Bibbeleskaes
Spielt er den Vater von Ruprecht nicht ganz, ganz toll? Guck mal, da kommt er schon.«
Nicht nur Pascal, auch Käshammer und die anderen Schauspieler betraten unter dem Beifall der Gäste den Biergarten. Erhitzt und gelöst wirkten sie alle, und Käshammer stolzierte wie ein aufgeplusterter Gockel zwischen den Leuten herum. Sektkorken knallten, ein Tablett mit Gläsern wurde herumgereicht.
»Denn jeder trägt den leidâgen Stein zum Anstoà in sich selbst«, tönte Käshammer. »Und darauf stoÃen wir jetzt an.«
Das taten sie, und dann tranken sie auf die gelungene Aufführung und auf den Wettergott, auf dass er ihnen auch weiterhin gnädig sei, und darauf, dass das Licht im ersten Akt nie mehr ausfiel. Gläser klirrten, FüÃe scharrten, Gelächter füllte die Luft.
Von wo auch immer stieà Sophie zu der Runde, trank ein Glas auf alle, schüttelte dann Käshammer die Hand: »Dass du ein guter Schauspieler bist, habe ich immer gewusst.«
»Nächstes Jahr spielen wir den Macbeth. Die Lady ist noch zu besetzen. âºMeine Hände sind blutig wie die deinen, doch ich schäme mich, dass mein Herz so weià ist.â¹ Starke Rolle: eine machthungrige Frau, eine meisterliche Intrigantin. Willst du sie nicht spielen?«
»Nächstes Jahr, Manfred, bin ich Bürgermeisterin von Oberkirch, da hab ich keine Zeit für Spielchen.«
Der Ton zwischen beiden war flapsig, die Worte aber giftig und die Blicke gleichzeitig auf der Hut und kampfbereit. Die zwei hatten sich nicht zum ersten Mal in der Wolle. Hedwig, die mir mit einem Mal ihr Sektglas in die Hand drückte und Pascal aus dem Kreis der Feiernden zu uns herüberzog, hinderte mich daran, das Duell zwischen Sophie und Käshammer weiterzuverfolgen. Direkt vor meiner Nase küsste Hedwig Pascal auf den Mund, legte ihren himbeerrot gewandeten Arm auf seinen breiten Rücken und führte mir den Mann dann vor. Letztendlich habe ich den besseren Fang gemacht, sagte ihr Blick.
»Hallo«, murmelte ich und stellte mir vor, wie er mit überfahrenen Füchsen, Dachsen und Ratten im Gepäck Hedwigs propere Torten-Küche enterte und seine Beute im Thermomix kleinhäckselte. Eine Küche, in der sich Nonpareilles, Marzipanherzchen und Mandelsplitterchen den Platz mit frisch gehäuteten StraÃentieren teilen sollten. Das konnte nicht gut gehen. Das passte so wenig zusammen wie die beiden.
»Hat einer von euch Felix gesehen?«, fragte Sophie, die jetzt zu uns stieÃ. »Dass er sich die zweite Hälfte des Stückes nicht ansieht, wundert mich nicht. So was macht er gern. Aber dann setzt er sich auf ein Glas in die Wirtschaft und wartet auf mich. Nur, ich finde ihn nirgends.«
»Vielleicht ist er doch schon heim?«, schlug Hedwig vor.
»Wie denn? Wir sind mit einem Auto gekommen, und das steht noch auf dem Parkplatz.« Sophies Stimme klang gleichzeitig nervös, ärgerlich, ungeduldig und sorgenvoll. »Du hast doch in der Pause mit ihm geredet«, wandte sie sich an mich. »Hat er irgendwas gesagt?«
Hatte er, aber nichts, was sie betraf. Er war in der Zwiebelkuchen essenden Menge verschwunden. Danach hatte ich ihn nicht mehr gesehen.
»Er trinkt viel in letzter Zeit«, meinte Pascal. »Hast du schon drinnen in der Wirtschaft nachgesehen?«
»Natürlich«, schnaufte sie verärgert. Sie war keine, die sich grundlos Sorgen machte.
»Hat er kein Handy?«, erkundigte ich mich.
»Doch. Liegt aber immer auf seinem Schreibtisch. Wisst ihr was? Ich fahr heim. Wenn er noch irgendwo auftaucht, kann er mit einem von euch ins Tal fahren.«
Sie drückte Pascal einen Zwanzig-Euro-Schein für ihre Getränkerechnung in die Hand, schloss ihre Handtasche mit einem heftigen Klick und klemmte sie unter den Arm.
Sie ist mindestens genauso verärgert wie besorgt, dachte ich, sie kocht vor Wut, sie ist auf hundertachtzig. Wenn sie nicht schnell geht, wird sie explodieren, aber das will sie nicht.
Ein eiliges »Also dann«, und sie machte sich auf den Weg. Wir sahen ihr nach. Ihre energischen Schritte hörten wir noch, als sie längst von der Dunkelheit verschluckt war.
»Ob sie ihrer Ehe mit der Kandidatur wirklich einen Gefallen tut«, murmelte Hedwig mit falscher Besorgnis, kaum dass Sophies Schritte verklungen waren. »Stellt euch vor, sie wird tatsächlich Bürgermeisterin! Der arme Felix.«
Einerseits
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