Billigflieger
Spiel setzen würdest?«
Schröders Frage trifft mich wie ein Schlag, und es kommt mir vor, als würden tausend Gedanken auf einmal durch mein Hirn schießen. Vor meinem inneren Auge läuft plötzlich mein ganzes bisheriges Leben ab, und all meine verflossenen Beziehungen ziehen vorüber - bis hin zu Nina und dem schicksalhaften Unfalltag.
Und dann frage ich mich, ob das wirklich sein kann. Ob eine Begegnung in einer einzigen Nacht wirklich eine Beziehung, die immerhin schon fast anderthalb Jahre dauert, ins Wanken bringen kann.
»Ehrliche Antwort?«, frage ich.
»Klar.«
»Ich weiß es nicht, Leute. Ich habe keine Ahnung.«
Die drei wechseln erneut Blicke, nicken dann einmütig und wenden sich wieder mir zu. Schröder nimmt die Rolle des Sprechers ein:
»Okay, Jo. Wir sind deine Freunde. Du bedeutest uns eine ganze Menge. Und wir haben so etwas wie Verantwortung für dich. Darum werden wir dir helfen.«
»Wobei?«
»Natürlich dabei, deine Katie wiederzufinden. Damit du ihr noch einmal in die Augen sehen und Klarheit gewinnen kannst. Denn wir glauben, dass du dir das schuldig bist. Und Nina übrigens auch. Heiraten fällt zwar keinem Mann leicht, aber so halbwegs sollte man von der Sache eben doch überzeugt sein. Und wir haben das Gefühl, dass du es eben nicht bist.«
Ich bin gerührt. Das nenne ich wahre Freunde. »Danke. Das vergesse ich euch nie«, stammle ich - oder irgendetwas, das so ähnlich klingt.
Hacki winkt ab, schnalzt mit der Zunge und sagt: »Außerdem glaube ich, dass es in Wahrheit gar nicht gefährlich ist. Vermutlich wirst du nämlich feststellen, dass du in der Nacht einfach nur zu viel getrunken hast. Und dass Katie in Wirklichkeit eine hässliche, notgeile Sumpfschnepfe aus Oberursel ist, die ihre Geschichte Nacht für Nacht irgendeinem armen Teufel erzählt, nur um sich auf die Art einen kostenlosen Kaffee oder einen schnellen Fick im Morgengrauen zu schnorren.«
»Ist sie nicht.«
»Wir werden es herausfinden. Verlass dich drauf.«
12. Frauen sind Außerirdische
Bevor jetzt Missverständnisse aufkommen, sollte ich vielleicht doch noch ein paar Dinge in Bezug auf Nina und mich erklären. Womöglich denkt ihr, ich sei gar nicht davon überzeugt, dass sie die richtige Frau für mich und den Rest meines Lebens ist. Stimmt aber nicht. Ich bin nämlich davon überzeugt.
Glaube ich jedenfalls.
Meistens.
Zumindest an guten Tagen.
Ich gebe zu, dass Nina in der ersten Zeit nicht unbedingt meine Traumfrau war. Aber mit manchen Frauen ist es schließlich wie mit einem guten Whiskey oder einer feinen Zigarre. Du musst das Genießen erst lernen. Wovon dir am Anfang noch kotzübel wird, wird erst nach und nach eine wahre Wonne.
Und das war mit Nina genauso, vor allem nachdem wir zusammengezogen waren. Diese Erfahrung war für mich nämlich neu. Bis dahin hatte ich immer auf der Stelle Schluss gemacht, sobald eine Frau von einem gemeinsamen Zuhause sprach. Ich fand die Vorstellung einfach grauenhaft. Viel zu intim. Wie sollte ich mich von ihr erholen, wenn sie einfach immer da wäre? Das hält doch kein Mann aus! (Und die Kerle, die sich auf eine gemeinsame Wohnung einlassen, flüchten früher oder später in die innere Emigration: Sie hocken vor der Glotze und tun so, als wenn ihre Frau nicht da wäre. Ist auch nicht besser, oder?)
Eine Ausnahme hat es übrigens vor Nina gegeben, aber das war keine Absicht. Das Mädchen hieß Camilla, genau wie die neue Frau von Prinz Charles, wie sie oft genug betonte. Wir hatten uns in einer Disco kennengelernt, und nicht einmal zwei Wochen später, nachdem wir ein Paar geworden waren, stand sie mit ihren Koffern, Taschen und ein paar Kisten vor meiner Wohnungstür und sagte: »Da bin ich«.
Ich machte die Tür einfach wieder vor ihrer Nase zu. Sie klingelte Sturm, und als ich erneut aufmachte, lächelte sie mich entschuldigend an und meinte: »Mein Vermieter hat mich rausgeschmissen. Ich habe keine Bleibe. Kann ich reinkommen?«
Sie wartete die Antwort nicht ab, sondern schob sich an mir vorbei in die Wohnung. Kurz sah sie sich um, und dann begann sie auch schon damit, mein Wohnzimmer umzudekorieren. Sie nahm meine Sachen aus den Regalen heraus und stellte dafür ihre hin.
»Was machst du da?«, fragte ich.
»Gefällt es dir etwa nicht?«
»Doch schon, aber …«
»Na, siehst du.«
Es ging drei Wochen gut, dann lernte sie glücklicherweise einen anderen Mann kennen. Ich half ihr sogar beim Umziehen, und als wir mit ihrem Plunder vor der
Weitere Kostenlose Bücher