Big Sky Country - Das weite Land (German Edition)
Mom doch wenigstens, Dad.“
Slade nahm sich einen Moment Zeit, um seine Gedanken zu ordnen. „Warum ist das so wichtig für dich, Shea? Du bist kein kleines Mädchen mehr. In ein paar Jahren gehst du aufs College.“
„Es ist deshalb wichtig …“, ihre Augen füllten sich mit Tränen, „… weil ich Bentleys Stieftochter sein werde, wenn Mom und er heiraten. Du bist dann abgeschrieben und nur noch eine Randfigur. Und Bentley will mich unbedingt im Herbst auf ein Internat schicken.“
Eine Randfigur . Die Wahrheit tut weh, dachte Slade düster. Er hatte Shea seit der Scheidung selten gesehen, was hauptsächlich an der großen Entfernung zwischen Montana und Südkalifornien lag. Doch er wünschte, er hätte sich mehr bemüht, Shea öfter zu treffen.
„Eine Adoption ist mit Sicherheit keine Option“, sagte er. „Aber weißt du, was? Ich werde deiner Mutter vorschlagen, dass du für das nächste Schuljahr hier in Parable bleibst. Wie wäre das?“
Shea seufzte schwer. „Besser als nichts, schätze ich.“ Sie dachte nach. „Aber was wäre, falls du und Mom wieder zusammenkommt? Dann könntest du mich adoptieren, oder?“
„Das wird nicht geschehen, Shea“, sagte Slade sanft. Er fragte sich, wie lange das Mädchen schon hoffte, er und Layne würden wieder ein Paar werden. „Der Deal ist folgender: Wenn deine Mutter einverstanden ist, kannst du nächstes Jahr hier zur Schule gehen und musst nichts ins Internat. Du kannst es dir überlegen.“
Shea dachte über das Angebot nach. „Glaubst du, Mom erlaubt es? Dass ich bei dir bleibe?“
„Sie lässt dich ja auch den Sommer hier verbringen.“ Sheas Miene heiterte sich auf. „Besser als nichts.“ „Oh, besten Dank.“
„Und du fragst Mom?“ „Ich frage sie. Morgen.“
Shea sprang auf, umarmte Slade und drückte ihn kurz. Dann trat sie einen Schritt zurück. „Du wirst es nicht bereuen, Dad.“
Slade lachte. Es hörte sich rau an, eher so, als würde er husten. „Ab ins Bett, Shea.“
Sie gab ihm einen Kuss auf die Stirn. „Danke, Dad.“ Und damit war die Unterhaltung beendet.
Shea ging ohne weitere Einwände wieder hinauf in ihr Zimmer.
Jasper folgte ihr. Am Fuß der Treppe blieb er stehen und schaute Slade mit seinen großen Hundeaugen an.
„Los, geh schon“, sagte Slade.
Jasper trottete hinter Shea die Treppe hinauf.
Slade blieb noch eine Weile allein in der Küche sitzen und dachte über die ganze Sache nach.
Als er nach fast einer Stunde noch immer zu keinen neuen Ergebnissen gekommen war, stand er auf, sperrte die Hintertür zu und schaltete das Licht aus. Dann stieg er die Treppe hinauf, wo seine Luftmatratze auf ihn wartete.
Nachdem er sich die Zähne geputzt, sich aus- und eine gemütliche alte Jogginghose angezogen hatte, legte er sich hin, verschränkte die Hände hinter dem Kopf und starrte die dunkle Zimmerdecke an.
Es würde lange dauern, bis der Morgen anbrach.
Als Joslyn am nächsten Tag morgens auf der Suche nach Kaffee aus dem Personaltrakt kam, hantierte Opal bereits vollständig angekleidet und frisiert in der Küche am Herd.
„Arme Ritter“, verkündete Opal und deutete mit dem Kopf auf die Pfanne.
Es duftete bereits köstlich. Opals Arme Ritter – meistens mit Eiscremeoder Quark- und Blaubeerfüllung – waren etwas ganz Besonderes.
Joslyn hatte plötzlich Hunger. Sie nahm sich eine Kaffeetasse von einem der Haken, die Kendra neben der Kaffeemaschine angebracht hatte, und schenkte sich einen Muntermacher ein. „Du sollst doch nicht kochen“, grummelte sie. Ihr war bewusst, dass Opal heute in Slades Haus ziehen und sie und Lucy-Maude allein in diesem großen Haus zurücklassen würde. Joslyn freute sich zwar über den Entschluss ihrer Freundin, in Parable zu bleiben, doch sie fühlte sich auch ein wenig überrumpelt, dass Opals Besuch bei ihr dadurch so rasch beendet wurde. „Du bist hier Gast, schon vergessen?“
„Trink deinen Kaffee“, befahl Opal fröhlich. „Vielleicht hebt das Koffein deine Stimmung.“
Joslyn lachte. „Entschuldige. Ich bin anscheinend wirklich ein bisschen brummig.“
„Ein bisschen?“, neckte Opal sie.
Joslyn setzte sich an den Tisch, den Schauplatz des spannungsgeladenen gestrigen Abendessens, bei dem Slade direkt neben ihr gesessen hatte. Das Knistern lag immer noch wie ein lautloses Schwirren in der Luft und ließ sie scheinbar am ganzen Körper vibrieren.
„Du bist doch gerade erst gekommen“, sagte sie, während Opal sich weiter der
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