Big U
vollkommener Dunkelheit wieder und stolperte über ein Stromkabel. Gleichzeitig kniff der TUGler die Augen zusammen, als alle Scheinwerfer auf ihn gerichtet wurden. Er lächelte und fuhr mit einer ruhigen Stimme wie bei einem Gesang fort. »Schau, schau, schau. Ich muß euch ein Geständnis machen. Ich werde keiner Fledermaus den Kopf abbeißen, weil ich keine habe und obendrein gar kein Kommunist bin.« Von der TUG-Sektion ertönte daraufhin etwas, das sich wie das vom Band eingespielte Gelächter in Fernsehserien anhörte. »Ich habe das nur als kleinen Anschauungsunterricht gemacht, um euch allen zu zeigen, wie einfach es ist, die Aufmerksamkeit der Medien zu bekommen. Wir können hierher kommen und uns über wichtige Themen und relevante Dinge unterhalten, aber das Fernsehens berichtet am liebsten über augenfällige Ereignisse voller Gewalt, und das verstehen die Kommunisten, die unsere Gesellschaft zerstören möchten, nur zu gut. Aber ich bin nicht hier, um eine Rede zu halten, sondern um einen konstruktiven Vorschlag zu machen …« Hier stieß die Fledermaus im Sturzflug auf ihn herab und wich im letzten Moment aus; der Sprecher sprang erschrocken zurück, was fast einhellige Heiterkeit auslöste. Sogar die TUGler lachten, um zu beweisen, daß sie, ganz gleich, was alle anderen sagten, doch einen Sinn für Humor hatten. Der Redner bemühte sich, die Fassung wiederzuerlangen.
»Die Rede! Mach weiter mit der Rede! Der Vorschlag!« rief der ältere Mann.
»Mein Etatvorschlag ist, daß wir dem Stalinistischen Untergrund-Bataillon sämtliche Mittel streichen und sie unter den anderen Veranstaltungsgruppen verteilen.«
Der Hörsaal barst förmlich unter entrüsteten Aufschreien, dröhnendem Beifall und OM. Sarah blieb etwa fünfzehn Sekunden mit auf den Händen aufgestütztem Kinn sitzen, dann schlug sie wieder mit dem Hammer zu. Ich saß am Bühnenrand und war bereit, als die starke, aber geliebte Autoritätsfigur zu handeln, mußte aber nicht aufstehen; mit der Zeit kehrte von allein wieder Ruhe ein.
»Unterstützt jemand den Antrag?« fragte sie resigniert.
JA und NEIN wurde aus der Menge gebrüllt.
Der Redner wandte sich einem anderen TUGler zu, der starr mit einem Stapel von 7 x 13 großen Karten in der Hand dastand und sie durchblätterte. »Einst konnten die linken Organisationen der Amerikanischen Megaversität für sich beanspruchen, daß sie wenigstens einen Teil der Studenten repräsentierten. Doch die verschiedenen Organisationen der Linken stellten bald fest, daß sie jeweils ein Mitglied hatten, das äußerst streitbar und dominierend war und alle anderen herumschubste, bis es selbst eine Machtposition innerhalb der Organisation erlangt hatte. Wie sich herausstellte, handelte es sich dabei ausnahmslos um Mitglieder des Stalinistischen Untergund-Bataillons, die diese Organisationen infiltriert hatten, um aus der gesamten Linken eine Einheitsfront ohne Vielfalt oder Gedankenfreiheit zu machen. Das SUB übernahm einen Newsletter für Frauenfragen und machte daraus die People’s Truth Publication, eine höchst einseitige sogenannte Zeitung.
Auf dieselbe Weise …«
Schließlich wurde er von Sarah unterbrochen. SUB-Rednerlnnen vertraten ihre Standpunkte leidenschaftlich, dann ein weiterer TUGler. Schließlich trat ein hagerer Mann mit dunkler Brille ans Mikrofon, den Sarah kannte, aber nicht richtig einordnen konnte. Er stellte sich als Casimir Radon vor und sagte, er sei der Vorsitzende des Physikclubs Neutrino. Er beruhigte die Menge ein wenig, da dies die erste Rede des Abends zu sein schien, die nicht vollkommen vorhersehbar war.
»Ich möchte darauf hinweisen, daß uns nur vierhundert Dollar zugeteilt wurden«, sagte er. »Wir brauchen mehr. Ich habe einmal analysiert, wie das Geld für unsere Aktivitäten budgetiert wird, was ich hier nur ganz kurz anreißen möchte –« Er wühlte in Papieren, während ein Stoßseufzer der Enttäuschung durch die Menge lief. Wie lange würde dieser Penner brauchen? Die Kameraleute legten neue Filme in ihre Ausrüstung ein, während sich vor den Toiletten lange Schlangen bildeten.
»Also. Ich möchte mich nicht zu sehr auf numerische Details einlassen – das ist nur Arithmetik –, aber wenn ihr den aktuellen Etat betrachtet, werdet ihr feststellen, daß eine kleine Gruppe einen unverhältnismäßig großen Anteil des Geldes bekommt. Der rechnerische Etat pro Mitglied beträgt beim Stalinistischen Untergrund-Bataillon einhundertvierzehn Dollar pro
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