Billigflieger
Nur ich bin mit Jeans und T-Shirt einigermaßen unauffällig gekleidet.
Trotzdem beachtet uns eigentlich niemand. Wir sind halt Touristen. Aus Deutschland. Man erwartet nichts anderes von uns. Wir sind einfach unmöglich von Haus aus. Einzig ein paar weißhaarige Rentner schütteln dezent die Köpfe, als wir an ihnen vorübergehen.
Die Straße mündet auf die Plaça Rei Joan Carles I., wo es typisch spanisch zugeht: laut, hektisch und voller Menschen, die es alle eilig zu haben scheinen, jedenfalls solange ihnen jemand zuschaut.
Auf dem Platz stehen allerlei historische Gebäude, aber vor allem gibt es einen McDonald’s, in dem wir uns ein Mittagessen in Form einiger Big Macs gönnen. Hacki nimmt natürlich das XXL-Menü mit dem Ein-Liter-Becher Cola, der Ein-Zentner-Tüte Pommes und einem Burger, der aus einem vollständigen gegrillten Rindvieh besteht. »Aber satt werde ich davon nicht«, erklärt er schmatzend.
Anschließend stärken wir uns nebenan in einem Straßencafé mit einem Bier und einem Café con leche , wobei Hacki dazu noch ein paar Bocadillos de jamon und ein paar Tortillas verspeist. »Das ist schon besser«, meint er zufrieden. »Dieses Fastfood ist einfach nichts für mich. Es sättigt nicht.«
Um uns herum haben sich fast nur total betrunkene, sonnenverbrannte Touristen aus England niedergelassen, deren schlechte Laune wir verstehen können, weil neben ihnen ihre betrunkenen, sonnenverbrannten Frauen sitzen. Die klügeren von den Typen haben zwischen sich und ihre Begleiterinnen eine englische Tageszeitung gespannt, deren Schlagzeilen wir mitlesen können:
»Deutsche Nazis lästern über unsere schönen Frauen« heißt es da zum Beispiel. Oder: »Prinz Harry wieder im Vollrausch mit Naziuniform erwischt«. Wenigstens sind die Sportmeldungen neutraler: »Schumi gewinnt mit Nazifahrstil in Suzuka«.
»Wisst ihr eigentlich, woran das liegt, dass die Engländer immer so schlecht drauf sind?«, fragt Hacki uns im Flüsterton.
Wir sehen ihn fragend an und machen Vorschläge:
»An ihren Frauen?«
»Oder an ihren ständig besoffenen Prinzen?«
»Oder daran, dass Beckham inzwischen in Amerika ist?«
Hacki schüttelt den Kopf. »Am Essen.«
»Ach. Und was essen die so?«
»Fleisch mit Pfefferminzsauce.«
»Das ist wirklich schrecklich.«
»Finde ich auch. Obwohl, probieren würde ich es schon gerne mal.«
Nach diesem Zwischenstopp steigen wir zur Plaça Mayor hinauf, wo wir uns erst einmal in einem der vielen Straßenlokale mit einem weiteren Bier stärken. Urlaub ist schließlich Urlaub. Der Platz ist ringsum bebaut und hat einen gefliesten Boden. Auch hier tobt das Leben: Souvenirbuden, Schmuckverkäufer, Hütchenspieler und eine ganze Reihe wirklich beeindruckender Artisten und Akrobaten, die mit ihren Kunststückchen die Touristen unterhalten und dafür ihre verdienten Spenden kassieren.
»Aber das Bier ist ungenießbar«, meint Schröder ärgerlich.
»Und die Pizza auch«, fügt Hacki schmatzend hinzu.
Als wir bezahlen möchten, merken wir, dass ungenießbar nicht alles ist. Unbezahlbar kommt auch noch dazu. Aber, wie gesagt, die Umgebung ist wunderschön. Das hat halt seinen Preis. Man sollte es nur wissen.
In der Calle Sant Miquel sehen wir uns eine Kirche an. Davor sind die üblichen Hobbymaler aufgereiht, die ihre Kunden in den unterschiedlichsten Stilrichtungen porträtieren: als Karikatur à la Loriot, kitschig mit Sonnenuntergang im Hintergrund oder auch als Scherenschnitt. Hacki überlegt, sich malen zu lassen, aber wir reden es ihm aus.
»Vergiss es, Hacki. So viel Farbe haben die gar nicht dabei«, sagt Schröder.
»Außerdem machen die keine Tierporträts«, fügt Benni hinzu.
»Und eine Karikatur kann man von dir auch nicht machen«, ergänze ich.
Hacki sieht uns kopfschüttelnd an. »Wozu brauche ich Feinde? Ich habe ja schon Freunde.«
Wir schlendern durch die engen Gassen der Altstadt, sehen uns den Almudaina-Palast an, trinken hier und da ein Bier und kaufen Benni an einem Straßenstand ein T-Shirt mit einer Fledermaus drauf und dem Wort Bettmann . Anschließend besichtigen wir die beeindruckende Kathedrale La Seu. Sie stammt aus dem 13. Jahrhundert und ist berühmt für ihr riesiges Rosettenfenster, das in unendlich vielen Farben schillert.
Wir besuchen sogar das Museum für moderne Kunst, in dem ein paar interessante Bilder von Salvador Dalí und Paul Gauguin hängen. Der Eintritt ist umsonst.
Schröder betrachtet mit schief gelegtem Kopf ein abstraktes
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