Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Billon, Pierre - Die fünfte Offenbarung.odt

Billon, Pierre - Die fünfte Offenbarung.odt

Titel: Billon, Pierre - Die fünfte Offenbarung.odt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die fuenfte Offenbarung
Vom Netzwerk:
aus dieser Situation herauszukommen … Es hing allein von ihm ab, sie zu finden! Er hatte den Eindruck gewonnen, dass der Oberst nichts wusste über seinen Auftrag in Iskbah und auch nichts über die Absichten von Boudjenah und Abdel Baâ. Sonst hätte er ihn darüber ausgefragt, das stand fest.
    Es sei denn, dass hier der ›gute Grund‹ lag, der ihm das Leben retten konnte
    … auf jeden Fall musste er die Nennung von Namen unterlassen oder 191

    auch nur die Erwähnung der Tatsache, dass ein Friedensplan in Vorbereitung war. Denn der Oberst würde mehr darüber wissen wollen und hatte sicher seine Methoden, um ihn zum Sprechen zu bringen. »Das würde ich dann wohl kaum überleben«, dachte er. Er musste sich zwingen, nicht den Leichnam an seiner Seite anzuschauen, aus dem noch immer das Blut rann.
    Dann fiel die Nacht über das Kloster. Unüberwindbare Panik bemächtigte sich seiner Sinne und seiner Eingeweide. Er konnte sich nicht bewegen, ohne die sich ausbreitende klebrige Pfütze zu berühren. Und doch war dieser rasche Tod seines Zellengenossen nicht zu vergleichen mit den langsamen, überlegten Toden, die anderen in der historischen Kapelle zugefügt wurden.
    Lautsprecher übertrugen die Schreie der Gefolterten in die Zellen der Gefangenen, um diesen einen Vorgeschmack zu vermitteln von dem, was sie erwartete. Die Schergen des ›Zentrums für besondere Befragungen‹ waren überaus stolz auf das, was sie ihre ›geschulte Behandlungstechnik‹ nannten.
    Jean-Louis war in seinem Redeschwall nicht zu bremsen, als man ihn am frühen Morgen in das alte Refektorium brachte. Er wisse, wie man dem Obersten Sheba die Dienste eines Arztes verschaffen könne, und die Person, die er dafür im Auge habe, hätte auch nie ein Hehl gemacht aus ihrer Sympathie für das unterdrückte Volk von Farghestan. Eine Frau mit Herz, obendrein eine äußerst tüchtige Ärztin. Der Oberst müsse mit ihr reden, sie hätte gewiss Verständnis für ihn; seine Kämpfer hätten schließlich den gleichen Anspruch auf medizinische Versorgung wie alle anderen Menschen auch, die Genfer Konvention kenne da keine Unterschiede, nicht wahr? Frau Dr. Descombes würde heute nach Doukha kommen; er kenne ihren Terminplan und ihre Reiseroute; er könne ein Zusammentreffen arrangieren und sicher auch ein freundschaftliches Gespräch; das sei ja fraglos eine humanitäre Aufgabe, und man sei ja schließlich unter zivilisierten Menschen, er verstehe doch, was er damit sagen wolle?
    Muhammad Sheba verstand sehr gut und versicherte, er werde noch im Laufe des Vormittags freigelassen – oder sagen wir doch lieber, gegen Abend, das sei sicher die bessere Zeit, um ein ›Arrangement‹ mit seiner charmanten Kollegin zu treffen. Er setzte mit einem eher schiefen und abfälligen Lächeln 192

    hinzu, das Angebot von Jean-Louis erfahre gewiss die gebührende Würdigung, und man werde ja wohl auch in Zukunft mit seinen Diensten rechnen dürfen. Damit sei ja nun ein Pakt zwischen ihnen besiegelt, nicht wahr?
    Der Herr über Maghrabi täuschte sich nur selten. Er hatte die Gabe, un-trüglich die Grenzen der Widerstandsfähigkeit eines Menschen und seine Schwachstellen zu erkennen und für den Augenblick der Kapitulation vor-herzuahnen, ob der Zusammenbruch des Widerstands nur vorübergehend oder auf Dauer war. Was diesen Fremden mit seinen hellen Augen betraf, hatte er dessen Schwäche sofort erkannt und sie entsprechend ausgenutzt.
    Schon zwei Wochen später nahm Jean-Louis von sich aus Kontakt mit ihm auf. Nun sprach er mit ihm über Said Boudjenah und Abdel Baâ.
    Antoine Becker hatte Jean-Louis angerufen, um ihm zu sagen, dass Laurence noch rechtzeitig in Saint-Brieuc eingetroffen sei, um die letzten Stunden am Sterbebett ihres Vaters zu verbringen; der habe allerdings das Bewusstsein nicht wiedererlangt.
    »Sie macht mir den Eindruck, als ob sie den Schlag gut verwinde
    … Der Urlaub in Malta scheint ihr gut getan zu haben.«
    »Umso besser!«
    »Sie hat mir deine Stellungnahme in der Angelegenheit dieses Videospiels übermittelt. Die Umstände haben es mir jedoch nicht erlaubt, mit ihr näher zu erörtern, was…«
    »Sie wird sicher nach ihrer Rückkehr aus Paris darauf zurückkommen. Vielen Dank für deinen Anruf!«
    Obwohl Laurences überstürzte Abreise seine ursprünglichen Absichten durchkreuzte, war Jean-Louis im Stillen erleichtert über diese Wendung der Dinge. El Guía schien viel von ihr zu halten; aber schätzte er auch ihre geistige

Weitere Kostenlose Bücher