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Billon, Pierre - Die fünfte Offenbarung.odt

Billon, Pierre - Die fünfte Offenbarung.odt

Titel: Billon, Pierre - Die fünfte Offenbarung.odt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die fuenfte Offenbarung
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Nehmen wir einfach mal an, dass mich jemand darüber informiert hat, dass Sie bei ihm im Büro waren …«
    »Ich verstehe, diese kleine Rothaarige, Myriam oder Muriel oder so«, sagte sie angewidert. »Und was war, Ihrer Meinung nach, mein Eindruck nach diesem Gespräch?«
    »Es kommt nur ein Einziger in Frage«, antwortete er gelassen. »Zu-nächst einmal, dass der gute Mann eine Flasche ist, weil schließlich Ihr Sicherheitscode ganz entgegen seinen Beteuerungen geknackt wurde. Anschließend haben Sie nochmals über unsere Unterhaltung heute Morgen nachgedacht und daraus den Schluss gezogen, dass jemand, der sich zutraut, Ihren anonymen Verehrer ausfindig zu machen, über ganz besondere Kenntnisse verfügen müsse. Und damit haben Sie mich an die erste Stelle Ihrer Liste von Verdächtigen gesetzt …«
    Fest entschlossen, nichts von ihren Gefühlen nach außen dringen zu lassen, verkniff sich Kiersten eine rasche Entgegnung. Dieser Bugeaud sollte besser auf der Hut sein. Merkte er denn nicht, wie er sich hier in die Nesseln setzte?
    »Wer weiß von Ihrem Spielchen?«, fragte sie, sich aufreckend.
    »Sie und ich, sonst niemand.«
    »Ist das Ihre übliche Masche? Ich meine: Ihre ›Dienste‹ auf die-148

    sem Wege anzubieten, indem Sie anonyme Botschaften verschi-cken?«
    »Es ist das erste Mal.«
    »Das können Sie leicht behaupten! Na gut, lassen wir das … Wie lange schon schwirren Sie in meinem Computer herum?«
    »Fünf Monate und eine Woche.«
    »Welche Genauigkeit! Also haben Sie mir schon lange nachspio-niert, bevor Sie mir Ihre erste Nachricht geschickt haben … Was alles haben Sie mitbekommen?«
    Diesmal ließ die Antwort länger auf sich warten. Ob das nur daran lag, dass Cashew unter dem Sofa hervorgekrochen kam? Sie war eine Siamkatze mit saphirblauen Augen, grazil und hoheitsvoll, die entschieden Abstand gegenüber Fremden hielt. Daher war Kiersten aufs Höchste überrascht, als sie jetzt auf Thierrys Knie sprang und mit gekrümmtem Rücken ein Streicheln von ihm erwartete.
    »Darf ich mich vorher über etwas vergewissern?«, fragte er schließ-
    lich mit unsicherer Stimme. »Als Beweis meiner Unterwerfung bin ich bereit, Ihnen alle meine Gedanken anzuvertrauen, ohne Rücksicht auf die Folgen, die das haben kann. Ist es das, was Sie von mir verlangen?«
    Kiersten fuhr gereizt auf. Diese Auseinandersetzung wollte sie auf eigenem Boden nach ihren Spielregeln führen. Es kam gar nicht in Frage, dass sie sich hier auf eine Dialektik einließ, der sie sich nicht gewachsen fühlte.
    »Vergessen Sie die Unterwerfung und alle großen Sprüche, tun Sie mir den Gefallen! Sagen Sie mir schlichtweg die Wahrheit!«
    »Die absolute Wahrheit?«, murmelte er.
    »Als ob es mehrere gäbe! Einigen wir uns auf ›absolute Wahrheit‹, wenn Ihnen das gut tut. Zunächst einmal: Was wissen Sie über mich? Meine Arbeit und sonst…«
    »Ich weiß alles! Nun gut, fast alles.«
    »Mehr nicht? Was zum Beispiel?«
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    Sie beobachtete ihn, während er um eine Antwort rang. Dabei wurde sie zunächst abgelenkt durch das unerklärliche Verhalten Cashews. Die hatte es sich auf den Knien des Besuchers gemütlich gemacht und drehte sich nun mit gerecktem Hals schnurrend auf den Rücken, damit er sie an der Kehle und der perlgrauen Brust kraulte. Wie war das nur möglich? Bald aber wandte Kiersten ihre Aufmerksamkeit von der verräterischen Schmuserin ab und lauschte dem mit verheerender Prägnanz erstatteten Bericht eines undurchsichtigen Informatikspezialisten, mit dem sie am Morgen dieses Tages das erste persönliche Wort gewechselt hatte …
    Thierry hatte nicht übertrieben. Wie hatte sie nur glauben können, dass er sich darauf beschränken würde, ihr diese Botschaften zu schicken? Mit gesenkten Augen gab er zu, alle ihre Unterlagen, ihre Korrespondenz, ihre persönlichen Notizen gelesen zu haben. Er er-wähnte ihre Untersuchungen wegen der Snuffs, ihre Begegnungen mit Richter MacMillan, den Bericht an Clarkson, der gerade in Arbeit war, und selbst das Testament, das sie vor ihrer Krebstherapie abgefasst hatte.
    Noch während er redete, war sie aufgestanden und ans Fenster getreten. Die Dämmerung ging ins Anthrazitgrau über, am Gebäude gegenüber formten die Lichter ein schimmerndes Mosaik. Dort waren unbekannte Menschen mit irgendwelchen Verrichtungen beschäftigt, deren Sinn für die Betrachterin nicht zu erkennen war.
    Sie war außer sich und fühlte schmerzhaft das Blut in ihren Schlä-
    fen pochen. Thierrys

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