Big Bad City
plötzlich geht ihr das Benzin aus«, sagte Parker. »Kennt ihr den schon?«
Niemand kannte ihn.
»Sie läuft jedenfalls einen Kilometer oder so bis zur nächsten Tankstelle und will einen Kanister Benzin kaufen, aber der Tankwart hat keinen Kanister mehr. Schließlich kommt er auf die Idee, ihr das Benzin in einem Nachttopf mitzugeben. Der Nonne ist das egal, sie will nur ihren Wagen wieder zum Laufen kriegen. Also trägsie das Benzin in dem Nachttopf zu ihrem Wagen zurück, und sie schraubt gerade den Tankverschluß ab und schüttet das Benzin hinein, als neben ihr ein Auto anhält, der Fahrer den Kopf aus dem Fenster steckt und sagt: >Ich wünschte, ich hätte Ihren Glauben, Schwester.<«
»Kapier ich nicht«, sagte Kling.
»Der Kerl glaubt, sie schüttet Pisse in den Tank«, sagte Parker.
»Warum glaubt er das?« fragte Willis.
Er war der kleinste Detective im Revier, stämmig und drahtig, und an diesem Morgen hier im Büro des Lieutenants, weil er und Parker am Abend zuvor in das blutige Schlafzimmer gerufen worden waren.
»Weil sie das Benzin aus einem Pißpott eingießt«, sagte Parker.
»Hast du nicht Nachttopf gesagt?« fragte Meyer.
»Das ist doch ein Nachttopf, ein Pißpott«, sagte Parker.
»Nur der Klarheit halber«, sagte Carella. »Ist das ein englischer Witz?«
»Das ist ein amerikanischer Witz«, sagte Parker.
»Warum sagst du dann Nachttopf dazu?«
»Statt Pißpott«, gab Kling ihm recht.
»Wenn es ein englischer Witz wäre«, sagte Brown, »hättest du auch Zapfstelle statt Tankstelle sagen müssen.«
»Also«, sagte Meyer, »warum hat sie nicht einfach direkt in den Tank gepinkelt, statt den weiten Weg zu der Tankstelle zu laufen, um sich einen Nachttopf zu besorgen, in den sie dann pinkeln kann?«
»Sie pinkelt doch gar nicht in den Pißpott«, sagte Parker. »Der Tankwart füllt Benzin hinein.«
»Er pinkelt hinein?« fragte Kling, und endlich kapierte Parker.
»Ihr blöden Hunde«, sagte Parker. »Kann man hier nicht mal einen anständigen Witz erzählen?«
»Ich kapier ihn noch immer nicht.«
»Ach, leck mich doch«, sagte Parker.
Die Tür wurde geöffnet, und Byrnes kam herein. »Tut mir leid, daß ich Sie warten ließ«, sagte er.
»Waren Sie bei der Tankstelle?« fragte Brown.
»Haben Sie ein Vermögen verpinkelt?« sagte Meyer.
»Was soll das heißen?« fragte Byrnes.
»Englischer Humor«, sagte Carella.
»Sehr komisch«, sagte Byrnes und ging schnurstracks zu seinem Schreibtisch. Er war ein stämmiger Mann mit eisgrauem Haar, der irgendwie ständig ungeduldig wirkte, vor allem, wenn in seinem Revier am Vorabend zwei frische Leichen aufgetaucht waren. »Was haben wir?« fragte er.
»Welcher Fall?« fragte Parker.
An diesem Morgen lagen drei Fälle auf dem Tisch. Die Morde vom Abend zuvor, der Mord an der Nonne und die Einbrüche von Cookie Boy.
»Sie sind auf dem laufenden, also entscheiden Sie«, sagte Byrnes.
»Wir vermuten, daß die Dame des Hauses es mit dem Lieferjungen vom Schnapsladen ein Stück weiter die Straße runter getrieben hat«, sagte Parker. »Könnte auch ein flotter Dreier gewesen sein, das wissen wir noch nicht. Entweder das, oder ein Eindringling. Eine Blutspur führte durch den Flur bis ins Bad. Wir haben Proben, falls wir jemals einen Verdächtigen schnappen sollten.«
»Wo war der Ehemann?« fragte Byrnes.
Wenn ein dritter Beteiligter am Tatort gewesen war, war das die erste Frage, die sie stellen mußten.
»Auf der Arbeit in der Innenstadt.«
»Zeugen?«
»Hunderte.«
»Streichen Sie den Ehemann von der Liste. Was haben Sie sonst noch?«
»Vom Labor müßten wir noch heute den Bericht bekommen, was sie in der Wohnung alles gefunden haben. Eine Frau aus dem dritten Stock hat angeblich gegen drei, halb vier etwas gehört, was sie für Fehlzündungen eines Automotors hielt. Ansonsten hat keiner was gehört oder gesehen.«
»Machen Sie dem Labor Dampf«, sagte Byrnes. »Ich habe bereits angerufen«, sagte Willis. »Was ist mit Mr. Cookie Boy?« fragte Byrnes. »Gestern war alles ruhig. Vielleicht macht er Urlaub«, sagte Kling.
»Wir knöpfen uns heute noch mal die Pfandleihen vor«, sagte Meyer. »Ein paar Gegenstände auf der Liste sind ziemlich selten…«
»Welche zum Beispiel?«
»Eine Lapislazuli-Brosche mit Gravur. Die Lady hat uns ein gutes Foto davon gegeben. Eine emaillierte chinesische Perlenkette. Eine hölzerne Schnupftabakdose. Solche Sachen. Wenn er sie schon versetzt hat, haben wir vielleicht Glück.«
»So ein
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