Big Bad City
einen Verkehrsstau auslösen. Aber wenn jemand die Schüsse gehört hatte?
Er zitterte.
Seine Nase blutete noch immer.
Er hielt die Hand unter die Nase, damit das Blut nicht auf das Bettzeug tropfte, aber das war sowieso schon mit Blut befleckt, mit seinem und dem der Blondine, Mrs.
Cooper, er hatte mal einen Rotschopf namens Connie Cooper gekannt, o mein Gott, wie hatte das nur dermaßen aus dem Ruder laufen können?
Er wartete darauf, daß es an der Wohnungstür klopfte.
Bestimmt hatte irgend jemand die Schüsse gehört.
Gab es in diesem Gebäude keinen Hausmeister?
Aber so, wie er aussah, konnte er nicht rausgehen.
Also wartete er.
Er hörte, wie irgendwo in der Wohnung eine Uhr tickte. Er sah auf seine Armbanduhr. Zehn vor vier. Länger hatte es nicht gedauert? Zwanzig Minuten? So viel Blut in nur zwanzig Minuten? Er mußte hier raus, bevor die Leute von der Arbeit nach Hause kamen, der schnurrbärtige Ehemann, großer Gott, er mußte hier raus!
Seine Nase blutete noch immer.
Er suchte das Badezimmer und stopfte sich etwas Toilettenpapier unter die Oberlippe, wie seine Mutter es ihm beigebracht hatte, wenn er als Kind Nasenbluten gehabt hatte, und dann zog er sich nackt aus, verspritzte dabei Unmengen von Blut, und duschte eilig. Er seifte sich gründlich ein, trocknete sich ab, ging ins Schlafzimmer zurück und durchstöberte die Kommode. Er zog Unterhosen, Socken und ein Hemd des Ehemannes an. Der Junge mit den Sommersprossen lag vor der Kommode auf dem Rücken. Sein Schwanz sah jetzt weniger angriffslustig aus als noch kurz zuvor. Cookie Boy fand im Schrank eine Jeans und zog auch sie an. Seine Reeboks waren blutverschmiert, also borgte er sich von dem Ehemann ein paar Halbschuhe, die zu groß für ihn waren, was aber immerhin besser war, als wären sie zu klein gewesen. Seine eigenen Kleidungsstücke stopfte er in den Koffer mit seinem Werkzeug und der kleinen weißen Schachtel mit den Schokokeksen.
Ihm war klar, er konnte die Schachtel auf keinen Fall zurücklassen; sie würde ihn unweigerlich mit zwei Morden in Verbindung bringen. Er war kein Amateur, er ging nie törichte Risiken ein, er beging keine Einbrüche, weil er es auf Glanz und Ruhm abgesehen hatte. Er nahm einen, nur einen Keks aus der Schachtel und schloß den Deckel. Er biß in den Keks, ließ dann den Koffer zuschnappen und hob ihn hoch. Plötzlich kam er ihm schwer vor. Als er aus dem Schlafzimmer trat, hatte er den Eindruck, irgendwie mit einer Tradition zu brechen und damit einen Teil seiner Vergangenheit und ergo auch von sich selbst auszulöschen.
Im Flur biß er erneut in den Schokokeks. Essen beruhigt. Er blieb kurz stehen, umgeben von Familienfotos, die eine Vergangenheit festhielten, die nicht die seine war, kaute schmatzend den Keks, genoß seine Konsistenz und seinen Geschmack, freute sich, daß er ihn selbst gebacken hatte, und bedauerte, daß er ihn mit niemandem teilen konnte. Umgeben von Fremden, die in der Zeit erstarrt waren, kaute er und schluckte schließlich den letzten Bissen herunter. Ohne einen Blick zurückzuwerfen, ging er zur Wohnungstür.
Er drückte ein Ohr gegen das Holz und lauschte eine Weile. Dann legte er das Tuch aus Ziegenleder auf den Knopf und öffnete die Tür. Zog sie auf dieselbe Weise hinter sich zu. Wischte den Türknopf außen ab, nur um ganz sicherzugehen. Ging die Treppe hinab, durch den Vorraum und auf die Straße hinaus.
Allmählich kühlte es sich etwas ab.
Er fragte sich, ob er heute abend wieder im Fernsehen sein würde.
7
Mittlerweile hatten sie also drei in fünf Tagen, was extrapoliert auf 219 Morde im Jahr allein in diesem Revier hinauslief. Das mochte in etwa hinhauen. Im vergangenen Jahr waren in dieser Stadt 981 Menschen ermordet worden, und wenn die Reviere mit niedriger Verbrechensrate fünfzehn bis zwanzig pro Jahr hatten, war das schon viel. Was die Jungs vom guten alten 87. nicht unbedingt mit Begeisterung erfüllte.
Der erste Nonnenwitz wurde an diesem Mittwoch morgen bei dem Treffen in Lieutenant Byrnes’ Büro erzählt. Sie alle wußten, daß es nur eine Frage der Zeit war, bis es mit den Nonnenwitzen losging, und irgendwie war keiner überrascht, daß Andy Parker den ersten erzählte. Sie hatten sich im Büro des Lieutenants versammelt und warteten darauf, daß er von der Toilette am Ende des Ganges zurückkam. Vielleicht war es der Aufenthaltsort des Lieutenants, der das Thema des Witzes provozierte.
»Da fährt diese Nonne mit ihrem Wagen, und
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