Big Sky Country - Das weite Land (German Edition)
genoss, kam sie Joslyn wirklich harmlos vor.
„Siehst du?“ Hutch lehnte sich an Sandys Boxentür. „Völlig ungefährlich.“
Joslyn seufzte. „Und welches Pferd reitest du?“ Sie wollte mit dieser Frage zumindest teilweise Zeit gewinnen. Ihr war klar, dass Hutch ihre Verzögerungstaktik durchschaut hatte und es ihn erheiterte.
Hutch deutete auf eine Box. Der Wallach, der darin stand, war groß, schwarz-weiß gescheckt und hatte die langen Beine und den edlen Kopf eines Vollbluts. „Ich reite abwechselnd alle Pferde, aber Remington hier ist mein Lieblingspferd.“
„Sandy auch?“, zog Joslyn ihn auf. Sie musste bei der Vorstellung lächeln, dass Hutch, der einstige Rodeo-Champion und erfahrene Rancher, ein Minipferd ritt.
„Früher“, antwortete er grinsend. „Als ich ungefähr so groß war.“ Er hielt eine Hand auf Ellenbogenhöhe. „Jetzt ist sie keine besondere Herausforderung mehr.“
„Gut so“, sagte Joslyn. „Denn eine Herausforderung ist nicht gerade das, was ich hier suche.“
Hutch musste lächeln. Dann machte er sich daran, Sandy zu satteln. Nachdem er das erledigt hatte, holte er die Stute aus der Box und gab Joslyn die Zügel.
„Geh ruhig mit ihr hinaus in die Sonne“, meinte er. „Ich mache Remington fertig und bin dann gleich wieder bei dir.“
Zögernd nahm Joslyn die Zügel und führte Sandy ins Freie. Da sie und das Pferd praktisch auf Augenhöhe waren, fühlte sie sich wegen ihrer Nervosität plötzlich ziemlich lächerlich.
Lächerlich, aber auch merkwürdig glücklich .
Es war lange her, seit sie das letzte Mal auf einem Pferd gesessen hatte. Sie war nie eine gute Reiterin gewesen. Da Parable eine Art Westernstadt war, in der viele Leute regelmäßig ritten, hatten sowohl Elliott als auch ihre Mom versucht, Joslyn ihre Angst zu nehmen. Sie hatten ihr Reitstunden und sogar ein eigenes Pferd versprochen, wenn sie es wenigstens versuchte.
Elliott war es allerdings auch gewesen, der damals unbedingt wollte, dass Joslyn an dem Rodeo-Queen-Wettbewerb teilnahm. Joslyn hatte bei dieser ewigen Diskussion wegen des Reitens zumindest so weit nachgegeben, als dass sie sich bereit erklärt hatte, mitzumachen. Sie war verblüfft gewesen, dass sie gewonnen hatte, doch ihre Freude über den Sieg bekam bald einen Dämpfer. Sie hatte nämlich von dem Gerücht Wind bekommen, die ganze Sache sei abgesprochen gewesen.
Joslyn hatte den starken Verdacht, das Elliott ihr den Titel damals gekauft hatte.
Seither hatte sie sich immer für diesen „Sieg“ geschämt.
Hutch verließ mit Remington den Stall. Wegen seiner Größe kam Joslyn der gescheckte Wallach jetzt eher wie ein Clydesdale-Kaltblut und nicht wie ein normales Reitpferd mit ein paar Rennpferden im Stammbaum vor.
Sie hatte plötzlich Herzklopfen. Sicher, Sandy machte einen gemütlichen Eindruck, Remington allerdings sah so aus, als wollte er mit seinen langen, kräftigen Beinen gleich lospreschen. Seine mächtige Brust, in der sich vermutlich eine Lunge von derGröße eines Traktors befand, hob und senkte sich bereits vor lauter Vorfreude.
Angenommen, sie und Hutch erreichten da draußen eine offene Weide oder irgendeine harte Landstraße, und Remington beschloss loszustürmen? Auch ein frommes Pferd wie Sandy würde sich wahrscheinlich verpflichtet fühlen, ihm hinterherzugaloppieren.
„Ich weiß nicht recht“, murmelte Joslyn verunsichert und schaute von einem Pferd zum anderen.
Aber Hutch ließ sie keinen Rückzieher mehr machen. „Trau dich ruhig.“ Er schmunzelte.
„Du und dein ‚Trau dich‘“, grummelte Joslyn. Sie hatte bestens in Erinnerung, wie Hutch sie während der Highschool einmal dazu überredet hatte, auf den Wasserturm zu klettern. Er hatte sie von unten angefeuert. Und das war nur einer von vielen derartigen Anlässen gewesen.
„Hör mal, Joslyn.“ Hutch beugte sich zu ihr. „Ich verspreche dir, dass dir nichts passiert. Dafür sorge ich schon.“
„Was ist, wenn dir Remington durchgeht?“
„Ich lasse ihn nicht durchgehen.“
„Woher weiß ich, dass du ihn zurückhalten kannst? Er ist größer als du.“
„Vertrau mir.“ Hutch lächelte gutmütig. „Er rennt nicht los, solange ich ihm die Zügel nicht schießen lasse, und ich habe nicht vor, das zu tun. Zumindest nicht, während du neben mir reitest.“
„Okay.“ Joslyn seufzte. „Na dann.“ Sie drehte sich um, hielt sich mit einer Hand am Knauf von Sandys Westernsattel fest, steckte einen Fuß in den Steigbügel und schwang
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