Big Sky Country - Das weite Land (German Edition)
muss zu ihm. Nicht aus Liebe, aber Jeffrey war mein Ehemann …“
Joslyn nahm die Hand ihrer Freundin und drückte sie. „Dann flieg zu ihm“, sagte sie sehr leise. „Natürlich kann ich ohne Maklerlizenz keine Immobilienanzeigen aufgeben oder Häuser verkaufen, doch ich werde dich vertreten, so gut ich eben kann.“
„Danke. Ich weiß nicht genau, wie lang ich weg sein werde, aber ich rufe an, so oft es geht.“
Joslyn umarmte ihre Freundin und half ihr dann beim Packen und beim Buchen eines Flugs nach London.
„Eines noch“, sagte Kendra, als sie in den Wagen stieg, um zum Flughafen in Missoula zu fahren. „Ich möchte das Haus nicht leer stehen lassen, während ich weg bin. Würde es dir etwas ausmachen, hier zu wohnen – nur, bis ich wieder da bin?“
11. KAPITEL
D er restliche Morgen verlief relativ ruhig bei „Shepherd Real Estate“. Bereits vor ihrer Mittagspause hatte sie einigen Anrufern erklärt, dass Kendra aus privaten Gründen verreisen musste und noch nicht genau abzusehen war, wann sie wieder in Parable sein würde. Joslyn hatte jedem einzelnen Anrufer höflich versichert, dass Kendra trotzdem über alles auf dem Laufenden war und ihr alle Nachrichten ausgerichtet werden würden. Die Fragen nach dem genauen Grund für das plötzliche Verschwinden ihrer Freundin hatte Joslyn ausweichend beantwortet.
Da sie nicht besonders hungrig war, freute sie sich schon darauf, nach ihrer Pause wieder ins Büro zurückzukehren. Sie merkte, wie sehr sie das Arbeiten vermisst hatte. Sie hatte den Rhythmus vermisst, den ein Job mit geregelten Arbeitszeiten mit sich brachte, und auch die Herausforderung, Neues zu lernen.
Und weiß Gott, sie hatte noch viel über die Arbeit in einem Immobilienbüro zu lernen.
Als sie durch die Hintertür ins Gästehaus kam, wartete Lucy-Maude geduldig in der Küche.
„Du wirst es nicht glauben“, sagte Joslyn zur Katze, während sie sich an der Spüle die Hände wusch. Obwohl der Gedanke an Essen im Moment nichts Reizvolles an sich hatte, wollte sie sich rasch ein Sandwich machen. Wenn sie Mahlzeiten ausfallen ließ, spielte ihr Blutzuckerspiegel gern verrückt und sie wurde unruhig und unkonzentriert. „Wir ziehen um.“
Ebenso wie das Pausen-Sandwich war auch die Vorstellung, selbst für kurze Zeit in das Herrenhaus zu ziehen, nicht sonderlich reizvoll für Joslyn. Doch sie konnte nachvollziehen, warum Kendra das Haus während ihrer Abwesenheit nicht leer stehen lassen wollte. In einem unbewohnten Haus konnte alles Mögliche passieren – Rohrbrüche, Elektrobrände und unzählige andere Katastrophen, um die man sich rasch kümmern musste. Und natürlich kam es auch seltener zu Vandalismus und Einbrüchen, wenn jemand anwesend war.
Für Joslyn war das Haus allerdings ein emotionaler Krisenherd. Hier war das Leben ihrer Familie – das ihrer Mutter und Elliotts, ihr eigenes und sogar das von Opal – zerbrochen. Vom Zentrum ausgehend hatte sich das Unheil wie ein Flächenbrand auf die Bewohner von Parable und weit über die Grenzen der Stadt hinaus ausgebreitet.
Es war eine Katastrophe gewesen, die Joslyn – und natürlich Elliotts noch lebende Opfer – völlig aus der Bahn geworfen hatte. Die Nachwirkungen waren selbst heute noch zu spüren.
Bedrückt füllte Joslyn frisches Futter in Lucy-Maudes Napf und schmierte sich ein Weißbrot mit Putenwurst und Salat. Nach zwei Bissen brachte sie jedoch trotz all ihrer guten Vorsätze nichts mehr hinunter. Ihre Kehle war wie zugeschnürt, und ihr Magen drohte zu rebellieren.
Wieder einmal fragte sie sich, was sie eigentlich mit ihrem Aufenthalt in Parable bezweckte. Die finanzielle Wiedergutmachung für Elliotts Diebstahl war überall dort, wo es möglich war, bereits erfolgt. Was konnte sie sonst noch tun?
Außer scharf auf einen bestimmten Cowboy-Sheriff zu sein, für den sie wahrscheinlich etwas Ähnliches wie eine dieser geistig beschränkten reichen Erbinnen war, die ständig im TV auftauchten. Am besten, sie dachte nicht an Slade Barlow und daran, wie er sie fast im Wohnzimmer dieses bezaubernden alten Ranch-Hauses, das er jetzt gemietet hatte, geküsst hätte. Am besten, sie verdrängte auch alle Gedanken daran, wie sehr sie sich wünschte, er hätte es getan …
Ganz ruhig, befahl sie sich und verzog schuldbewusst das Gesicht. Krieg dich wieder ein, Kleine.
Fazit? Sie saß hier fest – zumindest bis Kendra aus England wieder zurück war. Und wer konnte schon sagen, wann das sein würde? Bis dahin musste
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