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Bienensterben: Roman (German Edition)

Bienensterben: Roman (German Edition)

Titel: Bienensterben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa O'Donnell
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Lehrerin meinte, Marnie hätte ein Problem mit ihrer Einstellung, aber ich dachte mir nur: na und? Und wenn sie eine bewaffnete Bankräuberin wäre, wen hat das zu interessieren bei solchen Noten? Mir leuchtet nicht ein, warum sich die Frau auch nur einen Deut um das Wesen des Mädchens schert, aber es zählen ja heute an den Schulen ganz andere Dinge als früher. Persönlichkeit, kulturelle Vielfalt, sie unterrichten sogar Gälisch, auch wenn mir schleierhaft ist, wozu die jungen Leute das je brauchen könnten, es wird ja nicht mehr viel Gälisch gesprochen hier bei uns. Spanisch und Französisch sollten sie ihnen beibringen, meinetwegen Deutsch, Weltsprachen, die sie anstacheln, am großen Geschehen teilzunehmen und mitzumischen in der Welt. Damit sie selbstbewusst in andere Länder reisen und sich in Peru ein Schinkensandwich bestellen können, aber das ist eben Schottland, watet ewig durch den Schlamm von gestern, und das Parlament stärkt eine Sprache, die man an Orten ohne berufliche Perspektiven spricht, auf winzigen Inseln, wo man Kühe züchtet und Verwandte heiratet. Also ich weiß nicht. Man kann ein Pferd zur Tränke führen, Joseph, aber saufen muss es selbst. Dann fragte die Lehrerin nach den Eltern, diesem Abschaum, und ich sagte ihr, sie wären im Urlaub, woraufhin sie wissen wollte, in welchem Verhältnis ich zu der Familie stehe, und ich erzählte ihr, ich wäre ein angeheirateter Onkel der Mutter, ein Onkel zweiten Grades. Das schien sie mir abzukaufen. Und immer schön lächeln.
    Sie ließ mich erst nach einer Stunde wieder gehen, und ich musste unterschreiben, dass wir unsere »Konferenz« abgehalten hatten, wobei die »Konferenz« eine simple Unterhaltung in einem muffigen Klassenzimmer war, in dem es nach Filzstiften roch. Hab ich schon erwähnt, dass man heute nicht mehr auf Tafeln schreibt? Heute schreibt man auf »Whiteboards«, mit solchen dicken Markern. Ich will gar nicht wissen, was der Spaß kostet.
    Auf dem Weg nach draußen hatte ich Gelegenheit, durch die Flure zu schlendern. In Schulen riecht es immer gleich, nicht wahr? Desinfektionsmittel und Turnschuhe, das steigt einem sofort in die Nase, aber Kreide – Fehlanzeige. Es ist ein Jammer. Ich habe die Arbeiten aus dem Kunstunterricht der zehnten Klasse gesehen, jede Menge Krüge und Äpfel, ein Paar Ballettschuhe mit einer Rose und eine hübsche Stickerei von einem Marienkäfer. Um ehrlich zu sein, war ich froh, als ich wieder gehen konnte. Auf einmal sah ich so ein riesiges Plakat mit einem durchgestrichenen Tranchiermesser darauf: WAFFEN VERBOTEN . Dann noch eins, wie ein Verkehrsschild: KEINE DROGEN AUF DEM SCHULGELÄNDE , mit einem Bild von Pillen und Nadeln und einer brennenden Zigarette. Weiß Gott, du würdest dir die Augen reiben.
    Ich mache mir so meine Gedanken über diese Kids. Zum Beispiel diese Kim. Sie ist noch nicht einmal achtzehn und lesbisch, und sie hat Freiheiten, von denen ich nur träumen konnte. Ich hätte meinen Eltern mit achtzehn niemals sagen können, dass ich schwul bin, sie wären vor Scham tot umgefallen; das sickerte langsam und über viele Jahre zu ihnen durch. Und was die Lehrer angeht – sie ist in einem Support-Kreis für Homosexuelle, sie treffen sich immer nach dem Sportunterricht.
    Marnie scheint jemand Bedeutendes zu sein in ihrer kleinen Gruppe, in der sich alle von den Verletzungen angezogen fühlen, die sie gleichermaßen erlitten haben, und dem Schmerz, den sie erfahren haben. Das Leben in der Stadt hat sie offenbar hart gemacht. Vernachlässigung und Armut rauben den Kindern so vieles, es ist kein Wunder, dass sie nach allem schnappen, was ihnen angeboten wird – und wie sie danach schnappen, nach den Zumutungen Fremder, nach unnatürlichen Annehmlichkeiten und entsetzlichen Grausamkeiten. Ich würde Marnie und Nelly gern weit weg von hier bringen, aber sie haben ja nicht einmal einen Pass, und wie es aussieht, wird ihr heftiger Lebensweg genau so weitergehen bis zu Marnies sechzehntem Geburtstag, und was dann? Ein Rechtsanspruch auf ein Leben mit Sozialhilfe. Das ist kein Ruhekissen, nichts Erstrebenswertes, in den Mädchen steckt mehr, und so Gott mir die Zeit gibt, Wiedergutmachung zu leisten für diesen unglückseligen Jungen, kann ich ihnen das hoffentlich zeigen.

Nelly
    Ich rolle mich zu einer Kugel zusammen und schreie. Mr.   Domble weiß nicht, was er mit mir machen soll, und ruft die Krankenschwester. Schweigend falte ich die Qualen in meinem Inneren zusammen. Sie holen

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