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Bildnis eines Mädchens

Titel: Bildnis eines Mädchens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dörthe Binkert
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kommen nicht alle Frauen dazu, sonst   …«
    Er öffnete ihren Mantel und umfasste ihre Taille. »Sonst was?«
    »Sonst wäre ich eifersüchtig   …«
    »Du dummes Mädchen«, sagte er. »Meinst du, ich habe so lange damit gewartet, mich wieder zu verlieben, um dann gleich nach
     der Nächsten zu schauen?«
    Sie zog ihn an der Hand zum Ufer des Sees und warf einen Kieselstein in das golden funkelnde Netz, das die Sonne auf das Wasser
     zeichnete.
    »Wieder zu verlieben?«, fragte sie.
    »Ja«, antwortete er, »ja. Natürlich war ich schon mal verliebt. Ich bin doch kein kleiner Junge mehr, sondern ein erwachsener
     Mann. Ich habe viele Frauen kennengelernt, und eine habe ich sehr geliebt.«
    Mathilde sah ihn ungläubig aus ihren blauen Augen an, als ob es ganz und gar unmöglich sei, dass er je   …
    »Sehr geliebt?«, murmelte sie erschüttert, »sehr?«
    Edward lachte laut auf. »Ja, sehr.«
    Mathilde verstummte. Mein Gott, sie wusste gar nichts über ihn. Sie hatte es immer für selbstverständlich genommen, dass er
     sich um sie kümmerte, aber über sein Leben hatte sie ihn nie ausgefragt. Es war ihr so vorgekommen, als hätte er keines, keines
     außer den Interessen, die er mit ihr teilte, und seiner Freundschaft zu James.
    »Ah«, sagte sie, enttäuscht und beschämt zugleich. »Wo ist sie jetzt? Ist sie gestorben?« Das wäre ihr ganz eindeutig am liebsten
     gewesen.
    »Nein. Sie lebt munter und vergnügt. Sie ist verheiratet. Aber verlobt war sie eigentlich mit mir.«
    Mathilde seufzte.
    »So wie ich verlobt bin mit Adrian   …« Sie sah ratlos zum anderen Ufer des Sees hinüber.
    »So wie du verlobt bist mit Adrian«, sagte er langsam. »Ich bin lange nicht über die Trennung hinweggekommen. Frag James.
     Jahre. Es hat Jahre gedauert. Und doch bin ich jetzt glücklich, vielleicht glücklicher, dich gefunden zu haben, als wenn ich
     diese Erfahrung nicht gemacht hätte.«
    Er lehnte sich mit dem Rücken gegen einen Baumstamm. »Wie anders die Dinge enden können. Ganz anders, als wir es uns ausmalen.«
    Mathilde machte ein unglückliches Gesicht. Die Großartigkeit des Kusses hatte etwas gelitten angesichts der Tatsache, dass
     er schon eine andere Frau geküsst hatte. So geküsst hatte. Jedenfalls war es anzunehmen, dass er sie auf ganz ähnliche Weise
     geküsst hatte.
    »Mathilde?«, sagte er sanft, »Mathilde. Du wirst doch nicht auf die Vergangenheit eifersüchtig sein? Es ist vorbei, weißt
     du. Aber es ist ein Teil meiner Geschichte, Emily ist ein Teil meines Lebens. Ich kann diesen Abschnitt nicht herausschneiden.
     Ich wäre nicht der, der dir gefällt, wenn ich nicht ebenmeine Geschichte hätte. Und«, fuhr er fort und nahm sie dabei in die Arme, »auch du bist immerhin nicht nur mit einem Mann
     verlobt   …«
    »Ich hab Adrian nie   …«, wollte sie ihm widersprechen, aber er ließ sie nicht ausreden.
    »Du hast dich Hals über Kopf in meinen besten Freund verliebt.«
    Sie nickte betreten. Dagegen konnte sie nichts sagen. Im Gegenteil, es gab da einen ganz dunklen Punkt, den sie nicht Adrian,
     aber ihm, Edward, beichten musste. Irgendwann.
    »Geht es dir gut?«, fragte Edward und strich ihr ein paar helle Löckchen aus dem Gesicht.
    »Ja, ja. Es ist nur   … es ist da   …«, sie ließ die Stimme mutlos sinken.
    »Vielleicht muss ich nicht wissen, was da war?«, bot er großzügig an.
    Sie warf ihm einen dankbaren Blick zu, dann zog sie die Stirn in Falten und sagte: »Doch. Du musst es wissen. Ich habe etwas
     Schreckliches getan. Du wirst mich nicht mehr lieben, wenn du es weißt.«
    »Doch«, antwortete Edward.
    »Aber du weißt ja gar nicht, was geschehen ist«, sagte Mathilde, überzeugt, dass sie nach ihrem Geständnis nie wieder so von
     ihm geküsst werden würde, wie er sie eben geküsst hatte. »Er hat mich ausgezogen«, sagte sie leise, ohne Edward anzusehen.
     »Er hat mich fast ganz nackt gesehen.« Sie sah ihm ängstlich forschend in die Augen. Aber sein Gesichtsausdruck war unverändert.
     »Edward, er hat mich berührt und angesehen. Und er   … er hat mich fotografiert. Verstehst du, er kann mein Leben ruinieren, er hat eine Fotografie von mir, wie ich   …nun, wie ich fast nackt bin.«
    »Es ist gut. Es ist ja gut, Mathilde   …« Edward drückte sie an sich. »James hat es mir erzählt.«
    »Was? Wie konnte er dir das erzählen?«, rief Mathilde empört. »Wie konnte er das tun!«
    Edward hielt sie mit ausgestreckten Armen von sich weg und sah sie

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