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Billard Um Halb Zehn: Roman

Billard Um Halb Zehn: Roman

Titel: Billard Um Halb Zehn: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Böll
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Herr, Herr!; nur keine Privilegien, keine Extravaganzen; Feldwebel bei den Pionieren, Dr. Robert Fähmel, mathematisch begabt; Erbsensuppe essen, während die Nachbarn aus dem Radioapparat das Sakrament des Büffels empfingen; Urlaub bis zum Wecken; mit der ersten Straßenbahn in die Kaserne zurück, Ediths Kuß an der Tür, und das merkwürdige Gefühl, sie wieder einmal geschändet zu haben, die kleine Blonde da im roten Morgenrock; Joseph an der Hand, Ruth im Kinderwagen; keine politische Betätigung; hatte er sich je politisch betätigt? Amnestiert war die Jugendtorheit, verziehen; einer der begabtesten Offiziersanwärter; vom Stumpfsinn fasziniert, weil er Formelhaftes enthielt; säte Staub und Trümmer, paukte Sprengformeln in Hirne. ›Keine Post von Alfred?‹ - Er wußte nie, wen sie meinte, vergaß, daß auch sie Schrella geheißen hatte. Zeit an Beförderungen ablesbar: ein halbes Jahr: Gefreiter; ein halbes Jahr: Unteroffizier; ein halbes Jahr: Feldwebel, und noch ein halbes Jahr: Leutnant; dann zog die stumpfe graue, völlig freudlose Masse zum Bahnhof hinaus:
    keine Blumen, kein Lachen am Wegesrand, kein Kaiserlächeln über ihnen, nicht der Übermut zu lange angestauten Friedens; gereizte Masse, und doch dumpf ergeben; verlassen die Puppenstube, in der sie Ehe gespielt hatten, und am Bahnhof den Schwur erneuert, nie vom Sakrament des Büffels zu kosten.
    War es die feuchte Bettwäsche, oder die Feuchtigkeit der Mauern, die ihn frieren machte? Er durfte die Station verlassen, auf die sie ihn postiert hatte. Stichworte: Edith, Joseph. Er trat seine Zigarette am Boden aus, ging die Treppe wieder hinunter, drückte zögernd die Klinke herunter, sah seine Mutter am Telefon stehen; sie winkte ihm lächelnd Schweigen zu, während sie in den Hörer hinein sagte: »Ich bin ja so froh, Herr Pastor, daß Sie die beiden am Sonntag trauen können; wir haben die Papiere beisammen, die standesamtliche Trauung findet morgen statt.« Hörte er wirklich die Pfarrerstimme antworten, oder war es nur im Traum: »Ja, liebe Frau Fähmel, ich bin ja so froh, wenn dieses Ärgernis endlich beseitigt wird.«
    Edith trug kein weißes Kleid, weigerte sich, Joseph zu Hause zu lassen, hielt ihn auf dem Arm, während der Pfarrer die beiden Jas forderte, die Orgel spielte; und er trug nicht Schwarz; überflüssig, sich umzuziehen; weg; kein Sekt; Vater haßte Sekt, und der Vater der Braut, den er nur einmal gesehen hatte, spurlos verschwunden, vom Schwager noch kein Lebenszeichen; gesucht wegen Mordversuchs, obwohl er das Pulverpaket verachtet, den Anschlag hatte verhindern wollen.
    Sie hängte den Hörer ein, kam auf ihn zu, legte ihm die Hände auf die Schultern, fragte: »Ist er nicht süß, dein kleiner Junge? Du mußt ihn sofort nach der Hochzeit adoptieren, und ich habe mein Testament zu seinen Gunsten gemacht. Hier, nimm noch Tee; in Holland trinken sie doch guten Tee; hab keine Angst: Edith wird eine gute Frau sein, du wirst rasch dein Examen machen; ich werde euch eine Wohnung einrichten, und vergiß nicht, heimlich zu lächeln, wenn du zum Militär mußt; halte dich still und denk daran: in einer Welt, in der Handbewegungen
    das Leben kosten können, kommt es auf solche Gefühle nicht mehr an; ich werde euch eine Wohnung einrichten; Vater wird sich freuen; er ist nach Sankt Anton hinausgefahren - als ob er dort Trost finden würde. Es zittern die morschen Knochen, mein Junge - sie haben Vaters heimliches Lachen getötet, die Feder ist gesprungen: für diesen Druck war sie nicht geschaffen; da nützt dir das hübsche Wort Tyrannen nichts mehr; Vater hält es nicht aus, im Atelier drüben zu hocken, und Ottos Hülle flößt ihm Schrecken ein; du solltest versuchen, dich mit Otto zu versöhnen, bitte, versuche doch; bitte, geh.«
    Versöhnungsversuche mit Otto; er hatte schon viele vollzogen, war Treppen hinaufgestiegen, hatte an Zimmertüren geklopft; dieser untersetzte Junge da war ihm nicht einmal fremd, die Augen blickten ihn nicht einmal wie einen Fremden an; hinter dieser breiten, blassen Stirn war die Macht in ihrer einfachsten Formel wirksam, war Macht über furchtsame Schulkameraden, über Passanten, die die Fahne nicht grüßten; Macht, die rührend hätte sein können, wäre sie nur in Vorstadtsporthallen wirksam geworden, oder an Straßenecken, hätte es sich um drei Mark für einen gewonnenen Boxkampf oder um buntgekleidete Mädchen gehandelt, die der Sieger ins Kino führen, in Hauseingängen küssen durfte; aber

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