BIANCA SPEZIAL Band 06
York und kehrte mit meinem Vater hierher zurück. Ein weitgereistes Möbelstück.“
Sin fiel der goldene Ehering des Alten auf. Und gleich darauf stellte Bobbi auf recht diplomatische Weise die unumgängliche Frage: „Sollte die Wiege nicht in Ihrer Familie verbleiben?“
„Es gibt keine Coopers mehr, an die wir sie weitergeben könnten“, erklärte der Mann. Bobbi glaubte einen schmerzvollen Seufzer zu vernehmen. „Ich war ein Einzelkind. Unseren einzigen Sohn verloren meine Frau und ich in Vietnam.“
„Das tut mir sehr leid“, sagte Sin. Die Stimmung dieses herbstlichen Volksfeiertages hatte sich plötzlich verändert und erinnerte ihn daran, dass die Zeit nicht stehen blieb und das Schicksal keine Fortdauer des Glücks garantierte.
„In dieser Wiege haben so viele Babys Geborgenheit gefunden. Ich finde, es sollte wieder ein Baby darin liegen. Vielleicht machen Sie einen neuen Anfang? Lassen Sie das alte Stück noch weitere Generationen überdauern, bis die Kufen ganz abgeschaukelt sind.“
Sin suchte Bobbis zustimmenden Blick, aber Bobbi tippte nur die Wiege mit einem Finger an und sah zu, wie sie schaukelte.
Er ahnte, was Bobbi bewegte. Sie beide waren nicht der Beginn einer neuen Dynastie. Die Folgen einer Nacht im Mondschein und heißes Verlangen brachten sie hier zusammen.
„Mr. Cooper.“ Sin hielt noch immer den Kuriositätenschrank in einer Hand. „Wohin wollten Sie eigentlich soeben mit dem Schrank und der Wiege? Zu den beiden Ladies, die am Möbelstand aushelfen?“
„Ja.“ Cooper lachte und wollte Sin den Schrank abnehmen. „Tut mir leid. Ich war ganz auf meine Geschichte konzentriert und übersah, dass sie den Schrank noch in Händen halten.“
„Ich bringe ihn dorthin“, versprach Sin. „Vielleicht können Sie mit den Ladies einen Preis festlegen, während meine … während Bobbi und ich uns noch einmal über die Wiege unterhalten.“
„Selbstverständlich.“
Als Sin mit dem Alten zu den beiden Frauen ging, bei denen sie die meisten der Dinge erstanden hatten, die sie bereits zum Wagen gebracht hatten, ließ Bobbi die Wiege nicht aus den Augen. Ein Mann in Begleitung von zwei Frauen näherte sich. Bobbi hielt sie für ein jung verheiratetes Paar und die Schwiegermutter. Als sie sich über die Wiege beugten, hörte Bobbi ihre Unterhaltung mit.
„Ich muss sie einfach haben“, sagte die junge Frau zu ihrem Mann. „Bitte, Jason, kauf sie mir.“ Ihre Stimme klang aber eher befehlend als bittend.
„Die Wiege ist sicher sehr kostspielig, Megan“, meinte der junge Mann. Er wies auf Bobbi. „Die Lady dort sagte doch, sie stamme aus der Kolonialzeit. Es ist ein antikes Stück, Meggie, nicht aus zweiter Hand. Außerdem hat die Lady hier das Vorkaufsrecht.“
„Die Lady konnte sich noch nicht entscheiden. Wenn wir uns vor ihr einig sind, gehört die Wiege uns. Ich will sie unbedingt haben.“
In diesem Moment kehrte Sin zurück. Mit einem charmanten Lächeln nahm er die Wiege an sich. „Wir haben das Vorkaufsrecht.“
Die junge Frau sah Bobbi wütend an. „Sie sagte, sie sei noch unentschlossen.“
Sin lächelte herausfordernd. „Sie vergisst manchmal, dass sie nicht allein entscheidet. Ich habe mich entschieden. Und nun entschuldigen Sie uns bitte.“
„Aber uns steht sie gar nicht zu“, wandte Bobbi traurig ein.
„Würdest du es lieber sehen, wenn dieses Monstrum Megan die Wiege bekommt?“
„Du verstehst gar nichts, Sin.“
„Doch, ich verstehe dich. Jedes Mal, wenn das Thema angesprochen wird, weiß ich, dass du es gleich sagen wirst: ‚Du bist nicht der richtige Mann, Sinclair, du bist ein Playboy, der jeder Zeit fortgehen kann, wie es ihm gefällt.‘“ Sin drückte Bobbis Schulter. „Sag mir, dass ich unrecht habe.“
„Du bist unmöglich“, murmelte Bobbi.
Während der Heimfahrt behielt Bobbi die Wiege auf dem Schoß, aus Angst, Buttercup könnte sie als geeigneten Knabbergegenstand ansehen, wenn er sie neben sich auf dem Rücksitz fand.
Antike Möbelstücke gaben Bobbi immer das Gefühl der Verbundenheit mit den Menschen, die damit einmal gelebt hatten. Wenn sie die Geschichte eines Kunstwerks nicht kannte, erfand sie zu ihrer eigenen Unterhaltung manchmal selbst eine.
Über die Herkunft der Wiege wusste sie eine Menge. Gerührt strich sie über das Holz und stellte sich vor, wie viele zitternde kleine Hände während der letzten zweihundert Jahre ebenfalls das Holz berührt hatten.
Die Wiege war mehrmals im Land hin und her gereist und
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