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Bilder Aus Dem Berliner Leben

Titel: Bilder Aus Dem Berliner Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julius Rodenberg
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Königlichen Residenzstädte Berlin und Potsdam« ist heute noch unentbehrlich für jeden, der sich ein Bild unserer Stadt vor hundert Jahren machen will – ein trockenes, nüchternes Buch, aber eins, das ich in seinen zwei Lederbänden mit der verblaßten Goldpressung nicht missen möchte.
    Die Schriftstellerei Nicolais ist nicht die Hauptsache, weder für ihn, noch' darf sie's für uns sein, wenn wir ihnrichtig beurteilen wollen. »Sooft ich auch über mein literarisches Leben nachgedacht habe«, sagt er, »fand ich doch immer, daß mich Ambition, Sucht zu glänzen, oder gar die Einbildung, bei der Nachwelt Ruhm zu haben, nie im geringsten trieb.« Nichts lag ihm ferner als Eitelkeit. Man muß wohl Respekt vor diesem schlichten, einfach bürgerlichen Manne bekommen, welcher, der häufige Tischgenoß der damaligen Staatsminister Hertzberg, Zedlitz, Schrötter etc., jede Auszeichnung, die man ihm anbot, standhaft ablehnte, der selbst von dem Doktortitel, den ihm die philosophische Fakultät zu Helmstedt verliehen, niemals Gebrauch gemacht hat und, wiewohl Mitglied der Akademie der Wissenschaften, dennoch nichts anderes war und sein wollte als der Verlagsbuchhändler Friedrich Nicolai .
    Eines Buchhändlers Sohn, war auch er zum Buchhandel bestimmt. Die Handlung stammte vom Großvater mütterlicherseits, Gottfried Zimmermann, Bürgermeister zu Wittenberg, der 1703 eine Filiale seines Geschäfts in Berlin etabliert hatte und dieselbe seinem bisherigen Gehilfen Christoph Gottlieb Nicolai abtrat, als dieser 1713 sein Schwiegersohn geworden war. Letzterer siedelte nunmehr nach Berlin über, und hier, im Herzen unserer Stadt, in der Poststraße Nr. 4, dem alten Kurfürstenhause, ward Friedrich Nicolai, das jüngste seiner Kinder, 1733 geboren. Mit ungenügenden Schulkenntnissen, denn er hatte das Joachimsthalsche Gymnasium zu Berlin und hierauf das Hallesche Waisenhaus nur bis zu seinem vierzehnten Jahre besucht, kam der Knabe nach Frankfurt an der Oder in die Lehre, kehrte 1751 ins Elternhaus zurück und ward 1752, nach dem Tode des Vaters, Teilhaber des Geschäfts. Während seiner Lehrzeit in Frankfurt an der Oder hatte er mit energischer Besiegung unzähliger Schwierigkeiten an seiner Fortbildung gearbeitet. »Ichsparte ziemlich lange das Frühstück (täglich 3 Pfennig) und einige andere kleine Ausgaben, um mir Öl zu einer Lampe zu kaufen, damit ich im Winter in meiner, obwohl kalten Kammer die Morgen und Abende zum Studieren anwenden könnte.« Auf diese Weise las er mit Hilfe von Wörterbüchern und in der Ursprache den Homer, Herodot, Plutarch, Sallust und verschrieb sich aus England ein Exemplar von Miltons Werken im Original. Seine erste Schrift, 1753, war eine »Untersuchung, ob Milton sein verlorenes Paradies aus lateinischen Schriftstellern ausgeschrieben habe« – für den Zwanzigjährigen ein hübscher Anfang, der wenigstens soviel zeigt, daß es ihm an Dreistigkeit nicht fehlte. Seine literarische Neigung wird stärker, er schreibt 1755 »Briefe über den jetzigen Zustand der schönen Wissenschaften in Deutschland«, wird mit Lessing und Mendelssohn bekannt, begründet die »Bibliothek der schönen Wissenschaften« (mit »ungefähr« 1 Taler 16 Groschen Honorarium für den gedruckten Bogen) und benutzt die Auseinandersetzung der Nicolaischen Erben, um sich vom Geschäft zurückzuziehen und ganz der Literatur zu widmen. Jetzt, von 1757 bis 1759, sechs Jahre nach Lessing und ebenso viele vor Mendelssohn, lebt er in dem klassischen Hause Spandauer Straße Nr. 68 zwar »sehr frugal und von einem mäßigen Einkommen« (denn mit 1 Taler 16 Groschen »Honorarium« kann man freilich keine großen Sprünge machen), aber dennoch von seinen Freunden der »Esquire« genannt, »der von seinen Geldern lebt«. Wie muß es ihnen erst ergangen sein, namentlich Lessing, der niemals ein geregeltes Einkommen und immer Schulden hatte! Mittlerweile stirbt Friedrich Nicolais ältester Bruder, und nun übernimmt er selber die Handlung wieder, um sie bis an sein Lebensende, zweiundfünfzig Jahre lang, nicht mehr aus den Händen zu geben.
    Er hat sie zu einer stattlichen Höhe gebracht und ist ein reicher Mann dabei geworden. Der Buchhandel war zu Nicolais Zeit numerisch nicht sehr stark in Berlin vertreten: Es gab fünfzehn Buchhandlungen (zwölf deutsche, drei französische) mit einem Personal von sechzehn Handlungsdienern und fünf Lehrlingen oder »Jungen«, zusammen sechsunddreißig Mann. Das war der ganze Buchhandel von

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