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Bibel der Toten

Bibel der Toten

Titel: Bibel der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Knox
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gewesen. Einigermaßen. Er hatte sie durch wenig einladende Korridore in dieses stickige Büro geführt, in dessen Mitte ein riesiger Schreibtisch thronte. Von ein paar Wandhaken hingen Handschellen und Schlagstöcke. Und dann, endlich, hatte das Verhör begonnen: endlos und zermürbend. Bohrende Fragen. Mit sturer Hartnäckigkeit wiederholt, als erwarteten die Polizisten, ihre Fragen würden plötzlich anders beantwortet, wenn sie zum zehnten Mal gestellt wurden.
    Stunden später waren sie immer noch in dem Zimmer. Nahm das denn gar kein Ende?
    Jake starrte auf die Hammer-und-Sichel-Fahnen, während der dünne Polizist Chemda verhörte. So viele Fahnen? In einem gewöhnlichen Vernehmungszimmer? Zeichen der Verunsicherung. Laos war ja auch ein paranoides Land. Die Fahnen signalisierten: Wir sind Kommunisten, wir stehen voll hinter unserem System. Kümmert euch nicht um den zügellos wuchernden Kapitalismus ringsum. Schaut euch stattdessen die Fahnen an. Jake fragte sich wieder einmal, wie viele Menschen hier wohl schon in den Keller hinuntergebracht worden waren. In so einem großen Betonbau gab es bestimmt einen großen, kalten Keller.
    Chemdas Befragung nahm kein Ende. Jake holte seinen Belichtungsmesser aus der Hosentasche. Er war der einzige Teil seiner Fotoausrüstung, den er dabeihatte. Seine Kameras waren alle im Hotel. Er kam sich vor wie ein Soldat, dem man sein Gewehr weggenommen hatte. Abwesend fummelte er an dem Belichtungsmesser herum.
    Irgendwann wandte sich der dünne Polizist ihm wieder zu. Seine Fragen wurden jetzt von dem jungen Polizisten übersetzt, der sie hierher gebracht hatte; er sprach etwas Englisch. Es waren dieselben Fragen. Alles ging wieder von vorn los.
    Was wollten Jake und Chemda hier? Wer war der Tote? Warum war Tou verschwunden? Warum hatte Tou sie am vorangegangenen Abend angerufen? Warum könnte jemand einen harmlosen Historiker umgebracht haben?
    Jake antwortete zurückhaltend, ruhig, unterwürfig. Und immer wieder das Gleiche. Eine weitere Stunde lang.
    Schließlich wurden sie aufgefordert, aufzustehen. Offensichtlich wollten die Polizisten sie trennen, um sie einzeln zu verhören. Chemda sah Jake lange und eindringlich an, als sie abgeführt wurde, und dann streckte sie unvermutet den Arm aus und ergriff kurz seine Hand. Die Berührung durchfuhr ihn wie ein leichter Stromstoß.
    Jake sah sie an. Aber sie drehte sich bereits um und wandte sich dem lächelnden, Englisch sprechenden, scheinbar höflichen Polizisten zu. Ihr Khmer-Gesicht wirkte majestätisch und stolz; es forderte den Polizisten geradezu heraus, sich von seiner schlimmsten Seite zu zeigen. Ihrem Liebreiz haftete in diesem flüchtigen Moment etwas Unverschämtes an. Eine Art unerschrockenen, aristokratischen Selbstbewusstseins. Herrisch und unbeugsam.
    Jake bewunderte sie für ihre Haltung, ihre Selbstsicherheit. Und doch machte er sich Sorgen um sie. Er fragte sich, was die kommunistischen Polizisten mit diesem schönen Oberschichtmädchen machen würden, das ihnen seine Verachtung so offen zeigte.
    Die Tür ging zu; jetzt war er mit dem dünnen Polizisten allein. Alle anderen hatten mit Chemda den Raum verlassen.
    Der Angriff erfolgte auf der Stelle. Als hätte der magersüchtige Polizist schon die ganze Zeit auf diesen unbeobachteten Moment gewartet, sprang er von seinem Stuhl auf, packte Jake an den Haaren und riss seinen Kopf brutal nach hinten. Sein Gesicht war direkt über dem von Jake. Er begann zu sprechen. Spuckend. Wütend. Heiser. Auf Lao.
    Der Atem des Polizisten roch faulig: irgendeine vergorene asiatische Mahlzeit, ranziges Fleisch vielleicht oder der chinesische Schnaps vom Vorabend. Jake blendete die speichelsprühenden Tiraden des Laoten aus. Er schloss die Augen und sagte nichts, ließ den Polizisten einfach toben. Wie hätte er sonst reagieren sollen? Er zählte die Sekunden, als ihm der Polizist ins Gesicht schlug. Einmal, dann noch einmal, und ein drittes Mal. Fest.
    Jake hielt die Augen weiter geschlossen. Er hörte den Polizisten einen Namen sagen. Er öffnete die Augen. Der Polizist gestikulierte wütend, dann zog er sich rasch hinter seinen Schreibtisch zurück wie ein Boxer, der in der Ecke ungeduldig auf den Beginn der nächsten Runde wartete. Eine Schublade wurde aufgerissen. Der Polizist wühlte hektisch darin, schien nach etwas zu suchen. Wonach? Einem Messer? Einem Skalpell? Die Angst prickelte in Jakes Fingern.
    Da ging die Tür auf. Chemda kam herein, gefolgt von dem Englisch

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