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Billon, Pierre - Die fünfte Offenbarung.odt

Billon, Pierre - Die fünfte Offenbarung.odt

Titel: Billon, Pierre - Die fünfte Offenbarung.odt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die fuenfte Offenbarung
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seien…«
    »Zumal ich mich davon noch vor einer Woche selbst überzeugen konnte«, bestätigte sie. »Er war sehr beeindruckt. Der Herr versteht zu leben, das muss man schon sagen!«
    Die Fotos vom Zusammentreffen Senator Murdstones mit seinem Gast am Vortag lagen noch auf dem Tisch ausgebreitet. Als Kiersten sie zum ersten Mal gesehen hatte, war sie ebenso überrascht gewesen wie Julien: Der ehemalige Kinder-Zuhälter und jetzige Reisende in Snuffs war darauf zu erkennen als untersetzter kleiner Mann mit einem Puppengesicht, sorgfältig rasiert, mit begin-nendem Haarausfall und wie aus dem Ei gepel t. Er trug eine Brille mit feiner Goldfassung, in seinem Knopfloch steckte eine Rosen-knospe. Er hätte als ein Schweizer Bankier durchgehen können, wäre da nicht sein zu angestrengt ehrbarer Blick gewesen. McDer-mott hatte unter schwierigen Bedingungen ganz ausgezeichnete Arbeit geleistet. Man hatte aus gutem Grund Abstand genommen vom Einsatz des präparierten Lieferwagens der GRC, weil man be-fürchten musste, dass dem geschulten Auge dieses Kemal das Täuschungsmanöver nicht entgehen würde. Aus dem gleichen Grund hatte man sich, nachdem man die Begrüßung fotografiert hatte, auf einen Tonmitschnitt ihrer Unterhaltung beschränkt.
    »Irgendetwas macht Ihnen zu schaffen …«
    »Sie werden das gleich verstehen«, versicherte Julien. »Nach all dem, was wir hier in den vergangenen sechs Monaten mitbekommen haben, hatte ich angenommen, inzwischen ein dickeres Fell zu haben. Aber hören Sie selbst…«
    Er schaltete das Tonbandgerät ein.
    206

    Die Stimmen der beiden Männer waren klar zu unterscheiden: Murdstones gelassener, aber fordernder, anmaßender Bariton und Kemals geschmeidiger, bescheidener, nachgiebiger Tenor. Der Kunde beklagte sich über den geforderten Preis; der Verkäufer dagegen beteuerte, er habe ihm doch schon einen Rabatt von fünfzehntausend Dollar eingeräumt, und das seien doch – »wie nennt man das bei Ihnen?« – nun, keine »Peanuts«. Das sei zwar richtig, befand Murdstone, aber sechzigtausend Dollar seien ja nun auch nicht gerade ein Pappenstiel! »Einen solchen Luxus hat sich unser kleiner Gesprächskreis noch nie geleistet!«
    »›Kleiner Gesprächskreis‹ nennt der das!«, empörte sich Kiersten.
    »Ich war mir nie ganz sicher, dass die sich die Kosten teilen, aber dass sich das hier bestätigt, bietet ja doch eine gewisse Befriedigung.«
    »Nur kennen wir leider die übrigen Mitglieder dieser Clique noch nicht. Wenn die sich jetzt treffen, haben wir immerhin die Chance…«
    »Langsam! Lassen Sie mich erst einmal weiterhören …«
    Der Türke warf sich ins Zeug und pries die Qualität seiner Ware.
    Hatte er seinen Kunden jemals etwas Billiges geliefert? Man war doch schließlich unter guten Bekannten, oder etwa nicht? Sein Freundeskreis könne ganz beruhigt sein, etwas Tolleres hätten sie auf diesem Gebiet noch nie zu sehen bekommen. Das sei absolute Spitze, so etwas habe es bisher noch nie gegeben. Die Beschreibung im Katalog sei unvollständig? Nun ja, das seien ja nur Andeutungen, man wolle den Leuten doch nicht vorab die Spannung nehmen … im Übrigen gebe es nur dieses einzige zum Verkauf bestimmte Exemplar davon. Gut, die Originalfassung davon werde an siche-rem Ort aufbewahrt, aber das sei nur für den Fall, dass es zu Komplikationen mit den Hütern der öffentlichen Ordnung komme.
    Der Herr Senator könne also hundertprozentig sicher sein, dass er sein Geld für ein absolutes Unikat ausgebe. Nebenbei gesagt, könne 207

    er, bei der Seltenheit guter Inszenierungen, doch von der Chance für einen Weiterverkauf – sogar zu einem höheren Preis – ausgehen –, abzüglich seiner Provision von fünfzehn Prozent selbstverständlich. Darüber könnten sie sich doch morgen unterhalten, an-lässlich der Regelung seiner Rechnung. Er würde dafür eine Reservierung bei Mamma Teresa veranlassen – die Kosten dafür würde er als kleine Geste dem Herrn Senator gegenüber übernehmen!
    Es war also bei dem Gespräch ganz offensichtlich um ›Die Frau und die Ratten‹ gegangen.
    Man hörte das Zusammenklirren von Gläsern: Die Partner stie-
    ßen auf das abgeschlossene Geschäft an …
    Julien ließ das Band mit höherer Geschwindigkeit ablaufen und behielt dabei den Zähler im Auge.
    »Jetzt!«, sagte er dann. »Der Türke schiebt ihm den Schlüssel zum Schließfach zu. Der Senator ist dann am Abend zum Busbahnhof gegangen und hat das Snuff dort abgeholt. Wir hätten ihn dort

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