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Bibel der Toten

Bibel der Toten

Titel: Bibel der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Knox
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einem gereizten Seufzen ließ der griesgrämige Pförtner seine Sportzeitung sinken und schob das Fenster auf.
    Julia fragte den Pförtner ganz direkt, ob er sich an jemanden erinnern könne, der ins Archiv gekommen war, um sich die Sammlung von Prunières de Marvejols anzusehen.
    Der Franzose nickte und erklärte genervt, dass in den vergangenen drei Tagen jemand da gewesen sei, der verzweifelt nach denselben Schachteln gesucht und sie schließlich am gestrigen Nachmittag gefunden habe. Jemand, der sie alle aufgescheucht habe – um dies zu unterstreichen, gähnte der Pförtner theatralisch –, denn er habe auch nach einer obskuren alten Ausgabe einer obskuren anthropologischen Zeitschrift verlangt, um einen bestimmten Artikel daraus zu kopieren.
    Julia fragte den Mann, ob er sich an den Namen des Verfassers dieses Artikels erinnern könne.
    Ein verdrießliches Seufzen.
    » Non , aber ich erinnere mich an den Titel. Wir konnten den Artikel nicht finden. Er ist verschwunden. Möchten Sie den Titel wissen?«
    »Oui!«
    Der Pförtner drehte sich seufzend zur Seite und kramte in einem Packen Dokumente auf seinem Schreibtisch; schließlich reichte er Julia ein Blatt Papier durch das Fenster, auf dem sich eine in Großuchstaben geschriebene Zeile befand: Titel und Verfasser des verschwundenen Artikels.
    Der Name des Verfassers hätte genauso gut mit Blut unterstrichen sein können, so heftig ließ er Julia zusammenfahren: Ghislain Quoinelles.
    Während sie noch ihren Schock über diese Entdeckung zu verarbeiten versuchte, fragte der Pförtner: »War’s das? Kann ich hier jetzt wieder weitermachen?«
    »Non … une autre question.«
    Julia stellte ihre letzte Frage. Sie wollte wissen, wie die Person ausgesehen hatte. Der Pförtner griff gähnend nach seiner Sportzeitung und antwortete, ohne aufzublicken: »Es war eine Frau. Um die dreißig. Sah etwas eigenartig aus. Mit langem, dunklem Haar und einem auffallend weißen Gesicht. Mit asiatischem Einschlag.«
    Julia unterdrückte ein Würgen, das elementarster Angst entsprang. Sie hatte das Gefühl, sich jeden Moment übergeben zu müssen. Da hatte sie ihren Zusammenhang. Unwiderleglich. Die Entdeckung der Schachtel war nicht nur »Glück« gewesen. Ihr Fund war kein Zufall. Nur einen Tag vor ihnen war jemand hier gewesen, um sich genau diese Schachtel anzusehen. Und es war keine Freundin oder Kollegin Ghislains gewesen.
    Es war seine Mörderin.
    Julia wurde erneut in ihren panischen Gedankengängen unterbrochen. Der mürrische Pförtner schob das Fenster seines kleinen Kabuffs zu und deutete stumm auf die gläserne Eingangstür des Archivs.
    »Schauen Sie! Da kommt die Frau gerade wieder. Fragen Sie sie am besten selbst.«
    Erschrocken drehte sich Julia um.
    Auf die Eingangstür kam eine seltsam bedrohliche Gestalt zu: eine kleine, schlanke junge Frau mit extrem blassem Gesicht und langen, dunklen Haaren. Während ihr ausdrucksloses Gesicht etwas geradezu Lebloses hatte, sprühten ihre Augen vor dämonischer Energie. Mandelförmig, leuchtend schwarz und unglaublich lebendig.
    Unwillkürlich zuckte Julia zurück. In wenigen Augenblicken würde die Mörderin die Tür erreichen und Julia entdecken. In drei Sekunden. Zwei. Einer.

21
    U nnachsichtig drückte Ponlok das Messer an Chemdas zitternden Hals. Sie schrie und wand sich unter ihm, aber wenn sie nicht aufpasste, schlitzte sie sich selbst die Kehle auf. Eine falsche Bewegung, und das Blut würde nur so spritzen. Langsam, aber unerbittlich schob ihr der Stumme die Beine auseinander.
    Jake blieben nur Sekunden, um zu einer Entscheidung zu kommen.
    Er drehte sich um, als wollte er sich zurückziehen, doch dann wirbelte er herum, machte zwei rasche Schritte nach vorn und trat mit voller Wucht zu. Diesen Tritt ganz schnell, geradezu unsichtbar schnell auszuführen, hatte er während seiner Schulzeit gelernt. Bevor er in der Rugbymühle aufgerieben wurde.
    Der Tritt saß. Mit beängstigender Wucht. Jake wurde fast übel von dem hässlich knackenden dumpfen Geräusch, mit dem seine stahlverstärkte Stiefelspitze gegen den Kopf des Stummen krachte; aber der Tritt hatte die gewünschte Wirkung. Der Hausmeister rollte von Chemda auf den schmutzigen Betonboden des ehemaligen Labors. Das Messer schlitterte, kurz in der Sonne aufblitzend, in den Schatten.
    Ponlok gab ein tiefes, gequältes Stöhnen von sich und blieb blutend, halb bewusstlos auf dem Boden liegen. Jake packte Chemda an den Händen und zog sie hoch. Sie stieß hastig

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