Bibbeleskaes
konnte die Frau nicht ausstehen, selbst jetzt noch nicht, wo ich wusste, dass sie eher dumm als böse war. Aber Dummheit war mindestens eine genauso groÃe Plage wie Bösartigkeit. Dennoch tat ich weiter so, als erzählte sie mir die klügsten und interessantesten Dinge, und redete ihr nach dem Mund. Wennâs denn nur auch der Wahrheitsfindung diente! »Aber dich hat die Liebe nicht blind gemacht. Du hast zum Beispiel gesehen, wie Sajdowski Murnier gefolgt ist und bestimmt noch viel mehr.«
»Natürlich!«, trällerte sie und begann wieder in ihrer Handtasche zu stochern. »Ich hab ja eine ganze Zeit mit der Erna vor der Tür gestanden. Alle habe ich kommen und gehen sehen, bevor der Pascal sich endlich getraut hat, mich zum Tanzen aufzufordern.«
Ein träumerischer Erinnerungsblick kombiniert mit frischem Besitzerstolz. Ich zwang mich zu einem mitfühlenden Lächeln und hoffte, dass mich mein Blick nicht verriet.
»Wer war denn alles vor der Tür, bevor Pascal und du �«
»Die gröÃte Gruppe waren natürlich die Raucher!«
»Natürlich«, bestätigte ich. »Auch in Frankreich herrscht Rauchverbot. Und Felix war ja nun wirklich ein starker Raucher.«
»Ja, sicher, der war immer dabei! Der Felix war bestimmt mehr drauÃen als drinnen. Manchmal hat er auch eine kleine Runde gedreht, mal rechtsrum zum Aubach, mal linksrum zum Aubach. Er war ja nicht so der Gesellige, der sich beim Rauchen gern zu fremden Menschen stellt, eher so ein einsamer Raucher, habe ich den Polizisten erklärt.«
Wie gut, dass sie das getan hatte! Ein Segen, dass sie so viel plapperte! Wie nützlich Dummheit sein konnte! »Wart ihr eigentlich noch im Festsaal, als die Hellsass Devils kamen? Die sollen ja schlimm gewütet haben«, fragte ich mit verschwörerischem Unterton.
»Das kannst du laut sagen!«
Jetzt hatte sie leider ihren Schlüsselbund gefunden.
»Sind die denn auch auf Leute los?«, fragte ich schnell.
»Nicht sofort. Aber allein, wie die aufgetreten sind! Die Lederjacken, die Nieten, die breiten Schultern, die Stiefel! Einer vorneweg, zwei direkt dahinter, dann vier und so weiter. Wie ein Pfeil haben sie sich in den Saal gebohrt, geschubst und gedrängelt haben sie, sofort alles zur Seite gekickt, was ihnen im Weg stand. Die waren noch keine Minute da, da krachten schon die ersten Stühle zusammen. Dann haben sie sich frech an den Tabletts der Kellnerinnen bedient, die Mädchen durch die Stuhlreihen gejagt. Daraufhin haben natürlich die jungen Kerle im Saal die Ãrmel hochgekrempelt und sich die Dumpfbacken vorgenommen. Da ging eine Keilerei los, frag nicht, wie! Panik im Saal, Riesengeschrei, alle haben nach drauÃen gedrängt. Ich habe mir Pascal gepackt und uns hinter dem Tresen in Sicherheit gebracht. Aber ich kann dir sagen, wer sich von dem Schlachtgewimmel nicht aus der Ruhe bringen lieÃ, das war Sophie. Sofort nach der Gendarmerie telefoniert, alte Leute gerettet, die Musiker, ihre Instrumente und so weiter, alles wahnsinnig schnell. Und dann â das musst du dir mal vorstellen! â hat sie sich ans Mikrofon gestellt und auf Deutsch und Französisch gesagt, dass die Gendarmerie im Anmarsch ist! Also, ich muss schon sagen, Nerven wie Drahtseile. Also, ich hätte mich das, ehrlich gesagt, nicht getraut. Stell dir nur vor, die Rowdys hätten die Bühne gestürmt! Man kann ja von Glück sagen, dass sie danach sofort abgerauscht sind. Ist ja alles noch mal glimpflich abgegangen. â So«, meinte sie dann und klimperte mit den Schlüsseln. »Ich muss jetzt fahren.«
»Wie gut, dass ihr euch in Sicherheit gebracht habt! Wie gut, dass euch nichts passiert ist«, redete ich weiter und hielt sie wie zufällig am Unterarm fest. »Also, ich hätte mich das auch nicht getraut, war ja wirklich nicht ohne für Sophie. Und danach, was ist dann passiert?«
»So ein Häuflein Aufrechter wie Pascal und ich haben nach dem Ãberfall wenigstens ein bisschen Ordnung in der Halle geschaffen. Ein paar von den Franzosen waren noch da, FK hab ich gesehen, den Droll Erwin ⦠Ach ja, und Felix ist noch gekommen! Der war schon auf dem Weg ins Hotel, als er festgestellt hat, dass Sophie den Zimmerschlüssel hat.«
»Der war während der Schlägerei gar nicht im Saal?«
»Nein, nein, der ist erst danach aufgetaucht. Kurz bevor die Gendarmerie kam, hat er
Weitere Kostenlose Bücher