Bille und Zottel 02 - Zwei unzertrennliche Freunde
ihm vorbei ins Haus, und Herr Lohmeier folgte ihr wie ein Hündchen. Die Jungen lachten glucksend in sich hinein. Fünf Minuten später stand Herr Lohmeier im schwarzen Rock mit Sonntagshut wieder vor der Tür. Sogar die Krawatte hatte Bettina ihm gebunden.
„Und was ist nun mit unserem Auftrag?“ fragte Bille mahnend.
„Ach so, natürlich, das hätte ich beinah vergessen!“ Herrn Lohmeiers Blick ruhte immer noch voller Wohlwollen auf Bettina. „Ich hatte heute morgen einen Anruf vom Holzhändler in Wedenbruck . Der Sturm hat sein ganzes Lager durcheinandergeworfen, und er hat keine Leute, um wieder Ordnung zu schaffen. Aber das wird wohl nichts für euch sein.“
„Warum nicht? Wir sind schon unterwegs! Danke, Herr Lohmeier !“
Als sie zu den Pferden zurückliefen, bog Helga auf ihrem Fahrrad um die Ecke, um sich der Hilfstruppe anzuschließen. Und da Bettina weiter auf Zottel reiten wollte, entschloß sich Bille, ebenfalls ihr Fahrrad zu nehmen und vor der Reitergruppe herzufahren.
Der Holzhändler war höchst überrascht, als die eigenartige Karawane in seinen Hof einbog. Bille erklärte den Grund ihres Kommens.
„Was wollt ihr denn verdienen?“ Der Holzhändler schaute
zweifelnd von einem zum anderen.
„Ich mache Ihnen einen Vorschlag: Sie sehen sich nachher an, was wir geschafft und wie wir gearbeitet haben, und setzen den Preis danach selber fest. Einverstanden?“
„Na schön. Dann kommt mal mit.“
Auf dem Lagerhof sah es wirklich böse aus. Bretter und Latten aller Größen waren von ihren Stapeln gerissen und durcheinandergewirbelt worden, viele waren dabei zersplittert.
„Also — die Bretter wieder nach Sorten ordnen und auf ihre Stapel schichten. Und das kaputte Holz auf einen Extrahaufen, richtig?“
„Richtig. Habt ihr Arbeitshandschuhe? Drinnen im Schuppen liegen noch zwei Paar. Die Pferde könnt ihr auf die Koppel hinter dem Hof bringen.“
Der Holzhändler ging, und die freiwillige Hilfstruppe machte sich an die Arbeit. Bald hallte der Hof von ihrem Geschrei und Gelächter wider. Die Mädchen sortierten Bretter, Latten und Stangen, die Jungen schichteten sie auf. Es machte Spaß, sich in der klaren Herbstluft so richtig auszutoben, den frischen Holzgeruch in der Nase.
„Ich wußte gar nicht, daß Karlchen noch einen Opa hatte“, sagte Helga in einer Verschnaufpause.
„Den haben sie auch meistens verschwiegen“, erklärte Bille lachend. „Das war ein gewaltiges Schlitzohr. Zehn bis zwanzig Flaschen Bier am Tag und ein Lügenmaul, daß sich die Balken bogen. Er hat die verrücktesten Sachen gemacht. Wenn du hier in Wedenbruck wohntest, hättest du sicher schon von seinen Geschichten gehört. Er galt als Dickschädel und Geizkragen und hatte sich zuletzt mit allen in der Wolle. Trotzdem mochte ich ihn gern — er war so lustig.“
Florian hatte einen verhängnisvollen Fehler gemacht .. Er hatte nicht bemerkt, daß die Koppel, auf die er die Pferde brachte, einen zweiten Eingang hatte. Die Peershofer Pferde nahmen das nicht weiter zur Kenntnis, sie wandten sich ohne Umstände dem Gras zu und genossen die letzten Sonnenstrahlen.
Zottels Neugier hingegen war der Fluchtweg nicht entgangen. Wenn er eines liebte, dann waren es ungestörte Spaziergänge, und so hielt er sich auf der Koppel nicht länger als nötig auf. Er trabte ein wenig durch die Felder, näherte sich den Obstgärten und reckte den Hals nach vergessenen Äpfeln in den Bäumen, schnupperte, ob es nicht sonst noch etwas Eßbares gab und genoß den Nachmittag auf seine Weise. Straßen und Wege waren leer, das Dorf schien wie ausgestorben.
Plötzlich spitzte Zottel die Ohren. Musik! Magisch angezogen trabte er näher. Die Musik kam hinter einer Mauer hervor. Die Pforte stand weit offen. Zottel erwartete, ein Zirkuszelt dahinter zu finden. Statt dessen landete er vor einem hohen, steinernen Gebäude. Eine kleine Tür führte in einen engen Raum. Zottel trat neugierig näher und schnupperte. In dem Raum hingen schwarze Gewänder, Kerzen, Kelche und Bücher lagen auf dem Tisch — und weit und breit nichts Nahrhaftes.
Wieder setzte die Musik ein, sie klang anders als im Zirkus, aber immerhin. Menschen sangen dazu, das interessierte Zottel, er drängte sich an dem Kleiderständer vorbei zur nächsten Tür. Eines der schwarzen Gewänder fiel herunter, blieb an seinem Sattel hängen und legte sich wie eine Decke über ihn.
Die Tür, die in den Raum führte, aus dem die Musik kam, war noch kleiner. Zottel schritt
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