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Bienensterben: Roman (German Edition)

Bienensterben: Roman (German Edition)

Titel: Bienensterben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa O'Donnell
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für uns macht und wie er sich um uns kümmert, aber es macht mir Angst. Keinen Schimmer, warum. Ist einfach so.

Lennie
    Es war unser letzter Tag im Cottage. Ich wollte nicht schlecht über sie reden. Es war ein so herzliches und behütetes Zusammensein, wie in einer Familie. Aber ich konnte mich nicht zurückhalten. Wir waren ein ganzes Stück den Loch entlanggewandert, um zu picknicken. Nelly sammelte Muscheln für ein Kästchen, das sie basteln will, und ich hatte ein paar Decken und einen Picknickkorb mit Essen mitgenommen, das Hähnchen, das ich vormittags gebraten hatte, und das Brot, das ich am Abend zuvor frisch gebacken hatte. Wir sind zu der sandigen Stelle unter dem Felsen gegangen, der wie ein Blatt geformt ist. Die Mädchen zogen Schuhe und Strümpfe aus und rannten ins Wasser, es war eisig kalt und ich hatte Angst, sie könnten sich eine Lungenentzündung holen, aber ich wäre ja der Letzte, der lachende Kinder bremst. Ich hatte eine Thermoskanne Tee mitgebracht und noch eine mit Irish Coffee für mich, meine Spezialmischung. Jedenfalls kamen wir auf Mummy und Daddy zu sprechen, und da wurde mein Ton wohl etwas gereizt. Ich habe nichts Kränkendes gesagt, nur die Dinge beim Namen genannt. Dass sie weg sind und wahrscheinlich nicht mehr zurückkommen. Marnie wurde richtig wütend. Sie ließ durchblicken, dass ich sie und Nelly für mich vereinnahmen will, um mit ihnen Familie zu spielen, und wollte wissen, welche von beiden ich lieber mag. Ich habe ihr gesagt, dass ich sie beide gleich gern mag, dass sie sich keine Sorgen machen soll und sie, solange wir Nachbarn sind, immer ein Zuhause haben wird. Darauf erwiderte sie, dass ich alt werde und so etwas nicht versprechen könne, und vielleicht hat sie recht. Ich bemerkte sofort, dass ihr die Rückkehr der »Monster« große Sorge bereitete, und zugleich zählte sie darauf, dass sie wiederkommen. Ich sagte ihr, dass das ziemlich unwahrscheinlich ist, und als ich den Schmerz in ihrem Gesicht sah, erinnerte ich sie daran, wer ihre Eltern waren und wie sie Nelly und sie behandelt haben. Vielleicht war mir der Kaffee ein wenig zu Kopf gestiegen, aber wenn ich daran denke, dass diese Leute zwei Kinder einfach sich selbst überlassen, sie ohne ein Wort über ihren Aufenthaltsort und ohne einen Bissen zu essen im Haus in einer kalten und grausamen Welt zurücklassen, möchte ich sie sofort an die Wand stellen. Diese Mädchen haben etwas Besseres verdient. Sie pflegen sich und sind gut in der Schule, und bei diesen beiden Bedrohungen von Eltern ist es ein wahres Wunder, dass sie überhaupt noch leben. Kinder verdienen es, geliebt zu werden, und wenn man sie nicht lieben kann, bekommt man besser keine. Besonders bei diesen Sätzen wurde Marnie ziemlich bleich, und da merkte ich, dass ich sie verletzt hatte. Es ist mir offenbar nie in den Sinn gekommen, dass jemand solche unmöglichen Gestalten lieben könnte, dass Marnie sie geliebt hat und Nelly vielleicht auch, und dass sie vielleicht ihrerseits geliebt worden waren, irgendwo an einem vergessenen Ort tief in ihrem Inneren. Ich wollte mich entschuldigen, aber das passte nicht in das Gespräch.
    Marnie ging dann allein weg. Nelly blieb und aß das restliche Hähnchen. Später habe ich einen Strudel gebacken, Marnie isst ihn für ihr Leben gern, und als sie dann zurückkam, lächelte sie mich an, so als wollte sie sagen, tut mir leid, aber ich konnte sehen, dass sie geweint hatte, ich konnte sehen, dass ihr das Herz schwer war.

Nelly
    Marnie ist scheußlich. Kein Wort des Dankes für das köstliche Abendessen, das ich zubereitet hatte, und dann Lennie so anzuschreien, der nur die Wahrheit ausgesprochen hatte. Wie konnte sie auch bloß eine Sekunde lang glauben, sie hätten uns geliebt? Sie haben uns nicht geliebt. Ruiniert haben sie uns, und dafür seien sie verdammt, diese unglückseligen Gestalten. Ihre schauderhaften Leichen verrotten in unserem Rasen und verseuchen mit ihrer Fäulnis die Gegend. Ich kann mir gar nicht vorstellen, warum R. T. Macdonald sie überhaupt finden will. Da beginnt er ein neues Leben und will sich ein Paar lästiger Narren ans Bein binden. Lästig, sage ich.

Lennie
    Die Rückfahrt war lang und bedrückend. Marnie sprach bis Glasgow kaum zwei Worte und machte dann etwas Small Talk, über die schönen Gebäude oder irgendetwas dergleichen. Doch dann lächelten wir einander ein paarmal entschuldigend an und ich wusste, das Schmollen hat ein Ende. Ich war so erleichtert, jedenfalls bis

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