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Bille und Zottel 16 - Pusztaferien und Ponybriefe

Bille und Zottel 16 - Pusztaferien und Ponybriefe

Titel: Bille und Zottel 16 - Pusztaferien und Ponybriefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina Caspari
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einer ebenso glutäugigen Schönen zu, die sich ihnen mit einer Mischung aus Bauchladen und Briefträgertasche näherte. Simon warf ihr einen schmachtenden Blick zu.
    „Wollen Sie Geld tauschen?“ fragte das junge Mädchen freundlich reserviert.
    „Wie? Ach so, ja, gute Idee. Wo ist meine Brieftasche, Liebling? Eben war sie noch da, du mußt sie haben!“
    Die junge Ungarin warf Bille einen vieldeutigen Blick zu. Jaja, die Männer. Sind doch alle gleich. Wenn sie uns nicht hätten! Bille reichte dem Mädchen zweihundert Mark und bekam ein Bündel Forint-Scheine und ein paar Münzen. Der Wagen rückte vor, sie kamen an die Reihe. Pässe und Visum wurden geprüft, und schon wurden sie weitergewinkt.
    „Nicht zu fassen“, sagte Bille. „Wir sind wirklich in Ungarn!“

Ankunft im Paradies

    Daß sie in Ungarn waren, merkten sie zunächst an der Straße. Hier gab es etwas, das Bille nur aus Mutschs Kindheitserinnerungen kannte: einen Sommerweg hatte man es früher genannt, einen nicht gepflasterten Streifen neben der Straße, der für die Pferdefuhrwerke vorgesehen war. Und solche Fuhrwerke gab es immer wieder, Bauern, die zur Arbeit auf die Felder unterwegs waren oder ihre offenen Kastenwagen mit Säcken oder Futter beladen hatten. Die Pferde taten Bille leid, denn unzählige Lastwagen bliesen ihnen ihre stinkenden Abgase in die Nase und machten einen Höllenlärm. Doch die gutmütigen Bauernrösser trotteten geduldig ihres Weges, als ginge sie das alles nichts an.
    „Ich denke mir, wir lassen Budapest links liegen und fahren direkt Richtung Debrecen“, sagte Simon. „Großstadt und Kultur haben wir fürs erste genug genossen, was meinst du?“
    „Das wollte ich dir gerade vorschlagen. Ich kann es gar nicht erwarten, in die richtige Puszta zu kommen. Budapest heben wir uns für die Rückfahrt auf.“
    Es wurde eine anstrengende Fahrt. Baufahrzeuge und Lastwagen verhinderten das schnelle Vorwärtskommen, die Straßen waren schmal und in schlechtem Zustand. Zunächst machten sie sich noch auf die Besonderheiten rechts und links ihres Weges aufmerksam, zeigten sich Burgen und alte Kirchen, freuten sich an der abwechslungsreichen Hügellandschaft, die nur dünn besiedelt war und ein wenig an Großvaters Zeiten erinnerte. Die weitgeschwungenen Täler und hinter Bäumen versteckten Höfe luden zum Träumen ein. Nur wenn sie an Städten vorüberkamen, störte der Anblick von lieblos aneinandergereihten grauen Mietskasernen, Betonklötzen, wie es sie überall auf der Welt gab.
    Sie hatten die Hauptstadt Budapest in weitem Bogen umfahren und kamen nun in die große Tiefebene.
    „Weißt du, was Puszta eigentlich bedeutet?“ fragte Bille, die den Reiseführer auf dem Schoß hielt.
    „Keine Ahnung.“
    „Es heißt soviel wie kahl und verlassen. Der Ausdruck stammt aus der Zeit, als die Türken hier ihre Schreckensherrschaft errichteten. Sie ließen die Wälder roden, um sich das Land nutzbar zu machen. Davor gab es hier nämlich weite Sumpfgebiete mit reißenden Flüssen und einer üppigen Vegetation. Als nun die Türken heranrückten, floh die ungarische Landbevölkerung in die Städte, wo sie sich sicherer fühlte. Die Türken hatten das Nachsehen, denn zurück blieben unbebaute Felder und verlassene Dörfer, wo sich nur noch Diebsgesindel herumtrieb. So wurde die Steppenlandschaft die Heimat der Hirten und Fischer. In der Zeit entstanden auch die Tanyas, das sind Einsiedlerhöfe. Einige davon sind noch erhalten geblieben und zu Museen umgewandelt worden.“
    „Die werden wir uns ansehen!“
    „Nach und nach wurde dann die baumlose Steppe kultiviert und gilt heute als die Kornkammer Ungarns. Was du hier um dich herum siehst, werden im Sommer riesige Mais-, Paprika-, Weizen- und Sonnenblumenfelder sein.“
    „Schönen Dank für die Vorlesung, Frau Professor. Aber jetzt habe ich Hunger. Wollen wir Pause machen?“ erkundigte sich Simon.
    „Du sprichst mal wieder meine geheimsten Gedanken aus. Der nächste Gasthof ist unserer!“
    Sie brauchten nicht lange zu suchen. Und daß Ungarn zwar ein armes Land ist, man deshalb aber trotzdem vorzüglich zu essen versteht, wurde ihnen bald darauf demonstriert. Sie bekamen Portionen Pörkölt und Nockerl vorgesetzt, von denen eine Großfamilie satt geworden wäre. Der Wirt, der ein wenig Deutsch sprach, erklärte ihnen, daß Pörkölt das Gericht sei, das man in Deutschland fälschlich als Gulasch bezeichne, während Gulasch eigentlich eine Suppe sei.
    „Egal, wie es heißt,

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