Big Sky Country - Das weite Land (German Edition)
verschmäht und sich zu Slades Hund erklärt hatte.
„Auch dir einen schönen guten Tag, du Verräter“, sagte Joslyn liebevoll und lächelte, während Slade um die Motorhaube seines Pick-ups herum zur Fahrertür lief.
Joslyn hätte schon vorhin fast die Fassung verloren, als sie mit Slade allein in einem Raum gewesen war. Es war ein Gefühl gewesen, als hätte sie einen Draht angefasst, der unter Strom stand, oder einen Finger in eine Steckdose gesteckt. Mit diesem Mann auch noch im selben Wagen zu sitzen, Seite an Seite, ließ ihre ohnehin schon aufgewühlten Emotionen so intensiv werden, dass es ihr fast den Atem raubte.
Was hatte sie sich überhaupt bei ihrem Vorschlag gedacht, mit ihm gemeinsam das Haus anzusehen? Ganz zu schweigen davon, auf sein Angebot einzugehen, in seinem Wagen mitzufahren, statt ihr eigenes Auto zu nehmen? Die Antwort war nur allzu eindeutig: Ihr gefiel das aufregende, fast gefährliche Gefühl, so viel ruhiger, entschlossener Männlichkeit nahe zu sein. Joslyn war wie elektrisiert, ihr Herz klopfte, und sie spürte, wie in jeder Faser ihres Körpers alle möglichen Empfindungen erwachten – eine animalischer als die andere.
Joslyn konnte sich einen verstohlenen Blick in seine Richtung nicht verkneifen. Slade war von der Seite genauso attraktiv wie von vorn.
Für gewöhnlich war Joslyn nicht geschwätzig. Jetzt allerdings begann sie, einfach draufloszuplappern. „Ich fürchte, ich kann auf der Ranch nicht mehr tun, als dich ins Haus zu lassen“, sagte sie völlig unnötigerweise. Das Schweigen war einfach unerträglich gewesen. Zumindest für sie. Slade schien es überhaupt nicht zu stören. „Ich meine, ich bin keine Immobilienmaklerin. Das heißt, ich könnte keinen Vertrag …“
Um Slades rechten Mundwinkel zuckte es. Er blickte geradeaus und war ganz aufs Fahren konzentriert. Mit ihm locker Konversation zu betreiben würde vermutlich so schwer gehen wie das sprichwörtliche Kamel durchs Nadelöhr.
Mit ihm Sex zu haben aber …
Doch egal. Besser nicht daran denken. Gar nicht.
Nur leider konnte Joslyn nicht anders. Es war eine aufre-gende Vorstellung. Eine, die ihr wieder die Röte ins Gesicht trieb und sie innerlich förmlich dahinschmelzen ließ.
Reiß dich zusammen, ermahnte sie sich.
„Schon in Ordnung“, sagte Slade in dem lässigen, gedehnten Ton, der typisch für ihn war. Mittlerweile hatte Joslyn vergessen, worüber sie gerade geredet hatte. Slade schien es zu merken. „Schon in Ordnung, dass du mir die Ranch nicht verkaufen kannst, meine ich.“
Schweigen. Joslyn hatte das Gefühl, als würde sie sich auf dünnem Eis bewegen und müsste mit den Händen rudern, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren und auszurutschen.
„Soviel ich weiß, hast du dir das Haus bereits angesehen“, meinte sie schnell und in möglichst neutralem Ton. Im nächsten Moment wünschte sie, sie hätte den Mund gehalten. Slade würde vielleicht annehmen, dass sie ihn für unentschlossen hielt; für einen „Gaffer“, wie man in der Immobilienbranche sagte.
Aber was machte es denn, wenn er das wirklich glaubte? Wen interessierte es schon, was Slade Barlow dachte? Außer dich selbst, meinst du? verspottete sie sich selbst.
Frustriert seufzte Joslyn. Sie führte anscheinend gerade zwei Gespräche gleichzeitig: eines mit Slade und eines mit sich selbst.
Das war ausgesprochen untypisch für sie. Sie war eine selbstbewusste Frau, die ihre Gefühle im Griff hatte. Warum sollte ihr die Meinung dieses Mannes wichtig sein? Geschweige denn, sie dermaßen durcheinanderbringen?
Er lachte leise und sah sie mit seinen unglaublich blauen Augen an. Fast kam es ihr so vor, als hätte er erraten, was sich in ihrem Kopf und in ihrem Körper abspielte.
Mittlerweile hatten sie schon fast den Stadtrand erreicht. Sie fuhren an der Highschool von Parable und dem – für Schüler günstig gelegenen– Lokal einer Hamburger-Kette vorbei. Dann waren sie auf dem Land.
„Ich hatte mich eigentlich schon beinahe entschlossen, das Kingman-Haus zu kaufen“, erklärte Slade. „Doch dann hat sich … nun ja … ist etwas anderes dazwischengekommen, das die ganze Sache etwas verkompliziert. Jetzt überlege ich, ob ichdas Haus nicht besser kurzfristig mieten soll. Meine Stieftochter kommt den Sommer über nämlich zu mir, und ich habe praktisch keinen Platz für sie.“
Als sie bei „Mulligan’s“ und „Curly-Burly“ auf der anderen Seite des Highways vorbeifuhren, war Joslyn immer noch dabei, die –
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