Big Sky Country - Das weite Land (German Edition)
gelang ihr nicht, ihre Traurigkeit zu verbergen – sosehr sie es auch versuchte.
„Lauf nicht weg“, sagte er leise zu ihr. „Du hast hier zwar ein paar Feinde, aber auch Freunde. Vergiss das nicht.“
Sie wollte nicht, dass er aufbrach. Doch das hätte sie ihm niemals gesagt. „Ich komme schon klar“, entgegnete sie, reckte dabei ihr Kinn empor und hoffte, dass er den kleinen Schauer nicht bemerkt hatte, der sie gerade durchlief. „Aber danke für deine Sorge.“
Er grinste. „Gern geschehen.“
Dann entsorgte er seinen Pappteller und gesellte sich zu Tara Kendall, die mit Kendra und ein paar anderen Leuten an einem Tisch saß.
Aus den Augenwinkeln sah Joslyn, wie Slade sich mit Tara unterhielt und über etwas lachte, das Kendra sagte.
Joslyn fühlte sich ausgeschlossen. Gleichzeitig wusste sie, dass ihre Reaktion kindisch war.
Die Luft war erfüllt vom Duft herrlicher Köstlichkeiten und vom Klang fröhlichen Geplauders, allerdings hatte Joslyn weder Appetit noch das Bedürfnis, mit den anderen Gästen zu feiern.
Am liebsten würde sie immer noch in ihrem Gästehaus sitzen und warten, bis alle weg waren. Doch das war schon vor Slades Rat, nicht wegzulaufen, keine Option gewesen, und war es auch jetzt nicht.
Nachdem Slade sich verabschiedet hatte, spürte sie die Lücke, die er hinterlassen hatte.
Die Party lief weiter. Die Band machte zwischendurch Pausen, in denen die Musiker mit allen anderen aßen und etwas tranken und anschließend wieder zu spielen begannen. Menschen kamen und gingen.
Joslyn mischte sich unter die Leute und folgte dem altbewährten Motto ihrer Mutter: Wenn du dich bei einem gesellschaftlichen Anlass unwohl fühlst, vergiss dich selbst und versuche, etwas zu tun, damit die anderen sich wohlfühlen. Manche der Gäste reagierten herzlich, andere kühl, und ein paar machten einen großen Bogen um Joslyn, um ein Gespräch zu vermeiden. Letzteres tat weh.
Hutch Carmody tauchte auf, als ein paar Männer auf dem Gartenweg gerade Bretter aus einem Pritschenwagen luden. Hutch half, die Bretter in der Mitte von Kendras Garten zu einem improvisierten Tanzboden zusammenzuschrauben.
Cookie Jean und die Band spielten ihren letzten Song und wurden von zwei Geigenspielern abgelöst.
Als Joslyn ihre ehemalige Klassenkameradin um eine Ecke von Kendras Haus verschwinden sah, warf sie all ihre Bedenken über Bord und eilte ihr nach.
„Cookie Jean?“, rief sie.
Die andere Frau blieb abrupt stehen, drehte sich jedoch nicht um. „Ich habe dir nichts zu sagen, Joslyn Kirk.“
Unter anderen Umständen hätte Joslyn über die Ironie dieser Bemerkung schmunzeln müssen.
„Nun ja, ich habe dir etwas zu sagen.“ Joslyn überholte Cookie Jean und stellte sich ihr in den Weg. Dann nahm sie allen Mut zusammen, den sie noch hatte. „Es tut mir leid. Ich meine, das, was Elliott getan hat, tut mir leid. Aber ich hatte nichts damit zu tun, und das weißt du. Wir waren Freundinnen, Cookie Jean. Erinnerst du dich?“
Cookie Jean erbleichte. Durch das Singen war ihr Lippenstift verwischt, und auch ihr restliches Make-up hatte sich während ihres anstrengenden Auftritts und wegen der Hitze fast aufgelöst. Ein paar Strähnen ihrer – allzu – blond gefärbten Haare waren aus ihrer altmodischen, zu einem „French Twist“ gerollten Hochsteckfrisur gerutscht und hingen schlaff herunter.
„Du meinst wohl“, stieß sie wütend hervor, „dass ich zu denen gehört habe, die dich aus der Ferne bewundern durften. Glaubst du etwa, Joslyn, ich hätte nichts von den unzähligen Pyjamapartys da drüben mitgekriegt?“ Sie deutete mit dem Kopf auf das riesige Haus. „Den Partys, zu denen nur die beliebten Mädchen eingeladen wurden?“
Joslyn konnte nicht leugnen, dass damals Pyjamapartys ohne Cookie Jean stattgefunden hatten. Auch andere Kinder, die außerhalb von Parable gewohnt hatten und mit dem Bus zur Schule gekommen waren, waren nicht dabei gewesen. Was Joslyn allerdings nicht schaffte zu erklären, war, dass Elliott diese Partys immer auf nur sechs Mädchen beschränkt hatte – inklusive Joslyn selbst. Dazu kam, dass er auch noch derjenige gewesen war, der die Gästeliste zusammengestellt hatte.
„Es war nicht so, wie du denkst“, widersprach sie matt.
„Ach nein?“, blaffte Cookie Jean und fuchtelte mit einem Finger vor Joslyns Nase herum. Ihre Stimme bebte, und Joslyn merkte, dass Cookie Jean den Tränen nahe war. Na gut, das war sie selbst auch. „Warum bist du überhaupt nach Parable
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