Big Daddy
woher, doch sie merkte, dass sich etwas verändert hatte, aber was? Sie hörte keine Schritte mehr hinter sich und lief etwas langsamer, um sich zu orientieren. Sie hatte sich Splitter in die nackten Füße getreten und sie zitterte am ganzen Körper. Dann hörte sie plötzlich ein Auto. Es war nicht mehr weit entfernt. Erneut ergriff sie die pure Panik, ihr Herz schien aus ihrem Körper springen zu wollen. Sie warf sich blindlings ins Gebüsch und blieb stocksteif liegen. Sie hörte auf zu atmen und nur wenige Sekunden später fuhr der Wagen von Big Daddy an ihr vorbei. So schnell sie konnte lief sie weiter, nicht mehr auf dem Weg, sondern wie blind durch den großen Wald. Von weitem hörte sie Big Daddy laut ihren Namen schreien. Sie wusste, dass er ihr bald auf den Fersen sein würde, doch daran wollte sie nicht denken. Sie lief bergauf und bergab, ohne jegliche Orientierung. Sie hatte sich verlaufen, war zu weit vom Weg abgekommen und es wurde bald dunkel. Frierend und zitternd fing Angel an zu weinen. Sie fühlte sich so einsam und allein wie noch nie zuvor. Unbewusst strich sie sich über ihren Babybauch, der noch nicht vorhanden war. Wie sehr hatte sie immer darauf geachtet, auf keinen Fall schwanger zu werden. Nie wollte sie Kinder haben, dafür war sie einfach nicht geboren. Sie bemerkte nicht, dass sie weinte, während sie sich einen Unterschlupf suchte. Sie wühlte sich eine kleine Kuhle neben einem Baum und bedeckte sich über und über mit Laub und Ästen. Sie war so erschöpft, dass sie in einen kurzen traumlosen Schlaf fiel.
Als sie erwachte, wusste sie nicht, wie lange sie geschlafen hatte, doch sie überfiel sofort wieder ein beklemmendes Gefühl. Wie sollte es weitergehen? Sie musste einen Weg aus diesem verdammten Wald finden, den sie noch nie gemocht hatte. Angel war ein Stadtmensch. Sie würde erbärmlich verhungern oder einem Tier zum Fraß genau vor die Schnauze laufen. Aber alles war besser, als von Big Daddy geschnappt und bei lebendigem Leib gefoltert zu werden. Mit steifen Fingern befreite sie ihren Körper von den Blättern und Ästen. Es war stockfinster und kalt. Alles an ihr war verkrampft. Angel blieb noch ein paar Minuten sitzen, bevor sie sich traute, aufzustehen. Sie befürchtete, Big Daddy würde plötzlich hinter ihr stehen. Er könnte ihre Spuren gelesen haben, aber so geschickt war er vielleicht doch nicht. Sie war immerhin stundenlang quer durch den Wald gelaufen, er musste ihre Spur einfach verloren haben!
Auch Big Daddy war unterwegs. Allein stapfte er mit Taschenlampe durch den einsamen Wald. Er fühlte sich ebenfalls schlecht. Er wusste, dass es bald ein Ende haben würde. Angel Adams war geflohen und sie würde sich auch nicht wieder einfangen lassen. Und das war Elisabeths Schuld. Seine geliebte Tochter sollte sich dem Bauwagen in seiner Abwesenheit in keinem Fall nähern, doch auch sie hatte sich ihm widersetzt. Sie würde schon noch lernen, auf ihn zu hören! Er musste dem allen bald ein Ende bereiten. Seine Familie war zerbrochen und hatte ihn verraten. Bald würde er zum finalen Schlag ausholen und keiner würde übrig bleiben.
Langsam wurde es hell und Angel schöpfte neue Hoffnung. Sie ließ sich auf einem Baumstumpf nieder und massierte sich ihre Knöchel. Während des Laufens war sie mehrmals umgeknickt. Überall hatte sie Kratzer, doch das störte sie nicht. Nur die Nacktheit empfand sie als Schmach. Kurz dachte sie an Bob und John und wie es ihnen wohl gehen mochte. Sie würden sich furchtbare Sorgen um sie machen und Angel hasste sich selbst dafür, dass sie sich nun wieder die Nächte wegen ihr um die Ohren schlagen mussten. Das war ihr Fehler! Sie war noch nicht für die Arbeit bereit gewesen, doch sie musste sich ablenken. In der Zeit, die sie mit Mister Big verbringen musste, fing sie an zu beten. Sie versprach Gott alles Mögliche, doch nichts davon hatte sie eingehalten. Sie würde sich bessern, hatte sie damals in die Dunkelheit geschrien, sie würde sich um mehr Freunde bemühen und ein besserer Mensch werden. Doch diese Vorsätze hatte sie schnell vergessen und nun war sie wieder in einer misslichen Lage. Vielleicht gab es trotzdem ein Entkommen. Auch wenn sie hier im Wald sterben müsste, so wäre es nicht so schlimm, als von Big Daddy grausam getötet zu werden. Während sie einen Baumstumpf berührte, kam ihr plötzlich ein Gedanke. Sie sah sich um und plötzlich waren wieder alle Sinne geschärft. Überall um sie herum waren
Weitere Kostenlose Bücher