Billon, Pierre - Die fünfte Offenbarung.odt
›Kinderportion‹ davon bringen –
und das hieße, so viel wie nur möglich. Und wie wär's denn für ihre kanadische Freundin mit einem ›Holzfällertoast‹?
»Bitte keine Umstände, nein danke! Ein Kognak dagegen … Wo sind denn die Mädchen?«
»Zusammen!«, versicherte Richter MacMillan, an seiner Pfeife nuckelnd.
Dieses eine Wort genügte, um ein herzliches Gelächter auszulö-
sen, denn damit war tatsächlich alles gesagt.
Auf eine Frage Sanguinettis hin resümierte Lydia, was man im Laufe des Tages unternommen hatte. Doch zunächst: Fünf Minuten vor ihrem Weggang war noch eine Nachricht aus Malta einge-490
troffen. Jasmine war es tatsächlich gelungen, sich mit Thierry in Verbindung zu setzen. Sie hatte dafür ein gewaltiges Risiko auf sich genommen. Der Geweihte, den sie im Lagerhaus geblendet hatte, hatte übrigens keinen Gebrauch von dem Benzinkanister gemacht, den sie ihm hingestellt hatte, und von den dazu hingeworfenen Streichhölzern. (Das war wohl eine Fehlentscheidung gewesen, denn Argos hatte ihn nach seiner Vernehmung sofort Janos Carazzo und seinen ›Spezialisten‹ übergeben – zur Verwendung beim nächsten Snuff.) Die Rolle, welche die Frau mit der Hasenscharte bei der Befreiung der beiden Mädchen gespielt hatte, war somit ans Tages-licht gekommen, und seither stand sie auf der Schwarzen Liste der Schwarzen Garde an oberster Stelle. Das gesamte Mirandistennest Gozos war zur Jagd auf sie aufgeboten, um auch an ihr die furchtbare Strafe zu vollziehen.
Dennoch konnte sie noch mit der Hilfe von zwei oder drei Verbündeten im Heiligtum rechnen. Diesen gegenüber hatte sie erfolgreich auf die Karte eines Komplotts von Argos gegen El Guía gesetzt. Mit deren Unterstützung und dank ihrer eigenen vorzüglichen Ortskenntnis war es ihr tatsächlich gelungen, während der Nacht ins Heiligtum zurückzukehren. Sie hatte den falschen Delanoy in seinem Zimmer (wo sie ihm schon einmal eine Nachricht hinterlassen hatte, nachdem sie lange vergeblich auf ihn gewartet hatte) aufgesucht – wobei sie fast geschnappt worden wäre – und hatte dort drei Minuten lang mit ihm reden können.
»Und was jetzt?«, fragte Sanguinetti ungeduldig. »Wird es Ihrem Thierry gelingen, diese Sendung zu verhindern, oder was?«
Lydia warf einen spöttischen Blick zu Kiersten hinüber, um sich zu vergewissern, dass das besitzanzeigende Fürwort ihr nicht entgangen war, und entgegnete:
»Ja, er beschäftigt sich noch damit. Er bittet uns dringend, gegen den Empfang der Übertragung nichts zu unternehmen – absolut nichts! Was er damit im Sinn hat, weiß ich nicht. Aber meine Kol-491
legin hält große Stücke – sehr große Stücke, möchte ich sagen! –
auf die besonderen Fähigkeiten dieses Herrn Bugeaud …«
»Dann erzählen Sie uns doch bitte ein wenig mehr über ihn!«, forderte der alte Fuchs Kiersten auf. »Nur zu unserer Beruhigung.«
Die Kanadierin zögerte. Stand es ihr zu, die Besonderheiten der Maßnahmen Thierrys zu enthüllen? Als sie den Blick ihres Vaters aufmerksam auf sich ruhen sah, betrachtete sie das als Ermutigung.
Sie berichtete also, nicht ohne einen gewissen Stolz, von den ungewöhnlichen Fähigkeiten Pinocchios. Wohlweislich überging sie dabei jedoch die deutliche Zurückhaltung, auf die er bei den Spitzen der GRC damit gestoßen war. Doch Enrico Buglione ließ sich dadurch nicht täuschen.
»Faszinierend!«, sagte er. »In Italien allerdings würde man diesen Bugeaud sofort abknallen!«
»Ein Genie, ohne Zweifel!«, räumte auch Sanguinetti ein. »Allerdings brauchte man in diesem Xaghra eher einen Saboteur.«
»Das hatte ich zunächst auch gedacht«, gab Lydia mit verdrieß-
licher Miene zu. »Aber Jasmine hat noch etwas anderes durchgege-ben: D'Altamiranda hat die Verkündigung dieser Fünften Offenbarung vorsorglich auf Kassette aufnehmen lassen. Für den Fall einer Verhinderung der Direktübertragung, von der Sie ja schon gesprochen haben, sind Kopien davon in alle entsprechenden Länder geschafft worden.«
Priscilla hatte sich während der ganzen Zeit damit begnügt, darum besorgt zu sein, dass die Wünsche der Gäste nach Kaffee oder sonstigen Getränken erfüllt wurden. Dabei hatte sie sich besonders aufmerksam um William MacMillan bemüht, dies aber listig vor allem deshalb, um Enrico Buglione ein wenig eifersüchtig zu machen. Während der gesamten Diskussion hatte sie nicht ein einziges Wort verloren. War sie ihr überhaupt gefolgt? Da konnte man sich nicht so
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