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Bienensterben: Roman (German Edition)

Bienensterben: Roman (German Edition)

Titel: Bienensterben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa O'Donnell
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weiter.
    War echt schön neulich Abend bei Lennie. Ich weiß, dass er sauer auf mich war, aber er hat sich ziemlich schnell wieder eingekriegt und mir Milch und Shortbread gebracht. Manchmal reicht das schon, was Süßes. Er hat auch gesagt, er geht in die Schule und regelt das mit dem Brief wegen Nellys Schwänzerei. Er war echt unsere Rettung, keine Ahnung, was wir ohne ihn machen würden.
    Nach dem Shortbread und der Milch bin ich sofort eingeschlafen, aber dann bin ich aufgewacht und total unruhig geworden. Ich hatte das Gefühl, ich muss weg von so viel Liebenswürdigkeit und Annehmlichkeiten; ich bin das nicht gewohnt und es macht mir Angst. Er macht es einem zu leicht dazubleiben, und das macht es noch schwerer, ihm nicht zu sagen, was wir im Garten verstecken.

Lennie
    Nelly hat immer noch Albträume. Ich höre sie durch die Wand. Ich habe ihr das Gästezimmer überlassen. Sie ist nicht gern allein drüben bei sich zu Hause. Ich kann es ihr nicht verdenken, es ist eine wahre Müllhalde. Kein Wunder, dass Marnie dauernd mit ihren Freundinnen unterwegs ist. Eine von ihnen ist lesbisch, damit hätte ich nicht gerechnet. Erstaunlich, wie selbstbewusst sie heute zu ihrer Sexualität stehen, in so jungen Jahren schon. Kim heißt sie. Wenn ich ehrlich sein soll, gehen mir diese Lesben total auf die Nerven. Sie können wirklich kompliziert sein. Sie wirken irgendwie immer, als wären sie wegen irgendetwas wütend, und es ist wohl auch in vieler Hinsicht leichter, ein schwuler Mann zu sein als eine lesbische Frau, wo ja von Frauen immer so viel erwartet wird. Ich könnte mir vorstellen, dass sich der durchschnittliche Hetero-Mann fragt, wie er überhaupt noch Mann sein kann, wenn schon die Frauen keine Frauen mehr sind. Sie urteilen ziemlich hart über die Lesben, die heterosexuellen Männer, und die Schwulen ärgern sich einfach nur über sie. Es war schon amüsant, wie Kim mit mir geredet hat – so als wären wir schwule Kameraden, fast als wären wir Männer. Ich habe das Spiel auch halbwegs mitgespielt, hatte aber die ganze Zeit den Drang, sie daran zu erinnern, dass sie eine Frau ist und trotzdem ruhig feminin sein darf, wobei sich einige von ihnen natürlich sicherer fühlen, wenn sie im Leben ganz allgemein eine eher männliche Rolle einnehmen. Kim steht Marnie sehr nahe, sie liebt sie wahrscheinlich. Begehrt sie. Man weiß nie genau, worauf eine Freundschaft basiert, wenn man sich mit seinen eigenen Unterschieden auseinandersetzt, du weißt schon, am Anfang, wenn einem allmählich klar wird, wer man ist. Ich weiß noch, wie ich mich damals an einen Jungen namens Toby dranhängte, wir waren für eine Weile recht eng befreundet, dabei mochte ich ihn gar nicht besonders. Ich wollte ihn nur berühren. Irgendwann hat er dann einen alten Sack namens Lillie geheiratet. Ich weiß nicht, was aus ihm geworden ist.
    Sorgen mache ich mir vor allem um Nelly, sie weint die ganze Nacht, so wie du damals, als dein Bruder starb. Der arme David, so ein junger Bursche. Beim Klettern in Milngavie. Mitte fünfzig, das ist wirklich kein Alter. Seine Frau ging kurz nach ihm. Krebs.
    Sie haben mich gebeten, am Montag zu Nellys Direktor zu gehen; ich soll den Onkel spielen. Wie es aussieht, hat sie die Schule geschwänzt. Marnie ist der Meinung, dass dieser Mummenschanz sein muss, aber ich mache mir schon Sorgen um die Folgen. Was, wenn mich jemand erkennt? Ich könnte mir eine Menge Ärger einhandeln. Eine Menge Ärger.

Nelly
    Meist schlafe ich wie ein Murmeltier, aber dieser Radau letzte Nacht! Geschrei und Hohngelächter, direkt vor unserer Haustür. Was sie schrien, konnte ich nicht verstehen, beim besten Willen nicht; es waren sicher Betrunkene. Zuerst habe ich mich gefragt, ob vielleicht die Wahrheit ans Licht gekommen ist, ob sie uns jetzt für unsere Missetaten hinter Gitter bringen, aber nein, es waren schlicht und einfach Ruhestörer, Menschen ohne jede Rücksicht auf den Schlaf anderer. Ich hätte die Polizei rufen sollen, aber man möchte ja Lennie nicht wecken.
    Als ich am nächsten Morgen aufwachte (etwas später als beabsichtigt), strich Lennie gerade seinen Zaun und seine Haustür an. Er ist ein sehr ordentlicher Mensch, und ich kann nicht verhehlen, dass ich den Geruch etwas störend fand, aber wenn etwas erledigt werden muss, muss es erledigt werden, da beißt die Maus keinen Faden ab. Reinlichkeit ist ja eng verwandt mit Frömmigkeit, und rein müssen wir schließlich alle sein.

Marnie
    Die Leute hier in der

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