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Big U

Big U

Titel: Big U Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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Plan, wie er uns helfen kann. Doch es hängt alles davon ab, daß wir so tun, als hätte ich Tiny erschossen. Jetzt weißt du Bescheid, aber du kannst mit keinem darüber reden, sonst könnte es dein Tod sein. In der Zwischenzeit beschütze ich mich damit.« Sie neigte den Rucksack zu Mari und ließ sie den .38er sehen. Fred Fine warf einen Blick über ihre Schulter, sah ihn ebenfalls und wich ruckartig zurück.
    Sämtliche Zweifel Maris schienen ausgeräumt. Sie keuchte, hielt eine Hand vor die Brust und taumelte ein paar Schritte rückwärts. Fred Fine, der Sarah nervös im Auge behielt, ging zu Mari und legte ihr behutsam eine Hand auf die Schulter.
    »Alles wird gut, Ma’am. Das ist nur ein gewöhnlicher Schock. Vielleicht sollten Sie sich etwas hinlegen.« Aber das hatte die Aufmerksamkeit der Terroristen geweckt. Als sie sahen, daß Maris und Sarahs Frauengespräch zu Ende war, drängten sie sich hilfreich um Mari und brachten sie in eine liegende Haltung. Fred Fine wurde aus dem Weg gerempelt, blieb jedoch am Rand der Gruppe stehen und gab Ratschläge zur Schocktherapie.
    Sarah ging. Fred Fine sah ihr mit einer Art von Ehrfurcht nach.
    357
     
     
    MÄRZ
     
    Der Aufenthaltsraum von D24O hatte ein Panoramafenster mit Ausblick über den Todeswirbel, über die von Pfützen übersäten Schotterdächer der Backsteingebäude des Gettos dahinter, über eine Bahnstation mit einem Netzwerk schwarzer Stromkabel darüber und einem heruntergekommenen alten Marktplatz, den häufig Studenten der AM besuchten, wenn sie den Plexkoller hatten, aber nicht die Mittel, um weiter zu reisen. Seit es den Plex mit seinen sauberen, angesagten Geschäften gab, die den Niedergang der umliegenden Viertel eingeläutet hatten, hatte sich der Verfall des Marktplatzes kometenhaft beschleunigt, und er war zu einem chaotischen Wirrwarr gefährlicher Discos, schmierigen Kaschemmen, winzigen Geschäften, Imbißbuden mit bewaffneten Wachen und leerstehenden Gebäuden geworden, die mit ganzen Quadratkilometern von graffitibeschmiertem Sperrholz abgeschottet wurden und nach Ratten und Pennerurin rochen. Die Firmenzentrale der Big Wheel Petroleum Corporation war schon vor Jahren in ein neues Gebäude am Sunbelt umgezogen. Aber das alte zwölfstöckige Bürogebäude hatten sie behalten, und auf dem Dach strahlte das BigWheel-Zeichen, das immer noch auf seinem schmutzigen Gestell aus Stahlträgern und Holzbalken in den Himmel ragte, nach wie vor allabendlich seine Leuchtbotschaft an alle in einem Umkreis von fünf Meilen ab. Es handelte sich um eine der fünf größten Neonreklamen aller Zeiten, doppelseitig und rechteckig, ein gewaltiger Klotz mit einer wunderbar satten kirschroten Hintergrundfarbe und einem riesigen Rad mit zwölf Speichen in Azurblau und grellem Weiß, das sich ewig über der Inschrift BIG WHEEL in Blockbuchstaben in der Mitte drehte, während die Buchstaben selbst einer nach dem anderen alle zwei Umdrehungen die Farbe von Weiß nach Blau und wieder zurück änderte. Obwohl die Firma in dieser Gegend nichts weiter mehr unterhielt als neun Tankstellen, achtete ein Traditionalist in der Firmenhierarchie darauf, daß die Reklame perfekt gewartet und jeden Abend wieder eingeschaltet wurde.
    Tagsüber sah das Big-Wheel-Zeichen mehr oder weniger wie eine Reklametafel aus, wenn man nicht genauer hinschaute und die Meilen von auf der Oberfläche befestigten Glasröhren bemerkte. Aber wenn sich die Nacht über die Stadt senkte, drückte eine mysteriöse Hand, automatisch oder menschlich, den Schalter nieder. Im Umkreis von Meilen wurden Lichter trüber und die Gesichter von Nachrichtensprechern verzerrt, wenn genügend Elektrizität, um ganz Fargo während der Abendessenszeit zu beleuchten, leuchtend und knisternd durch die Glasröhren gejagt wurde, um die Big-Wheel-Botschaft in die Stadt hinauszutragen. Von den Gemeinschaftsräumen auf der Ostseite des Plex bot es einen ganz besonders imposanten Anblick, da das Zeichen keine Viertelmeile entfernt war und auf dem einzigen Gebäude zwischen dem Plex und dem Horizont aufragte. In wolkenlosen Nächten, wenn der Himmel über dem Wasser dunkelviolett wurde und die Sterne noch nicht aufgegangen waren, leuchtete das Big-Wheel-Zeichen vom Plex aus gesehen erst orange, wenn sich das Licht des Sonnenuntergangs darin spiegelte. Dann ging die Sonne unter und das Zeichen blieb als mattes, unbewegliches Rechteck vor dem Himmel zurück, die Scheinwerfer der Autos unten wurden angestellt und die

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