Bibbeleskaes
dem guten Kontakt zwischen Enkelin und GroÃvater hörte. Dass Sandrine den Eindruck hatte, Emile wollte sich mit ihm aussöhnen, konnte er nicht glauben. Ich merkte, wie ihn dieses Gespräch aufwühlte, nicht immer heilt die Zeit alte Wunden.
Luc eilte mit seinen Gedanken weiter und fragte sich, ob seine Vorliebe für deutsche Frauen eine Reaktion auf den Deutschenhass des Vaters war, eine Art unbewusste Wiedergutmachung, die Emile allerdings nie zulassen konnte. Vielleicht ein bisschen bei Sandrine, warf ich ein und dachte an dieses komplexe, komplizierte Gebilde namens Familie, in dem wir ein Leben lang gefangen waren und das noch komplexer und komplizierter wurde, wenn Politik und Geschichte so grausam hineinregierten, wie die Nazis dies getan hatten.
Wir aÃen Schnecken und Milchkalb, tranken auf friedliche Zeiten, darauf, dass die Grenzen zwischen unseren Ländern offen blieben, darauf, dass es weiter links und rechts des Rheines Bibbeleskäs gab, darauf, dass es egal war, ob er mit Quark oder Fromage blanc angemacht wurde.
»Was ich auch jetzt, nachdem ich weiÃ, was passiert ist, nicht kapiere, ist sein Telefonanruf. Warum hat mich mein Vater in dieser Nacht angerufen? Ich wusste nicht mal, dass er meine Handynummer gespeichert hat!«
Ich zuckte mit den Schultern. Auch für mich war dieser Anruf ein Rätsel.
»Ein Hilferuf?«, spekulierte Luc. »Er ahnt, dass die Auseinandersetzung mit Felix nicht gut ausgehen kann? Da fällt ihm der Sohn ein, dem er ein Leben lang nichts als Steine in den Weg gelegt hat?«
In Lucs Stimme schwang ein Wirrwarr an Gefühlen: Unglauben, Wut, Verzweiflung, Verletzung.
»Vielleicht sind wir so auf negative Weise quitt«, murmelte er. »Wie auch immer! Es ist typisch für den Alten, dass er mich auch nach seinem Tod nicht in Ruhe lässt.«
Beim Nachtisch â gewagt dekorierte Sorbets und göttliche Brombeer-Tartelettes â waren wir endlich bei uns angelangt, und auch da hatten wir uns viel zu erzählen.
»In zwei Wochen beginnt die Lese, der Höhepunkt des Weinjahres. Endlich kann die Ernte eingefahren werden. Nichts wäre schöner, als dich in meinem Weinberg zu sehen!«, sagte Luc irgendwann.
»Ich habe ein Restaurant zu führen, ich brauche dringend einen neuen Sommelier, und Köln ist eine schöne Stadt!«
»Was ist eine Stadt gegen das Elsass!«
Oje! Schon betraten wir wackeligen Boden! Fallstricke, tiefe Löcher, unüberwindbare Hindernisse warteten auf uns. Sicher auf diesem Weg war nur der ungewisse Ausgang! Es würde kompliziert werden, das Leben war immer kompliziert! Aber nicht jetzt. Morgen erst oder übermorgen. Ich fragte den Kellner nach einem freien Zimmer. Auch dieses Mal hatten wir Glück.
»Ich werde den Fautenbachern ewig dankbar sein, dass sie vor fünfundvierzig Jahren die Partnerschaft mit Scherwiller gesucht haben«, flüsterte Luc mir beim Treppensteigen ins Ohr.
»Oh ja«, flüsterte ich zurück. »Und jetzt feiern wir unsere ganz persönliche jumelage à deux !«
BADISCHE UND ELSÃSSISCHE KLASSIKER ZUM NACHKOCHEN
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Bibbeleskäs
Bibbeleskäs ist der alemannische Begriff für Quark. »Bibbele« sind Küken, die man früher mit Quark gefüttert hat. Der Begriff existiert auch im Elsässischen. Im übertragenen Sinn bedeutet »Bibbeleskäs« etwas Unwichtiges oder gar Unsinn.
Bibbeleskäs ist wie viele einfache Gerichte eines mit unendlichen Variationen. Nur die Grundzutaten Quark, Rahm und Schnittlauch sind fix, ob Zwiebeln, Knoblauch oder Kümmel dazukommen, hängt von Geschmacksvorlieben ab. Wichtig ist, den fertigen Quark zwei, drei Stunden durchziehen zu lassen, damit er das Kräuteraroma aufnimmt. Klassisch serviert man Bibbeleskäs zu Pellkartoffeln, die im Alemannischen Gâschwelldi heiÃen.
Hier meine Lieblingsvariante:
Zutaten für vier Portionen (als Hauptgang zu einem Kilo Kartoffeln):
500 g Quark, Magerstufe
1 Â Becher Sauerrahm
1  Handvoll Kräuter aus dem Garten oder je ½ Bund Schnittlauch und Petersilie
½ Bund Radieschen
1 kleine Zwiebel
Pfeffer und Salz
Zubereitung:
Quark und Sauerrahm gut miteinander verrühren, Kräuter sehr fein hacken, Radieschen und Zwiebel in kleine Würfel schneiden, beides unter die Quarkmischung rühren, mit Salz und Pfeffer würzen.
Gugelhupf classique
Der Gugelhupf, früher im Elsass als
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