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Billon, Pierre - Die fünfte Offenbarung.odt

Billon, Pierre - Die fünfte Offenbarung.odt

Titel: Billon, Pierre - Die fünfte Offenbarung.odt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die fuenfte Offenbarung
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herein, und die junge Frau schlüpfte wieder auf den Flur hinaus.
    Laurence war wieder allein im Dunkeln, und Zweifel quälten sie.
    Dass Dora sie in ihre Geschichte hineingezogen hatte, schmälerte nicht ihr aufkeimendes Gefühl von Freundschaft dieser Frau gegenüber. Hatte sie nicht schließlich selbst lernen müssen, dass trotz aller Ablehnung von Lüge und Versteckspiel den Unterdrückten oft keine Wahl blieb, als sich in ihrer Verzweiflung der Unwahrheit als letztes Hilfsmittel zu bedienen? Obendrein war es gar nicht entscheidend, ob sie den Mitteilungen der Italienerin in Bezug auf deren angebliche Nichte glaubte, um sich Sorgen um Gabriella zu machen. Schließlich hatte sie selbst schon auf dem Schiff eine unerklärliche Angst um das Kind verspürt. Sie hätte gleich auf diese innere Stimme hören sollen, die sie warnte …
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    9 . KAPITEL
    hierry Bugeaud rief am Nachmittag Kiersten an, um ihr mitzu-Tteilen, dass er eine Lösung für ihr Problem gefunden habe.
    »So schnell? Sie verblüffen mich … Könnten Sie zu mir ins Büro kommen?«
    Das sei ihm leider nicht möglich, er könne sich frühestens gegen Abend frei machen. Außerdem sei es angesichts dessen, was er festgestellt habe, ohnehin besser, man würde sich außerhalb des Amtes treffen.
    »Wenn Sie meinen«, antwortete sie knapp. »Und was schlagen Sie vor?«
    Er könne doch bei ihr vorbeikommen, meinte er, wann immer es ihr passe. Sie zögerte kurz, nannte ihm aber dann ihre Adresse. Er brauchte sie sich nicht zu notieren, er kannte sie schon lange auswendig. Nachdem er aufgelegt hatte, saß er einen Augenblick unbeweglich da, einen Kloß im Hals: Sie wusste Bescheid!
    Er sah dieser baldigen Begegnung mit Bangen entgegen. Die aufwändige Kampagne, die er geführt hatte, um Kierstens Interesse an ihm zu wecken, hatte ihn in schmerzhafte Widersprüchlichkeiten verwickelt. Zunächst hatte er die Initiative ergriffen und dann die Führung übernommen. Dabei hatte er sich von dieser Beziehung 146

    erträumt, dass er der Partner sei, der gehorche. Aber wie hätte er anders handeln sollen? Er war in Versuchung gewesen, ganz ohne Umschweife vorzugehen, aber die Überzeugung, dass er damit wohl scheitern würde, hatte ihn davon abgebracht. Und jetzt, nachdem die Würfel gefallen waren, fürchtete er, entweder zurückgewiesen oder der Lächerlichkeit preisgegeben oder einfach nicht verstanden zu werden. Um an Kiersten heranzukommen, hatte er auf Fantasie und Tändelei gesetzt. Aber würde er jetzt in ihrer Gegenwart die richtigen Worte finden, um sie davon zu überzeugen, dass er es ernst meinte, dass sein Angebot, sich ihr mit Leib und Seele zu wei-hen, weit mehr Bedürfnis als nur Wunsch war? Dass das Unerklärlich-Geheimnisvolle dabei eine weit größere Rolle spielte als sexuelles Verlangen? Nein, darüber mit ihr zu sprechen, musste er sich wohl versagen, das würde sie kaum verstehen. Verstand er es denn überhaupt selbst?
    Kiersten ging Thierry voraus ins Wohnzimmer und lud ihn mit einer Handbewegung ein, auf dem Sofa Platz zu nehmen. Sie selbst setzte sich in einen Sessel mit hoher Lehne ihm gegenüber. Damit überragte sie ihn um Haupteslänge – entsprach das nicht dem, was er sich wünschte? Sie hätte ihm etwas zu trinken anbieten müssen, sagte sich aber mit Genuss: Mit Höflichkeiten lasse ich mir Zeit!
    Jetzt endlich beherrschte sie die Situation! Aber sie fragte sich sogleich, wieso sie eigentlich diesem Burschen da erlaubt habe, sie sozusagen an die Leine zu legen. Sie war wütend auf sich wegen ihrer Unentschlossenheit und Nachgiebigkeit. Doch damit war jetzt Schluss, sie würde ihm zeigen, wo sein Platz war, ohne jede Klein-lichkeit, aber auch ohne übertriebene Zuvorkommenheit. Sie beobachtete ihn und war sich sicher, dass er nicht als Erster das Wort ergreifen würde.
    »Ich bin nach unserem Gespräch zu Van Leuwen gegangen«, be-147

    gann sie schließlich. »Seine Meinung widersprach ganz und gar der Ihrigen. Er betonte, dass es völlig unmöglich sei, einen Sicherungs-code der Stufe fünf zu durchbrechen oder gar E-Mails zu manipu-lieren … Es wirkt nicht so, als ob Sie das erstaune.«
    »Kein bisschen! Es war mir völlig klar, dass er das behaupten wür-de.«
    »Sie sind also schon auf dem Laufenden!«, entgegnete sie mit auf-kommendem Ärger. »Dabei hat er mir versichert, unser Gespräch bliebe…«
    »Van Leuwen hat kein Wort gesagt, beruhigen Sie sich! Der hat überhaupt seit Ewigkeiten kein Wort mehr mit mir gewechselt.

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