„Es wäre nicht gerecht, über das Schicksal eines freien Menschen zu bestimmen – ohne sein Wissen. Donna Bianca, Ihr habt jedes Wort gehört, das nach dem Erscheinen Eures Bruders gesprochen wurde?“
„Ja, das habe ich.“
„Und Ihr seid mit allem einverstanden?“
„Das bin ich, doch mir läge auch an
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