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Big U

Big U

Titel: Big U Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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sicheren Ecken und daher höchst gefragt) durch die Mensa schweifen ließ und seine Computerausdrucke in die große Aktentasche steckte, wo ihnen nichts geschehen würde. Sein Blick glitt innerhalb von wenigen Sekunden über Hunderte Gesichter, dennoch ermöglichte ihm etwas, sich auf gewisse wenige zu konzentrieren: acht oder zehn mit langem Haar und exzentrischer Kleidung, die eindeutig einander ansahen und nicht die Berge von Nahrung, die sie auf ihre Glasfasertabletts gehäuft hatten. Der sechste Sinn von Klystron ermöglichte es Chris, in dem Strudel der Menschen ein geheimes verborgenes Muster zu erkennen, dessen Bedeutung nur er allein kannte.
    Er stand in der Ecke auf, prägte sich die Standorte derer ein, die er gefunden hatte, und schaltete auf Langstreckenscan um, wobei er sich half, indem er ihren eigenen Blicken folgte. Er sah kurz auf die Anzeige seines digitalen Kalku-Chronographen hinab und bemerkte, daß es Sekunden vor achtzehn Uhr war. Ungeduldig sondierte er seine Subjekte und stellte fest, daß sie inzwischen alle auf eine Stelle sahen: einen Milch-spender nahe der Mitte der Mensa, wo ein ungewöhnlich großer Freak mit einem schwarzen Kästchen in der Hand stand!
    Es folgte ein greller blauer Blitz, der die Decke kurz aufleuchten ließ – das schwarze Kästchen war ein elektronischer Blitzapparat –, und dann brach die Hölle los.
    Wurfgeschosse aller Farben und Größen sausten durch sein Gesichtsfeld und klatschten platschend gegen Tische, Säulen und Leute. Unter plötzlichem Kreischen wurde ein ganzer langer Tisch umgestoßen, so daß tonnenweise Manicotti und Pommes in den Schoß der Unglückseligen rutschten, die sich auf der falschen Seite befanden. Als sie sahen, wie die Rädelsführer auseinandergingen und sich unter die staunende Meute mischten, blieb den Opfern nichts anderes übrig, als mit vollen Händen dampfende Ricotta nach ihnen zu werfen. Nach diesem ersten Ansturm von Lärm und Geschäftigkeit wurde es einen Moment still in der Mensa, als sich alle dem Aufruhr zuwandten. Als sie dann aber sahen, daß auch über ihre Köpfe hinweg Essen geworfen wurde, mischten die meisten Zuschauer plötzlich in dem Tohuwabohu mit. Die Abordnung der Terroristen schien damit gerechnet zu haben und griff mit der Rüpelhaftigkeit ein, wie man sie aus Werbespots für Dosenbier kennt. Gutgekleidete junge Damen rannten von mehreren Tischen aus in panischer Hast zu den Ausgängen, waren aber in den meisten Fällen zu langsam und konnten nicht verhindern, daß Kleidung im Wert von mehreren hundert Dollar pro Kopf ruiniert wurde. Viele brachen schluchzend in den Armen der Terroristen zusammen, unter deren Patronat sie standen. Die Droogs öffneten einen Milchautomaten, zogen einen schweren Kunststoffsack mit Magermilch heraus und schleuderten ihn mit explosiven Resultaten mitten in eine zwanglose Zusammenkunft von Altphilologiestudenten.
    Klystron/Chris, der ruhig und reglos in der Ecke stand und seine Aktentasche wie einen Schild hielt, beobachtete das alles aufmerksam. Der Verlauf des Kampfes war zwar interessant anzusehen, aber kaum so wichtig wie die das Verhalten der Initiatoren und die Reaktionen des Mensapersonals.
    Von der anzettelnden Organisation waren einige gezwungen, sofort zu fliehen, um sich selbst zu schützen. Das waren die agents provocateurs, die Tischeumstoßer und Tablettwerfer, deren Rolle bereits erledigt war. Alle anderen waren Beobachter, die an sorgsam geplanten Standorten um die gesamte Mensa herum an den Wänden standen und zusahen, genau wie Chris. Einige schossen mit billigen Kameras Bilder.
    Das Fotografieren wurde zur Hauptbeschäftigung, als rund fünfzehn Sekunden später der Gegenschlag begann. Die Köche und Kellner waren sofort herbeigesprungen, um die Türen der Ausgabeschalter zu versperren, die in diesem Fall denselben Wert wie Munitions-depots besaßen. Jetzt kamen die kräftigeren Köche paarweise herausgestürmt und zogen die Rolläden herunter, mit denen man die Mensa in vierundzwanzig Sektionen unterteilen konnte. Derweil schwärmten achtundvierzig weitere Mitglieder des Mensapersonals mit Gesichtsmasken und Ponchos auf organisierte Weise aus. In jeder Sektion sprang einer mit einem Megafon auf einen Tisch und brüllte die Studenten streng an, während sein Partner gegen besonders aktive Typen vorging. Klystron/Chris konnte mit einem Mal nur noch das Kampfgeschehen beobachten, das sich in seiner kleinen Sektion abspielte.
    Unter anderem sah er acht

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