Bille und Zottel 02 - Zwei unzertrennliche Freunde
„Übrigens merkwürdig: Die Erde war aufgewühlt von Hufen und Stiefelspuren. War einer von euch gestern dort?“ Er sah seine Söhne an.
„Ich war vor ein paar Tagen mit Bettina und Zottel dort“, sagte Bille schnell, „bei einem Spaziergang.“ Bille sah, daß Herr Henrich etwas einwenden wollte und versuchte, schnell vom Thema abzulenken. „Sicher werden doch jetzt Helfer für die Aufräumungsarbeiten gesucht — das viele heruntergeschlagene Holz einsammeln, Dachziegel wegräumen und so —, sollten wir uns da nicht als Freiwillige melden?“
„Prima Idee!“ pflichtete Bettina ihr bei. Frau Henrich schaute überrascht auf diese ungewohnte Temperamentsäußerung.
„Wie ist es mit euch, Jungen — kommt ihr mit? Karlchen und Helga machen sicher auch mit, dann wären wir eine ganze
Truppe.“ Bille schaute Florian an.
„Klar mach ich mit!“
„Ich auch. Wenn sogar Bettina hilft“, sagte Simon.
„Na, wenn ihr alle geht — meinetwegen. Okay“, brummte Daniel.
Zu viert ritten sie in den Hof von Groß- Willmsdorf ein. Bettina — auf Zottel — hatten sie in die Mitte genommen. Bille war von der Schule aus gleich mit dem Bus nach Hause gefahren und war gerade dabei, die versäumte Stallarbeit nachzuholen.
„Nicht schlecht, euer Auftritt! Ich komme mir vor wie im Kino — Abteilung Wilder Westen“, rief Bille den Freunden entgegen.
„Haben wir auch lang geübt“, sagte Daniel lässig. „Was sagst du zu unserer kleinen Schwester? Sieht sie nicht süß aus?“
„Ich staune! Winnetous Tochter persönlich!“ Bille half der Freundin aus dem Sattel. Bettina trug einen bunten Norwegerpulli, der Florian zu klein geworden war, und hatte ihre dunkle Mähne zu zwei kleinen Zöpfen geflochten. Sie war kaum wiederzuerkennen.
„Bist du fertig? Wo sollen wir anfangen?“ drängte Daniel. „Moment. Ich muß nur noch mein Putzzeug wegräumen. Schaut euch inzwischen die Pferde an.“
„Ist der große Meister nicht da?“ fragte Simon.
„Der große Meister ist verreist, er will ein neues Pferd kaufen. Aber selbst wenn er da wäre, dürftet ihr euch die Pferde ansehen.“
„Klar doch.“ Simon ärgerte sich, daß Bille ihm seinen Respekt vor Herrn Tiedjen angemerkt hatte.
„Da im linken Flügel sind unsere Mütter mit ihren Fohlen. Donau mit ihrem Stutfohlen Donata. Iris, die Rappstute daneben, mit ihrem Sohn Irrlicht. Santa Monica mit San Franzisko , sie ist die Älteste. Und Jacaranda mit Jasmin — bei der mußt du aufpassen, sie ist ein kleines Luder und schnappt nach allem, was sie erreichen kann. Dies hier ist übrigens mein Liebling, Troja, ich reite sie im Unterricht. Daneben steht Lohengrin und auf der anderen Seite Feodora, zur Zeit Herrn Tiedjens bestes Springpferd, ihr kennt sie sicher aus dem Fernsehen, genauso wie Nathan und Sinfonie.“
„Die immer so Zicken macht.’’"
„Ja. Sie ist sehr schnell, aber auch schwer zu halten.“
Die Jungen schritten, begleitet von Bettina, andächtig von einem Pferd zum anderen, studierten die Ahnentafeln und die Preise, die sie gewonnen hatten und unterhielten sich fachmännisch über ihren Körperbau. Bille legte inzwischen schnell noch die Stallgasse aus.
„Fertig! Kommt, wir müssen zum Verwalter Herrn Lohmeier rüber, er wird uns sagen, was wir tun sollen.“
Nach mehrmaligem Klingeln erschien Herr Lohmeier mit hochrotem Gesicht in der Tür.
„Ja, was ist denn?“ fragte er gequält. Er trug ein schneeweißes Hemd, eine schwarze Krawatte baumelte ihm wie ein Strick um den Hals. Zwischen spitzen Fingern hielt er einen abgerissenen Kragenknopf, den er wie ein giftiges Insekt angeekelt betrachtete.
„Oh, wir wollten Sie nicht stören, Herr Lohmeier “, sagte Bille entschuldigend. „Aber Sie haben mir doch gesagt, Sie hätten Arbeit für uns. Ich sollte in einer Stunde wiederkommen.“
„Wie? Ja —ach so, ja, zu dumm! Ich bin nämlich furchtbar in Eile, meine Frau ist nicht da, und ich muß auf diese Beerdigung.“
„Beerdigung?“
„Nun ja, von Opa Brodersen, sie ist um drei Uhr. Ich komme zu spät“, jammerte er.
„Ach, darum war Karlchen heute nicht da. Natürlich, das hatte ich ganz vergesssen “, sagte Bille kopfschüttelnd.
Bettina schob die Freundin zur Seite und trat vor. „Kann ich Ihnen helfen, Herr Lohmeier ?“ fragte sie mit engelhaftem Augenaufschlag. Herr Lohmeier starrte sie unsicher an. „Kommen Sie, in einer Minute ist der Knopf wieder dran, zeigen Sie mir, wo ich Nähzeug finde.“
Bettina ging an
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