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Bienensterben: Roman (German Edition)

Bienensterben: Roman (German Edition)

Titel: Bienensterben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa O'Donnell
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über die Wangen lief, und seinen zotteligen roten Pferdeschwanz. Jetzt war sein Haar kurz geschnitten und gewaschen. Ein gut aussehender Bursche, aber noch ein Junge. Jetzt sah ich es. Er trug ein schwarzes T-Shirt mit einem Schriftzug, den ich nicht entziffern konnte. Ich kann kaum noch etwas lesen in letzter Zeit. Plötzlich streifte sein Blick meine Schuhe, ich trage sie immer, sie haben weiße Sohlen und rote Schnürsenkel, es sind deine Schuhe, wir hatten immer dieselbe Größe. Sein Blick wanderte weiter nach oben, bis er meinen traf. Er schwankte ein wenig, überlegte zu bleiben, zu überspielen, so zu tun, als ob nichts wäre, doch als er merkte, er kann es nicht, rannte er unter irgendeinem Vorwand einfach hinaus. Ich stand da wie versteinert, aber niemand hatte etwas gemerkt. »Ich habe noch einen Kuchen im Ofen«, verkündete ich hastig. Im Stillen war Robert T. Macdonald wütend, und weil ich wusste, ich muss ihn besänftigen, lud ich ihn zum Abendessen ein. Das zog, und keine fünfzehn Minuten darauf saßen wir im Wagen und waren auf dem Heimweg. Bei der Ankunft wurde der fehlende Kuchen bemerkt; mir war hundeelend und ich ging ins Bad. Als ich wieder in die Küche kam, standen Nelly und Robert T. Macdonald dicht nebeneinander am Spülbecken und schälten Kartoffeln; sie lachten und verstanden sich blendend. Ich wurde nervös, um ihretwillen, und es machte mir Angst, unser aller wegen.

Marnie
    In Lochgilphead sind die Häuser alle weiß angestrichen und es gibt viele alte Leute, also richtig viele, sie tappen überall rum wie Außerirdische, mit riesigen Einkaufsbeuteln aus Stoff. Alte Leute benutzen nie Plastiktüten. Ich hab keine Ahnung, warum nicht.
    Es ist eine Kleinstadt und hat so was Sauberes, Frisches an sich, so was Reines. Meine Nase war echt dankbar. Das Haus stinkt jetzt wie die Pest, dabei hab ich es tausend Mal geschrubbt. Nelly sagt, sie riecht nichts, das bilde ich mir alles bloß ein, aber ist mir egal, was sie sagt, schließlich hab ich die wunden Hände von der Bleiche.
    Tut gut, mal ab und zu aus Glasgow rauszukommen. Ich fahr manchmal auf diese Insel, Rothesay, nehm den Zug nach Wemyss Bay und setz dann mit der Fähre über nach Bute. Na ja, eigentlich war ich erst ein paarmal da. Einmal mit Nana Lou, einmal mit Gene und Izzy, aber die hatten sich schon auf der Fähre die Kante gegeben und sind dann direkt in eine Kneipe und haben Nelly und mich mit Geld für eine Portion Pommes auf der Esplanade stehen lassen, und einmal mit Susie und Kim. Wir haben irgendwelchen Scheiß gemacht und waren hinterher total hacke. Dann sind wir in diesem Wäldchen oberhalb vom Meer rumspaziert. Es war echt schön da, der Blick war der Hammer. Wir haben zugeguckt, wie das Schiff aus dem Hafen ausgelaufen ist und dann wieder zurückkam. Dann haben wir unsere Namen in die Bäume geschnitzt, oder eher gekratzt. Auf einer Schaukel saßen ein paar Typen, ungefähr so alt wie wir, aber sie sind nicht lange geblieben. Einer sah echt gut aus, und Susie hat sich voll an ihn rangeschmissen, aber man merkte genau, dass er nicht auf sie stand. Er wollte nicht mal knutschen und meinte, er muss jetzt zum Essen nach Hause. Da ist sie biestig geworden und hat ihn »Schwuchtel« genannt, und als sein Kumpel sie mit einem Klumpen Erde beworfen hat, ist Kim ausgerastet und auf ihn losgegangen, hat ihn auf den Boden gedrückt und ihm eins auf die Fresse gegeben. Mr.   Schnittchen wollte seinem Kumpel dann helfen, halb am Flennen, los, wir gehen nach Hause. Da haben sie mir leidgetan, auch wenn Typen sich nicht so benehmen sollten, so weinerlich und ängstlich, also echt, solche Waschlappen. Jedenfalls haben wir sie dann gehen lassen. Wehe, sie kommen noch mal in den Wald, dann bringen wir sie um, haben wir ihnen hinterhergerufen. Sie sind weggerannt wie ein Rudel Rehe, wenn im Wald ein Ast knackt. Als sie weg waren, haben wir ihre Fußballkarten gefunden, anscheinend hatten sie die getauscht. Das muss man sich mal reinziehen, vierzehnjährige Typen mit Sammelkarten. Im Urban Kingdom wären die nach fünf Minuten weg vom Fenster.
    Kim fand Lochgilphead voll zum Kotzen, sie ist Glasgowerin durch und durch und meinte, es wäre so eine Art schottisches Stepford, jedenfalls wollte sie so schnell wie möglich wieder weg. Lorna fand es super und hat massenweise Pfefferminzstangen gekauft, ich liebe dieses Zeug. Man kriegt eine rosa Zunge davon und frischen Atem, aber wir waren ja nicht wegen Süßkram da, sondern wegen

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