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Bienensterben: Roman (German Edition)

Bienensterben: Roman (German Edition)

Titel: Bienensterben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa O'Donnell
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andere Peter. Außerdem hat sie einen Mann namens Mike. Ihre Oma hatte Hochzeitsfotos und Fotos von ihrer Mum mit ihren Kindern, im Urlaub mit ihren Kindern und am Strand mit ihren Kindern. Und Briefe hatte sie, massig Briefe, aber ihre Oma wollte nicht, dass Susie die liest. Susie ist total ausgetickt deswegen, also hat ihre Oma nachgegeben. Ich nehme an, es waren nette Briefe, so welche, wie eine Mutter sie von ihrer Tochter kriegen sollte. Anscheinend läuft alles ganz gut bei ihrer Mum. Über ihre Kinder hat sie geschrieben und über das Haus, das ihr Mann gebaut hat, und wo sie überall gewesen sind und wo sie noch hinwollen. Über ihre Zukunftssorgen – ob sie die Kinder auf guten Schulen unterkriegt, und wegen der Vogelgrippe. Wegen der Vogelgrippe hat sie sich echt einen Kopf gemacht. Und ohne Ende Dankeskärtchen für Geschenke, die ihre Oma ihren Enkeln geschickt hatte. Aber kein Wort über Susie in den Briefen. Nichts, so als würde sie gar nicht existieren, und als ob das noch nicht schlimm genug wäre, stand in diesem einen Brief vom letzten Jahr noch, wie wunderbar es doch gewesen wäre, Susies Oma nach so langer Zeit wiederzusehen, wie die Jungs sie vermisst hätten und dass sie hofft, Susies Oma kommt sie bald wieder besuchen. Susie ist wahnsinnig geworden. Ihre Oma hatte ihr erzählt, sie wäre in einen Ferienpark gefahren. Susie hat die ganze Bude zerlegt, und ihre Oma saß einfach nur da und hat zugeguckt, wie sie alles kurz und klein geschlagen hat, Wände, Türen und Fenster. Einer von den Nachbarn hat irgendwann die Bullen gerufen. Ihre Oma war total fertig. Kim musste Susie dann auf den Boden drücken und festhalten.
    Als ich Susie am nächsten Tag bei ihrer Oma besuche, sagt Susie erst mal eine halbe Ewigkeit nichts, und dann fragt sie: »Wo ist denn bloß Gene, verdammte Scheiße?«
    »Keine Ahnung«, sag ich, aber ich frag mich die ganze Zeit, was interessiert die denn ausgerechnet jetzt, wo Gene ist?
    »Wir wollen heiraten«, sagt sie.
    »Wie bitte?«, frag ich.
    »Ich sag, wir wollen heiraten, Gene und ich, sobald ich sechzehn bin. Wir lieben uns, deshalb weiß ich genau, dass er nicht mit deiner blöden Mum in der Türkei ist.«
    »Was redest du da?«
    Da holt sie zwei Flugtickets nach Spanien raus, auf einem steht ihr Name und auf dem anderen der von Gene.
    Ich bin wie versteinert.
    »Wir wollen abhauen, raus aus diesem Scheißloch hier und ein neues Leben anfangen. Deshalb wollte ich meine Ma sehen, ihr Tschüss sagen.« Sie ist traurig, aber es geht mir so was von am Arsch vorbei. Ich würd ihr am liebsten den Hals umdrehen. Ich würd sonst was gern machen in diesem Moment, aber ich kann mich kaum bewegen.
    »Sag mal, geht’s noch? Seit wann läuft denn das schon?«, schreie ich.
    »Seit letztem Sommer. Ich wollte zu dir, aber du warst nicht da. Nur er. Wir haben eine Menge gemeinsam.«
    »Sei still.«
    »Er ist nicht bei ihr, Marnie, das weiß ich, es muss ihm irgendwas zugestoßen sein.«
    »Dem ist nichts zugestoßen, der ist einfach abgehauen, wie immer.«
    »Ach ja? Und warum sind dann seine Sachen noch da? In seiner letzten SMS hat er noch geschrieben, er liebt mich. Wir waren für den nächsten Tag verabredet. Wollten nach Spanien fliegen. Das ist Monate her. Er hatte sogar schon die Scheißtickets gekauft!«, schreit sie.
    Sie wedelt mir damit vor dem Gesicht rum.
    Ich weiß echt nicht, was ich sagen soll, aber ich muss mir was überlegen, irgendwas, was sie davon abhält, Alarm zu schlagen und zur Polizei zu gehen.
    »Irgendwann wird er schon wieder auftauchen. Aber nicht wegen dir«, keife ich sie an.
    »Ich geh zur Polizei«, sagt sie.
    »Wenn du das machst, kommt Gene wegen Vergewaltigung Minderjähriger dran. Wahrscheinlich sogar Entführung. Du bist erst fünfzehn.«
    »Das brauchen die ja nicht zu wissen.«
    »Denkst du, das erzähl ich denen nicht? Du kannst nicht erwarten, dass ich mir seelenruhig angucke, wie du meine Familie kaputtmachst.« Ganz standfest bin ich in diesem Punkt irgendwie nicht, merk ich.
    Danach hat Susie geweint wie ein Baby, und ich hätte sie am liebsten in den Arm genommen, aber ich konnte nicht. Mir war einfach nur kotzübel von ihr.
    Nach dieser Bombe von Susie bin ich erst mal in die Bibliothek, meine Sorgen in Algebra ersäufen. Jetzt sind ja die Vorprüfungen, aber ich kann kaum geradeaus denken bei allem, was hier abgeht im Moment. Na, jedenfalls komm ich dann nach Hause, und da hängt Kirkland bei uns vor dem Tor rum, Kopfhörer auf und

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