Bienensterben: Roman (German Edition)
Trinkpäckchen und Joghurts für die Mädchen. Was Kinder eben so mögen. Ein paar Schokoriegel, gemischte Weingummis und Jelly Beans.
Die Mädchen haben gestaunt, dass ich fahren kann. Ich musste natürlich einen Wagen mieten, einen SUV , ein großes Auto mit viel Platz, kein Vergleich zu deinem geliebten Saab. Wie dein Herz daran hing. Ich habe mit Engelszungen auf dich eingeredet, aber ein anderer Wagen kam für dich nicht infrage, nicht einmal, nachdem der Reifen geplatzt ist und wir vor Inverness liegen geblieben sind. Es goss wie aus Eimern, und Tee war auch keiner mehr da. Es war hundskalt. Mit diesem Wagen würden wir bestimmt nicht liegen bleiben, außerdem hatte er einen CD -Player und allen Schnick und Schnack, Marnie war begeistert. Es gab sogar kleine Kopfhörer wie im Flugzeug, sodass sie hören konnte, was sie wollte.
Ich beobachtete die Mädchen im Rückspiegel. Marnie wippte rhythmisch mit dem Kopf und Nelly malte Smileys an die Scheibe. Sie wirkte recht glücklich, las ein wenig und löste die meiste Zeit Sudokus. Alle paar Stunden mussten wir den Hund ausführen, aber an der Leine, damit er uns nicht ausbüxt. Marnie schien begeistert von dieser Vorstellung. Ich fürchte, sie mag meinen Hund nicht.
Auf dem Weg zum Cottage war es windig. Wir parkten den Wagen an der Flusssteinmauer; sie ist alt inzwischen und beginnt zu bröckeln, aber wir sind ganz gut darübergekommen, es war halb so wild.
Das Cottage hat sie schon beeindruckt; ich bin den Anblick ja gewohnt, aber die Begeisterung der beiden hat meinen Blick auf die Landschaft ein wenig aufgefrischt und sie erschien mir noch malerischer als sonst, zumal das Meer am Strand herumtollte wie ein junger Hund.
Als wir ins Haus kamen, war es kalt, aber im Schuppen lag jede Menge Holz, und in Nullkommanichts hatten wir es mollig warm. Nelly und Marnie gingen hinunter zum Wasser, während ich das Abendessen vorbereitete.
Beim Kartoffelnwaschen beobachtete ich sie vom Fenster aus; eigentlich beobachte ich sie ständig und versuche, ein bisschen was über sie in Erfahrung zu bringen, doch sie sind sehr verschwiegen in Bezug auf das, was ihnen fehlt im Leben. Sie warfen Steine und sammelten Muscheln, was Kinder am Wasser so tun. Marnie stellte sich dort an den Strand, wo der Loch immer wieder anrollte. Zuerst machte es mich ein wenig nervös und ich hatte Sorge, sie könnte weggespült werden, aber sie spielte nur und machte sich die Socken nass. Nelly suchte sich einen Stock und malte damit Herzen in den Sand. Sie schrieb Namen hinein, wahrscheinlich von Jungen. Marnie war darüber nicht sehr erfreut und setzte sich in einigem Abstand allein in den Sand. Nelly ging schließlich zu ihr hin und setzte sich neben sie, und dann umarmte Nelly sie und drückte sie an sich. Es war ein sehr intimer Moment und ich hätte sie nicht beobachten dürfen, aber ich stand wie versteinert hinter dem Fenster. Dann gingen sie Hand in Hand ein Stück spazieren. Innig. Eng beieinander. Unergründlich. Der Hund trottete hinter ihnen her.
Später hatten wir ein wunderbares Essen, und Nelly hat ganz allein einen Crumble aus Äpfeln und Brombeeren zubereitet. Das hat sie wirklich gut gemacht. Sie hatte mir vor Kurzem in der Küche zugesehen; es waren für meinen Geschmack zwar etwas zu viele Streusel, aber daran arbeiten wir noch. Ich habe ihr gezeigt, wie man Lamm zubereitet, eine schöne Keule mit Rosmarin und einem Hauch Knoblauch, und dann haben wir gegessen und ein wenig geredet, wie eine richtige Familie.
Marnie hat uns anvertraut, dass sie zur Uni gehen will, aber nicht weiß, was sie studieren soll. Es fällt ihr schwer, sich vorzustellen, dass sie jemand anderes sein könnte als das Mädchen, das sie heute ist.
Sie interessierten sich sehr für das Cottage, wie wir dazu gekommen sind und so weiter. Ich erzählte ihnen, dass du es von Edward geerbt hast, dem rätselhaften Bruder deiner Mutter, dem ängstlichen Schwulen aus Somerset; nicht dass so etwas in der Familie liegen würde, aber in seinem Fall hätte ihnen doch ein Blinder mit Krückstock sagen können, dass er vom anderen Ufer ist, das war doch mehr als offensichtlich, zumal er keinerlei Interesse an Frauen zeigte und stattdessen lieber ein Einsiedlerleben führte. Wenn du mich fragst, wurde er verbannt. Erst später kam uns der Gedanke, dass deine Familie vielleicht die ganze Zeit Bescheid gewusst hatte – dass Edward sich vielleicht mit ihrem heimlichen Einverständnis in dieses Cottage zurückgezogen
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