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Bildnis eines Mädchens

Titel: Bildnis eines Mädchens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dörthe Binkert
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ein offenes Lächeln schenkte, fuhr sie fort: »Es ist nicht
     leicht, sich damit abzufinden, dass man mit den Jahren die Jugend durch eine Menge anderer Qualitäten überbieten muss, um
     den Männern noch zu gefallen!«
    James nahm das Stichwort auf, wie sie es erwartet hatte.
    »Aber Kate, was reden Sie da! Sie wissen sehr gut, wie hübsch und jung Sie sind!« Er nahm ihre Hand und deutete einen Handkuss
     an. »Tun Sie nicht so bescheiden. Sie sind es nicht, und das wissen Sie auch.«
    Doch Kate hob das Kinn in die Richtung des Nebentisches. »Nein, wirklich. Ich fühle mich alt neben einem so zauberhaften Mädchen
     wie dem da drüben. Hat sie nicht alles, was Ihr freies Herz erwärmen muss: Anmut, Unverbrauchtheit und genügend Unerfahrenheit,
     dass Sie als Verführer bei ihr glänzen können?«
    James seufzte. »Was soll ich Ihnen noch sagen? Habe ich nicht geduldig auf Sie gewartet nach dem Tennisspielen, bin ich Ihnen
     nicht wie ein Hündchen hierher gefolgt, setze ich mich nicht den argwöhnischen Blicken Ihres Mannes aus, nur um bei Ihnen
     zu sein? Was möchten Sie noch hören, schöne Kate?« Während er das sagte, schaute er, wie sie ihm befohlen hatte, zu den beiden
     Damen hinüber und fand es reizend, dass die Jüngere den Blick senkte, als er sie ansah. Sie war wohlerzogen, sicher, aber
     sie wich seinen Augen nicht nur aus, weil sie gute Manieren hatte. Er hatte ihr gefallen, daran war kein Zweifel.
    »Was ich noch hören möchte?«, fragte Kate schnell, die James beobachtet hatte. »Nun, dass ich unwiderstehlich bin natürlich
     und dass Sie heute Nacht an mich denken werden.«
    James lächelte. »Das würde ich schon tun, wenn ich nicht wüsste, dass Sie neben einem anderen Mann liegen.«
    »Oh, dann lassen Sie mir Blumen schicken«, antwortete sie,ohne zu zögern. »Der Duft wird mich an Sie denken lassen, ob ich will oder nicht! Wir werden auf die unschuldigste Art zusammensein!«
    Bei diesen Worten wurde ihm heiß, weil er sich mit ihr überhaupt nichts Unschuldiges vorstellen konnte.
    »Versprechen Sie mir, heute Nacht nur an mich zu denken, ja?«, beharrte Kate, »und nicht an das hübsche Mädchen dort drüben,
     das Sie gehörig verwirrt haben.«
    Er lachte und nickte gehorsam mit dem Kopf. Kate erhob sich, und während James sich von ihren Freunden verabschiedete, sah
     er unauffällig zum Nebentisch hinüber, von wo ein verstohlener Blick zurückkam.
    ***
    Sehr geehrter Mr.   Danby,
     
    Signore Giovanni Segantini hat mich gebeten, Ihnen auf Ihren freundlichen Brief vom 12.   Juni 1896 zu antworten. Er ist gerne bereit, Sie zu treffen und ein Gespräch über seine Arbeit mit Ihnen zu führen. Er bittet
     Sie, wenn Ihnen dieser Termin angenehm wäre, am 20.   Juni um 16   Uhr zu einer ersten Begegnung in das Hotel Kursaal Maloja. Signore Segantini spricht nur Italienisch. Sollten Sie einen Dolmetscher
     benötigen, lassen Sie es mich wissen. Ich bin sicher, gegebenenfalls behilflich sein zu können. Wenn Sie mir den Termin bestätigen
     könnten, wäre ich Ihnen sehr dankbar.
     
    Mit vorzüglichen Grüßen
    in Vertretung für Sig. Giovanni Segantini
    Ihr ergebener
    Achille Robustelli
    Stellvertretender Direktor
    Hotel Kursaal Maloja
     
    James Danby besah den Brief von allen Seiten und suchte dann sogleich seinen Freund auf.
    »Eddie, es wird Ernst. Aber nicht jetzt, sondern erst in einer Ewigkeit, nämlich am 20.   Juni. Wollte ich da nicht eigentlich schon längst wieder in London sein?«
    Obwohl dies nur eine rhetorische Frage war, brummte Edward, der auf seinem Bett lag und las: »Ich dachte, du hättest eine
     interessante Frau getroffen und bleibst nun auf unbestimmte Zeit?«
    »Wie auch immer«, fuhr James fort und ließ sich in den geblümten Sessel fallen, »Segantini will mich am 20.   Juni sehen. Im Hotel Kursaal Maloja. Genau dort, wo eine gewisse Dame, die ich häufiger treffe, wohnt. Und du kommst mit.«
    »Ach.« Edward ließ sein Buch sinken.
    »Ja. Weil du als Kunsthistoriker Italienisch kannst. Segantini spricht nur Italienisch, wie ich der Antwort entnommen habe,
     die er einen Menschen vom Hotel Kursaal hat verfassen lassen. Und du wolltest Segantini doch auch gern kennenlernen.«
    Edward setzte sich auf und klappte das Buch zu.
    »Ich kann einigermaßen Italienisch lesen, aber nicht sprechen.«
    »Du wirst es schon können. Mach mir keine Schande. Übrigens, Edward, du vernachlässigst mich.«
    Edward sah seinen Freund amüsiert an. »Ich dachte, wir sind

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