Bibbeleskaes
hatte. »Trotzdem bleibt der Obduktionsbericht wirr.«
»Den gibt es jetzt?«, schrie ich, dämpfte aber schnell meine Stimme, als die Glocken plötzlich verstummten. »Und du weiÃt, was drinsteht?«
»Keine Details. Nur ein paar Eckdaten. Er hatte jede Menge Alkohol plus Schlafmittel im Blut.«
»Selbstmord?« Hatten Hodapp und Stechele mich deshalb gestern Abend so schnell gehen lassen?
»Wenn er zu Hause im Bett gefunden worden wäre, gäbe es daran nichts zu rütteln«, rekapitulierte FK . »Das würde auch zu dem passen, was du gerade erzählt hast. Aber die Kombination von Bach und Schlaftabletten ist komisch. Genau wie Murnier war er übrigens schon tot, als er im Bach landete. Die Frage ist, ob man einen Selbstmord vertuschen oder vortäuschen wollte, und natürlich, wer. Die Spurenlage am Bach dazu war katastrophal, aber daran bist du ja nicht ganz unschuldig â¦Â«
»Hätte ich ihn im Wasser liegen lassen sollen oder was?«, blaffte ich ihn an.
»Du weiÃt genau, was ich meine. Du hättest sofort die Polizei â¦Â«
»Musst du immer wieder auf meinen Fehlern herumreiten?«
»Ich will nur verhindern, dass du sie noch mal machst.«
»Na prima!«
FK konnte einem wirklich auf die Nerven gehen! Dieses Besserwisserische, Oberlehrerhafte hatte ich immer schon an ihm gehasst. Zum Glück hackte er nicht weiter auf diesem Punkt herum, sondern lenkte das Gespräch schnell in andere Bahnen.
»Fällt dir, die du dich doch so gerne ins Reich der Spekulationen vorwagst, ein, warum Felix voll mit Schlaftabletten im Bach gelandet ist?«
»Nein«, sagte ich nach einigem Nachdenken. »Die Kombination von Schlafmittel und Bach irritiert mich genauso wie das Messer im Rücken von Murnier. Der Stich erst nach seinem Tod ausgeführt, warum?«
»Rätsel, die unsere Freunde und Helfer lösen werden.«
»Na ja«, setzte ich an, um ihm zu widersprechen, aber weiter kam ich nicht, denn FK verkündete: »Ich bin jetzt gleich in Oberkirch! Bin sehr gespannt, was Sophie zu sagen hat.«
»Rufst du mich nach dem Termin an?«
Er brummte so etwas wie »Mach ich«, konnte es dann aber nicht lassen hinterherzuschicken: »In der Zwischenzeit lässt du die Finger von allem, was gefährlich werden könnte.«
ZWEIUNDZWANZIG
Der alte Käfer stand noch am Parkplatz vor der Kirche, als ich zu Fuà den Weg hoch zum Eichberg einschlug. Ich brauchte Bewegung, frischen Sauerstoff, endlich einen klaren Kopf. Der Himmel heute bewölkt, dazwischen Fetzen von Blau, die Sonne eine Diva, die sich mal kurz zeigte und dann wieder auf unbestimmte Zeit hinter einem grauen Wolkenvorhang verschwand. Ein Himmel ohne klare VerheiÃungen. Der Wind raschelte in den Buchenhecken, die das Kriegerdenkmal umgrenzten, und blies mir die Haare aus dem Gesicht, als ich oben angelangt war. Ich blickte über die Kirschbaumhügel, zwischen denen sich in der Ferne die L 87 ins Achertal hineinbohrte. Mein FuÃweg dagegen führte in sanften Wellen geradeaus, und auf eine so eindeutige Linie wollte ich auch meine Gedanken bringen.
Wieder sah ich Felix im Dunkeln vor Murniers Haus warten: Vielleicht macht er das an diesem Abend nicht zum ersten Mal, vielleicht ist er schon öfter hier gewesen, wieder zum Festsaal zurückgekehrt, als Murnier nicht kam. Und dann endlich taucht er auf. Gut angetrunken, die Hand schmerzt ihm nach der Prügelei mit Sajdowski. Er ist müde, er ist schlecht gelaunt. Dies war kein guter Abend für ihn.
Wie geht Felix vor? Stellt er sich Murnier in den Weg? Sagt er: Ich bin Gertis Sohn? Schiebt Murnier ihn weg? Schimpft er ihn einen dreckigen Bastard? Oder fragt er misstrauisch: Was willst du von mir? Erzählt Felix von seiner Mutter? Von ihrem Wunsch nach später Wiedergutmachung? Kommt der schüchterne Felix überhaupt so weit, sein Anliegen nach finanzieller Unterstützung vorzubringen? Wieso wählt er dafür einen so ungünstigen Zeitpunkt? Weil er denkt, dass ein erschöpfter alter Mann ein leicht zu übertölpelnder Gegner ist? Aber er irrt sich. Warum soll Murnier mit Felix anders umgehen als mit Sajdowski?
Er beschimpft ihn, er schlägt zu, Felix schlägt zurück, Murnier stürzt, zieht sich am FuÃabtreter die tödliche Verletzung zu. Felix packt Panik, er schleppt ihn das kurze Stück zum Bach. Weil Murnier dort seine Mutter
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