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Bildnis eines Mädchens

Titel: Bildnis eines Mädchens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dörthe Binkert
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Zärtlichkeiten zu stehlen. Aber die Sache war nicht ganz unheikel. Das Pflänzchen musste
     zwar gedüngt werden – er blieb gar zu dezent in seiner Werbung   –, sie durfte sich aber auch nicht zu offenherzig anbieten, denn das hätte ihr einen lockeren Anstrich gegeben und ihre Chancen
     auf einen gesellschaftlichen Aufstieg an seiner Seite vielleicht vernichtet.Aber die Zeit drängte. Im Winter würde er nach Italien gehen, und wer weiß, wen er dort kennenlernte.
    »Das Hotel schließt über den Winter, und ich werde die Wintermonate wohl in Bergamo verbringen. Was wirst du tun? Möchtest
     du, dass ich dir helfe, eine Stelle in St. Moritz zu finden für die Wintersaison?«
    Genau. Da waren sie schon an dem gefährlichen Punkt.
    Andrina ging wortlos zur Tür des Büros, drehte den Schlüssel im Schloss, kam zurück und setzte sich auf Achilles Schoß. Er
     war jung und bei bester Gesundheit, und Andrina spürte, dass sein Begehren ihn heiß durchfuhr. Sie rutschte etwas höher seinen
     Oberschenkel hinauf und legte zärtlich die Arme um seinen Hals.
    »Ich weiß, dass du das für mich tun würdest. Und natürlich will ich im nächsten Sommer wieder hier arbeiten. Bei dir, an deiner
     Seite. Aber Achille, wenn du nach Bergamo gehst, heißt das, wir sehen uns monatelang nicht!« Ihre runden Brüste waren so nahe,
     dass sein Atem etwas ins Stocken geriet und die Hitze in seinem Körper anstieg. »Und du meinst, ich könnte das einfach so
     aushalten?«, flüsterte sie dicht an seinem Ohr.
    Er hielt ganz still, entzückt von ihrer Nähe, ergriffen von Begierde, peinlich berührt von der Offensichtlichkeit seiner Erregung.
    »Hast du gehört?«, flüsterte sie und berührte jetzt mit ihren Lippen sein Ohr, streifte mit ihrem Kirschmund seine Wangen.
    »Aber ja«, murmelte er und sah die verführerische Andrina mit den kastanienbraunen Augen im Bett liegen und auf ihn warten,
     sobald er ihr erst einen Antrag gemacht und seine Mutter vom Ernst der Lage in Kenntnis gesetzt haben würde. Er richtete sich
     gerade auf und drückte sie sanft ein wenig von sich weg.
    »In ein paar Tagen, ich habe dir noch nichts davon gesagt, kommt meine Mutter zu Besuch. Nicht gerade der günstigste Zeitpunkt
     vor Abschluss der Saison und dem großen Ball   … Aber vielleicht kommt der Besuch doch zur rechten Zeit. Ich möchte dich gern meiner Mutter vorstellen. Vielleicht könntest
     du mich dann in Bergamo besuchen   …«
    Andrina strahlte. »Das willst du tun?« Sie küsste Achille ehrlich begeistert auf den Mund und umarmte ihn, als wolle sie ihn
     eher erwürgen als heiraten. Er lächelte, halb glücklich über seine Entscheidung, halb im Zweifel.
    »Und dann sind wir verlobt«, rief sie. »Und du kaufst mir einen richtigen Verlobungsring mit einem Diamanten.«
    Achille lächelte. »Das ist dir wohl am wichtigsten. Aber wenn es so weit ist, sollst du ihn haben.«
    »Dann brauchst du mir für den Winter keine Stelle zu beschaffen«, sagte sie entschieden und drehte verspielt an seinem Ring.
     »Und wenn du mich rufst, komme ich nach Bergamo. Wie der Wind.«
    Achille war erleichtert. Dieser Teil seiner Gefühle, alle seine Gefühle hatten zu lange brachgelegen. Sie waren alle vorhanden,
     ja, er fühlte, dass gerade die Fülle seiner Gefühle dazu geführt hatte, dass er sie im Laufe der Jahre versteckt und immer
     weniger gezeigt hatte.
    Nicht, dass er in sexuellen Dingen unerfahren gewesen wäre. Er hatte, als er noch beim Militär war, aber auch später noch
     hier und da mit Freunden ein Bordell besucht. Aber er hatte diese Besuche im Grunde nicht genossen und sich immer eine Spur
     fehl am Platz gefühlt, auch wenn er, ein gut aussehender, etwas scheuer und sehr höflicher Offizier, die andern ohne Mühe
     ausstach. Die groben Witze seiner Kameraden, ihren Stallgeruch und ihren im Grunde verächtlichen Umgang mit den Frauen hatte
     er nie teilen wollen.
    Aber jetzt, er spürte es ganz deutlich, war es endlich an derZeit, das Alleinsein aufzugeben. Andrina hatte das erkannt, und er war ihr dankbar dafür. Er hatte Sehnsucht, nachts neben
     einem weiblichen Körper zu liegen, endlich der Lust nachzugeben, dieser Mischung aus Zärtlichkeit und Gier. Die Gefühle hervorströmen
     zu lassen, die im Militär keinen Platz gehabt hatten und auch nicht in seiner Arbeit – diese ganz andere Art der Leidenschaft
     und Zärtlichkeit.
    Plötzlich sah er Nika vor sich, wie sie gestern vor Segantini gestanden, ihn angesehen hatte,

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