Bierleichen: Ein Fall für Kommissar Pascha (Knaur TB) (German Edition)
bereits zum Ausgang gespurtet. Demirbilek folgte ihr auf die Straße und blieb stehen. Zerbrochene Biergläser übersäten den Asphalt. Zwei Männer lagen auf dem Boden, drei weitere mühten sich ab, auf die Beine zu kommen. Der Wirt saß abseits auf einem Dreibeinhocker und amüsierte sich darüber, wie seine Gäste der zierlichen Schwarzhaarigen erklärten, wohin die Frau wie eine Furie gelaufen war.
Cengiz rannte in die Richtung, die ihr die Männer wiesen. Als sie beim Überqueren der Kreuzung an der Weißenseestraße fast von einem Auto überfahren worden wäre, brach sie die Suche ab. Das schlechte Gewissen meldete sich. Ihr wurde bewusst, die Vernehmung vermasselt zu haben. Auf dem Rückweg führte sie ein Telefonat mit dem Kriminaldauerdienst und erfuhr, dass eine aus Serbien stammende Frau mit rötlich gefärbten Haaren zur Fahndung ausgeschrieben war. Sie war aus der psychiatrischen Klinik in Haar geflohen. Der Hinweis, die Studentin der Filmhochschule sei als suizidgefährdet eingestuft, ließ ihre Knie weich werden.
17
M it entschlossener Miene marschierte Pius Leipold vor seinen engsten Mitarbeitern Herkamer und Stern in das Luxushotel am Gasteig. Während des ganzen Tages hatte er sich immer wieder bemüht, den neuen Eigentümer der Mingabräu im Mordfall Manuela Weigl zu sprechen. Weder im Hauptsitz in Izmir konnte – oder wollte – man ihm weiterhelfen, noch nahm Süleyman Bayrak das Handy ab. Selbst bei unterdrückter Rufnummer ging niemand an das Telefon. Stern schließlich meinte, in München gebe es verdammt viele Hotels, aber nicht ganz so viele, in denen ein Mann, der gerade eine Brauerei gekauft hatte, nächtigen würde. Dennoch gab es mehr 5 -Sterne-Hotels, als er vermutet hätte. Als schließlich feststand, wo Bayrak abgestiegen war, beschloss Leipold, den Mann zu verhören, ohne sich wieder wie einen Jungen ins Bockshorn jagen zu lassen. Vorsorglich bestellte er einen vereidigten Dolmetscher zum Hotel. Zähneknirschend hatte Kommissariatsleiter Weniger den Antrag dafür freigegeben, aber auch darauf verwiesen, es gebe einen gewissen Zeki Demirbilek, der der türkischen Sprache mächtig sei. Leipold pochte auf die Dringlichkeit seines Anliegens und versprach, das Verhör kurz zu halten.
Einen Augenblick lang verharrte Leipold in der Lobby und blickte sich misstrauisch um. Laut der Information, die er telefonisch an der Rezeption eingeholt hatte, musste der Tanzbär, wie er Bayrak für sich getauft hatte, in einer nächtlichen Besprechung mit einer internationalen Delegation von Geschäftsleuten zusammensitzen. Doch da war niemand. Auch Herkamer und Stern konnten den Gesuchten nirgends entdecken. Nicht an der Hotelbar, nicht in der Lounge und auch nicht im Innenhof, wo sich Hotelgäste bei Pianomusik unterhielten.
Allmählich hatte es Leipold satt. Es war bald elf. Er war müde und abgekämpft vom Befragungsmarathon, den er und seine Mitarbeiter auf dem Bierfestival bewältigt hatten. Die Ermordete, stellte sich heraus, war nach ihrem Auftritt nicht mehr gesehen worden. Zumindest nicht von den Leuten, die mit dem Abbau der Messestände beschäftigt waren. Und die Aussagen derjenigen, die Manuela Weigl auf der Bühne erlebt hatten, halfen nicht, eine Spur zu ihrem Mörder zu finden. Die zwei Veranstalter, die Leipold selbst verhört hatte, verhielten sich kooperativ. Sie gaben an, Weigl sei nach der Preisverleihung gegen halb elf gegangen. Da sie mit der Pressearbeit fertig gewesen waren, hatte man keinen Anlass gesehen, nach ihr zu suchen. Ihr nächster PR -Auftritt war für kommendes Wochenende auf einer Veranstaltung des Deutschen Brauereiverbandes geplant gewesen. Zudem erwiesen sich die Dresdner als ausgebuffte Geschäftsleute. Der gewaltsame Tod ihrer »Biertrinkerin des Jahres« bescherte unerwartet viel Presseaufmerksamkeit. Um des Ansturms an Journalistenanfragen Herr zu werden, hatten sie kurzerhand eine der Praktikantinnen zur Kommunikationschefin ernannt und sie beauftragt, eine Pressekonferenz zu organisieren. Leipold verwarf den kurz aufflackernden Gedanken, die beiden hätten Weigl aus PR -Gründen um die Ecke gebracht.
Seine Laune hatte einen kritischen Tiefpunkt erreicht, als er durch die Hoteltür eine Frau kommen sah. Die schwarzen Haare hoben sich von einem roten Abendkleid ab. Er erkannte die elegante, feminine Erscheinung sofort wieder. Was machte sie in München?, fragte er sich verwundert. Er hatte Selma, die erste Ehefrau seines türkischen Kollegen, vor
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