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Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers

Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers

Titel: Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp von Zabern Verlag
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Morgens, es war Ende Oktober, waren Giordanos Männer zum Brotkauf eingeteilt. Der Marktplatz von Akkon war viergeteilt: Den Metzgern und Fischhändlern war die Schattenseite vorbehalten, während die Stände mit Obst, Gemüse und Brot sich im sonnigen Teil befanden. Die Capitani waren angewiesen, nach Möglichkeit keinen zu bevorzugen, sondern jeden der Händler bei |149| ihren Einkäufen zu berücksichtigen. Mit wenigen Ausnahmen führten Männer die Marktgeschäfte, da und dort sah man schwarz verhüllte Ehefrauen ihren Männern zur Hand gehen.
    Diesmal steuerte Giordano eine Brotverkäuferin an, deren Gehilfe, ein vielleicht zehnjähriger Junge, offenbar ihr Sohn war. Freilich mussten die Kreuzfahrer mit dem Vorhandenen vorliebnehmen, knusprige Wecken oder Laibe mit brauner Kruste waren da nicht zu finden. Es gab Kringel, die mit Sesam, Mohn oder Kümmel gewürzt waren, doch das tägliche Brot bestand aus labbrigen Fladen, die man mit gekochtem Gemüse, Zwiebeln oder Hackfleisch füllte.
    Während seine Männer die Backwaren in den Säcken verstauten, verhandelte Giordano über den Preis, und das war gar nicht so einfach, weil hier keine einheitliche Währung existierte. Da gab es die
besanti sarracenati
aus Gold, Dinare aus Silber und kupferne Münzen, von den Deutschen als Pfennige, den Italienern als
quattrini
, von den Franzosen als
fenin
oder
denier
bezeichnet. Jeder christliche Fürst in Syrien prägte dazu noch sein eigenes Geld, zum Teil mit lateinischen, manchmal mit arabischen Aufschriften. Die Verhältnisse wurden durch die vom Sultan geprägten arabischen Münzen auch nicht durchschaubarer. Im Tross des christlichen Heeres gab es dafür Spezialisten: Geldwechsler, die sich in diesem Chaos einigermaßen zurechtfanden. Ein solcher war bei größeren Einkäufen in der Regel dabei und zweigte für sich einen Anteil ab. So war es eigentlich der
cambiavalute
oder
changeur
, der die Verhandlungen führte.
    Da hatte Giordano Zeit, die Bäckersfrau unauffällig zu beobachten, und was er sah, gefiel ihm. Muselmanische Frauen, die in der Öffentlichkeit auftraten, unterschieden sich deutlich von denen im Harem, den Gebär- und Arbeitsmaschinen, verschüchtert, unselbständig und meistens sehr dick. Nichts von alldem traf auf Amina zu. In dem runden, weichen Gesicht standen zwei dunkle, blitzende Augen, denen nichts entging. Der Landessitte entsprechend mied sie zwar den Blick der Männer, doch nicht immer. Ganz kurz streiften ihre Augen Giordanos Gesicht, während er den Geldwechsler befragte, und er glaubte zu erkennen, dass ihr Interesse an ihm über das einer Händlerin hinausging. Und so beging er den Fehler, von nun an beim Broteinkauf jedes Mal zu ihrem Stand zu gehen. Als man ihm zutrug, dass die anderen Händler sich über ihn beklagten, |150| ließ er das Gerücht verbreiten, der Hofstaat des Kaisers bevorzuge eben die Erzeugnisse dieser Bäckerin. Schon bald erfuhr er, dass sie Amina hieß – wie die erste Frau des Propheten –, eine Witwe mit drei Kindern war und für ihren Ältesten, den Zehnjährigen, bis zu dessen Mündigkeit die Geschäfte weiterführte.
    In der Regel wohnten die Händler in nächster Nähe des Marktes. So auch Amina, deren Haus in Sichtweite lag. Hätte der Kaiser sich mit dem Sultan schneller geeinigt, so wäre aus Giordano und Amina wohl nie ein Liebespaar geworden, aber sie hatten gut ein halbes Jahr Zeit, und als gewisse Hindernisse überwunden waren, ging es sehr schnell.
    Wie alle hier auf dem Markt tätigen Menschen sprach auch Amina leidlich Französisch, denn es waren überwiegend Franzosen, die Akkon seit über zweihundert Jahren besetzt hielten und der Stadt den Namen Saint-Jean d’Acre gegeben hatten. Wenn Giordano diese Sprache auch nicht beherrschte, so hatte sie doch den gleichen Ursprung wie das Italienische und es bedurfte keiner besonderen Fantasie,
pain
als
pane
,
amour
als
amore
,
seigneur
als
signore
und
fille
als
figlia
zu deuten. Dann gab es ja noch die Zeichensprache. Und außerdem macht die Liebe erfinderisch, wie man sagt. Da Liebe ein Wort mit mannigfacher Bedeutung ist, hatten wenigstens die deutschen Liederdichter den Unterschied zwischen hoher Minne und niederer Liebe gemacht, während Franzosen und Italiener
amour
und
amore
gleichsam für jede Liebeslage gebrauchen.
    Nun, hohe Minne war es nicht, was den Christen zur Muselmanin ins Bett führte, aber bei beiden doch ein tiefgreifendes Bedürfnis. Giordano hatte in Pisa schon seit Jahren ein

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