Biest: Thriller (German Edition)
Ecke.
»Hallo, Frau Lang, hier spricht der Tauscheck«. Ein Schnaufen war zu hören. »Erinnern Sie sich an mich?«
»Natürlich erinnere ich mich an Sie«, antwortete Solveigh und wählte eine Funktion, die ihr Gespräch mitschnitt und direkt im Anschluss als Audiodatei an Eddy sendete.
»Wir haben eine Spur«, fiel er ihr ins Wort. »Ich habe alles erledigt, was Sie verlangt haben: Wohnungen, Melderegister, Verwandte, Bekannte, Freunde, Kollegen, einfach alles.«
»Das ist gut, Herr Tauscheck. Was haben Sie herausgefunden?«
»Die Kaiser-Doreen und der Bausch-Peter kannten sich erst seit knapp über einen Monat. Er ist seit drei Jahren geschieden, seine Frau lebt mit einem gemeinsamen Sohn in Hannover. Es gibt noch eine Schwester, die ihm aber nicht sonderlich nahzustehen scheint.«
»Tauscheck, gibt es davon auch eine Kurzfassung?«, rügte Solveigh mit leicht amüsiertem Unterton. Er sollte wissen, dass es ihr nur zu 50 Prozent ernst war mit dem Kommentar.
»’türlich, Frau Lang. Also, bei der Kaiser-Doreen ist alles viel seltsamer. Die zog vor knapp anderthalb Monaten nach Heilbronn scheinbar aus dem Nichts. Bei der vorherigen Adresse, die sie angegeben hat, ist sie unbekannt, die Gehaltsnachweise für den Vermieter allesamt gefälscht.«
Es begann interessant zu werden. Vielleicht hatten sie doch noch eine Chance, eine Kopie des Virus in die Hände zu bekommen. Wenn Solveighs Vermutung stimmte und der Mann, den Dimitrij auf einer Jacht in Dubrovnik und ein zweites Mal in Kharkovs Villa gesehen hatte, wirklich Thomas Eisler war, dann handelte es sich bei ihm vermutlich um eine der zentralen Figuren dieses grotesken Plans. Und dann gab es vermutlich auch eine Verbindung zu Doreen Kaiser. Und so, wie Solveigh einen Ex-Stasi-Offizier einschätzte, hätte der in jedem Fall eine Kopie des Quellcodes angelegt. Die Sammelwut der Stasi war legendär, und jede Organisation prägte ihre Mitarbeiter.
»Also wissen wir nicht, wo Doreen Kaiser zuletzt gewohnt hat?«
Am anderen Ende der Leitung vernahm sie ein Räuspern: »Also, da hat der Tauscheck noch was in petto. Ich habe mir gedacht, die machen das zwar offiziell nicht, aber wer in der heutigen Zeit löscht schon irgendwelche Daten, die er schon mal hatte, oder?«
»Wie meinen Sie das?«
»Na, Big Brother. Die Datenkrake. Kundendaten und so weiter.«
»Worauf wollen Sie hinaus, Herr Tauscheck?«
»Ich habe mir gedacht, es kann nicht schaden, mal die großen, Kundendatenbanken anzuzapfen, und dank Ihrer BKA-Connection konnte ich ja aus dem Vollen schöpfen.«
»BITTE, Herr Tauscheck.«
»Schon gut. Doreen Kaiser kam aus Berlin. Mit dem Zug. Zumindest laut den Daten, die bei ihrer Bahncard 25 hinterlegt waren.«
Solveigh grinste. Sie hatte sich in dem Beamten nicht getäuscht, mochte er auch noch so verschroben wirken. Das war nicht schlecht. Gar nicht schlecht.
»Bietzkestraße.«
»Entschuldigen Sie, das habe ich jetzt akkustisch nicht verstanden.«
»Na, die Adresse von der Karte. Bietzkestraße 18, Berlin. Kaiser, Doreen.«
Solveighs Grinsen wurde noch ein wenig breiter, als sie sich bei ihm bedankte und auflegte.
KAPITEL 54
London, England
07. Februar 2013, 13.12 Uhr (fünf Stunden später)
Im Kamin der Wohnung im sogenannten Londongrad, dem Zentrum russischer Macht in Canary Wharf, brannte ein Feuer, obwohl es erst Mittag war. Das Biest mochte die Flammen und bestand stets darauf, die Scheite selbst zu stapeln. Er formte aus Zeitungen lange Rollen, die er verknotete. Darauf schichtete er trockenes Birkenholz bevor er das extralange Streichholz an die unteren Ränder des Papiers hielt, das wenig später knackend die Scheite entzündete. Er blickte ins Feuer, während er auf die Regierungserklärung der deutschen Kanzlerin wartete. Der schwere Zwischenfall im AKW Neckarwestheim war jetzt drei Tage her, der in Forsberg einen. Die Bilanz mit mittlerweile elf Toten, zweihundert Kraftwerksmitarbeitern, die vermutlich bleibende Schäden davontragen würden, und über fünftausend Personen aus dem Katastrophenschutz und der Bevölkerung, die erhöhte Strahlenwerte abbekommen hatten, konnte sich sehen lassen. Bei Letzteren konnte niemand abschätzen, wie sich ihr Leben entwickeln würde. Vielleicht wurden sie achtzig Jahre alt, vielleicht erkrankten einige von ihnen an Krebs. Das Biest fragte sich, ob er Aktien von Pharmaunternehmen kaufen sollte, wahrscheinlich würden sich die Chemopräparate in naher Zukunft bestens verkaufen. Er machte eine
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