Bille und Zottel 06 - Gefahr auf der Pferdekoppel
Troja starten.
Tagelang trainierte sie nun schon mit der schönen Fuchsstute, und es war ein Vergnügen zu sehen, wie Pferd und Reiterin immer mehr zu einer Einheit wurden. Troja und ich sind füreinander geschaffen, behauptete Bille. Aber wenn sie ehrlich war, mußte sie zugeben, daß Troja ganz einfach ein hervorragendes Pferd war, man konnte gar nicht anders als gut sein, wenn man sie ritt.
Am Donnerstag abend hielten sie mit Herrn Tiedjen eine Art Generalprobe ab. Jede Art von Hindernis wurde noch einmal genau durchgesprochen, die Fehler und Schwächen jedes einzelnen noch einmal korrigiert.
Bille ging als letzte über den Parcours, den Herr Tiedjen für seine Schüler aufgebaut hatte. Troja flog über die Hindernisse, als hätte sie Flügel. Wenn sie in den nächsten drei Tagen auch so springt und ich nichts vermaßle, ist uns der Sieg sicher, dachte Bille.
Da geschah es. Einen Augenblick nur war Bille unaufmerksam gewesen, war ein bißchen zu scharf an die Mauer herangeritten. Troja setzte zu einem Steilsprung an, riß die Mauer, stolperte und geriet mit dem rechten Hinterhuf zwischen die herunterfallenden Mauerteile. Und nach drei, vier Galoppsprüngen war es klar: Troja lahmte.
Bille stockte der Atem. Das durfte einfach nicht sein! Nein, sicher war es nur der Schreck, vielleicht hatte die Stute sich weh getan, es würde in ein paar Minuten wieder gut sein.
Aber es wurde nicht gut, im Gegenteil. Bille saß ab und führte Troja eine Weile am Zügel hin und her. Troja folgte ihr zögernd und setzte den verletzten Fuß immer vorsichtiger auf.
„Es hat keinen Sinn, bring sie in den Stall“, sagte Herr Tiedjen. „Ich rufe Dörfler an.“
„Glauben Sie, daß es bis morgen wieder gut ist?“
„Das kann dir nur der Tierarzt beantworten. Aber ich glaube kaum, daß sie in einem Turnier starten kann. Na, warten wir ab, was unser Onkel Doktor sagt.“
Bille hatte das Gefühl, um sie herum müsse alles zusammenbrechen. Sie hatte sich doch so darauf gefreut, auf Troja zu starten! Und nun sollte alles ins Wasser fallen? Sie hatte Mühe, ihre Enttäuschung zu verbergen.
Simon kam zu ihr herüber und legte ihr den Arm um die Schultern.
„Nun mach nicht so ein Gesicht! Du wirst eben auf einem anderen Pferd starten, Herr Tiedjen läßt dich sicher nicht im Stich.“
Doktor Dörflers Diagnose stand schnell fest. Es war zwar nur eine leichte Verstauchung, aber die Stute mußte auf jeden Fall ruhiggehalten werden. An ein Turnier war nicht zu denken.
Bille stand blaß und stumm neben ihrer Lieblingsstute und klopfte ihr den Hals.
War es ihre eigene Schuld gewesen, daß Troja sich den Fuß verstaucht hatte? War sie nicht unaufmerksam gewesen, weil sie mit ihren Gedanken bereits auf dem Turnier war, bei einem großen Sieg?
Ihre Überheblichkeit war auf der Stelle bestraft worden. Trotzdem wäre es Bille lieber gewesen, die Strafe hätte sie selbst getroffen, und nicht die Stute. Wäre sie doch vom Pferd gefallen und hätte sich tüchtig weh getan! Das wäre gerechter gewesen. Und sie hätte trotzdem starten können.
Herr Tiedjen trat zu Bille in die Box und legte ihr beruhigend die Hand auf die Schulter.
„Na komm, daran ist nun auch nichts mehr zu ändern. Du wirst dich damit abfinden müssen, Zottel mit nach Vinfeld zu nehmen.“
„Zottel? Aber der springt doch nicht!“
„Wer sagt, daß er springen soll? Als unentbehrliches Maskottchen für Black Arrow.“
„Ich soll Black Arrow reiten?“
„Warum nicht? Natürlich hast du dich nicht mit ihm auf das Turnier vorbereitet. Aber du hast ihn jetzt oft genug geritten. Im Prinzip lasse ich einen turnier-unerfahrenen Reiter lieber auf einem erfahrenen Pferd starten, und nicht auf einem Neuling wie Black Arrow mit seinem jugendlichen Temperament. Einen Sieg wirst du dir aus dem Kopf schlagen müssen. Aber vielleicht ist das ganz gut so. Wichtig für dich ist allein: dabei zu sein, Erfahrungen zu sammeln. Und für Black Arrow gilt das gleiche. Rauft euch zusammen.“
Bille nickte stumm. Sie liebte den schönen blauschwarzen Wallach über alles. Aber mit ihm auf einem Turnier zu starten war eine andere Sache. Sie fühlte sich seinem eigenwilligen Temperament noch nicht gewachsen. Immerhin — wenn Herr Tiedjen ihr das zutraute — warum sollte sie es nicht versuchen?
So fuhr sie denn am nächsten Tag nicht mit einem, sondern mit zwei Pferden nach Vinfeld: Zottel und Black Arrow. Und sie hoffte inständig, daß Zottels Gegenwart Black Arrow zu
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