Bienensterben: Roman (German Edition)
siehst heiß aus. Du hast freie Wahl bei den Typen, aber du führst dich auf wie eine Geistesgestörte.«
»Du hast ja mit Sicherheit einen Burschen«, sage ich.
»Mehrere, meine Liebe.«
»Nun, ich verfolge wichtigere Ziele im Leben.«
»Was kann wichtiger sein, als eine gute Zeit zu haben? Du bist doch noch keine vierzig. Du müsstest mal mit uns abhängen. Das wär bestimmt witzig.«
Ich zucke mit den Schultern.
»Wie du willst, Freaktante.«
Ich war ungemein erleichtert, als sie sich umdrehte und ging, endlich hatte ich wieder meine Ruhe und eilte nach Hause zu Lennie. Mit ihm kann ich musizieren und Crumble essen. Genau das ist jetzt goldrichtig. Ein Crumble und eine Geige. Was könnte es Besseres geben?
Lennie
Dieses Urteil, ich kann es immer noch nicht glauben. Ein Hirntumor. Bösartig. Aggressiv. Zu groß zum Operieren, meinte der Arzt. Ich wusste nicht, was ich dazu sagen soll. Ich spürte ein seltsames Kribbeln in den Fingerspitzen und bekam einen sauren Geschmack auf der Zunge. Mein Körper fühlte sich schwer an und mein Kopf federleicht. Ich wollte aufstehen und nach Hause gehen, das alles erst einmal wegpacken und verdrängen, aber ich konnte mich nicht einmal auf den Beinen halten und musste mich wieder setzen; jemand brachte mir ein Glas Wasser, während mir jemand anderes etwas über Hospize erzählte, da ich niemanden habe, der mich pflegen kann, und ich habe ja wirklich niemanden. Auf die Mädchen kann ich mich ja nicht unbedingt stützen, nicht wahr? Sie dürfen gar nichts davon erfahren.
Wenn ich daran denke, dass ich gehen muss, überkommt mich eine schreckliche Trauer, und Angst, solche Angst. Aber es ist wohl das Beste, nicht über so etwas nachzudenken. Es kann trotzdem sein, dass ich noch lange lebe, sagt der Arzt, es gebe solche Fälle. Er wirkte nicht sehr optimistisch, als ich ihn fragte, aber er lächelte, ein dünnes Lächeln zwar, aber es hatte trotzdem etwas Tröstliches.
Ich habe jetzt eine Menge zu organisieren und in Ordnung zu bringen, ein Leben aufzuräumen. Irgendwie erscheint mir das alles unwirklich. Fühlt sich unwirklich an, aber dann tippt mir irgendetwas auf die Schulter und holt mich auf den Boden der Tatsachen zurück: Ich stürze oder lasse eine Tasse fallen, und dann strömt alles wieder auf mich ein, die Ärzte, der Tumor und das dünne Lächeln von allen Seiten.
Ich hoffe, ich sterbe im Schlaf, Joseph, ohne es zu merken, ich will einfach die Augen schließen und vergessen, was ich alles zurücklasse. Ich will nicht mit blutendem Herzen sterben. Ich will überhaupt nicht sterben.
Marnie
Es war ein geiler Morgen und ich war im Garten. Ich riech sie gar nicht mehr so sehr oder vielleicht hab ich mich dran gewöhnt oder meine Sinne machen mir vor, es wäre irgendwas anderes, kann sein.
Nelly war drüben bei Lennie und ich konnte mit einer CD von Kirkland chillen, eine rauchen und meinem Freund texten.
Und dann ging es los. Aus dem Haus kam so ein Geräusch, platzte mitten in meinen Sonntag rein. Zuerst dachte ich, das bilde ich mir ein, aber dann hab ich eine Stimme gehört, so total wütend. Ich wollte über den Zaun springen und rüber zu Lennie, aber der hätte die Bullen gerufen, und das war das Letzte, was ich mit zwei Leichen im Garten brauche. Ich dachte, es wär vielleicht ein Einbrecher oder ein Junkie, der was zum Klauen sucht, von denen gibt’s ’ne Menge hier in der Gegend. Dann hatte ich Angst, es könnte ein Vergewaltiger sein, und hab wie wild nach einem Fluchtweg gesucht, aber es gab keinen, zu Lennie konnte ich nicht und die Mauern um unser Haus kam ich mit Sicherheit nicht hoch. Ich saß in der Falle, aber auf eine Vergewaltigung hatte ich echt keinen Bock, also bin ich in den Schuppen.
Es war arschkalt da drin, und natürlich musste ich wieder dran denken, wie Izzy an den Dachbalken hing, und hab mich irgendwie elend gefühlt, so als ob mir schlecht wäre. In dem Moment hab ich sie zum ersten Mal seit Langem wieder gespürt, so als ob sie neben mir stehen würde, stand sie aber natürlich nicht. Dann hab ich Schritte gehört, jemand war im Garten und kam auf den Schuppen zu, und ich war wie eine Ratte im Käfig, bereit zum Zubeißen, und das Herz wummerte wie wild. Ich hab mir einen Hammer geschnappt und die Augen zugemacht, weil ich Angst hatte vor dem, was ich gleich sehen würde, aber dann ging die Tür auf und da stand Mick, kein Vergewaltiger oder Einbrecher, nein, Mick, und er sah verwirrt aus und hatte ein bisschen Angst vor
Weitere Kostenlose Bücher