Billon, Pierre - Die fünfte Offenbarung.odt
sind zumeist Beamte, Rechtsanwälte, Professoren … Wir haben die Absicht, sie vertraulich über das zu informieren, was wir bisher festgestellt haben …«
»Und auf was wartet ihr noch?«, fragte er, ohne den Blick von der Liste zu heben.
»Unsere Untersuchung läuft noch, und wir möchten vermeiden, dass die Sache zu hohe Wellen schlägt, damit uns die Fische nicht entschlüpfen, ehe wir das Netz zuziehen können. Nun? Glaubst du, dass diese ›Preisträger‹ wirklich ›auserkoren‹ worden sind?«
»Gezielt ausgewählt fraglos. Diese Reise ist nicht der einzige gemeinsame Nenner zwischen Sandrine und der Peres. Ich sehe zumindest einen weiteren …«
»Nämlich?«
»Die Person, die vor dir sitzt. Nachdem die Mirandisten den Großvater wohl kaum einfangen können, legen sie ihre Fallstricke gegen Sandrine aus, um auf dem Wege über sie Druck ausüben zu können. Offenbar habt ihr noch keine Gemeinsamkeiten in Bezug auf die Eltern feststellen können, aber dazu muss man eben eine Generation überspringen …«
Er deutete auf zwei Namen in der Liste, Mathieu Bergeron und Jennifer Finlay. Er kannte die Mutter des Ersteren: Lucie Desautels Bergeron, die Tochter von Lucien Desautels, des obersten Justiz-beamten der Nationalversammlung von Quebec. Die Großmutter väterlicherseits der andern war Samantha Finlay, die bekannte Prä-
sidentin der Handelskammer von Ontario. Kiersten solle sich in 213
diesem Sinne um die anderen Namen kümmern – da würde sie sicher noch manche Überraschung erleben!
»Räumen wir einmal ein, dass diese Fanatiker Sandrine indoktri-nieren könnten. Aber das heißt dann doch noch lange nicht, dass sie wiederum Einfluss auf dich ausüben könnte. Das scheint mir sehr weit hergeholt.«
»Bist du dir da sicher?«, fragte er. »Ich habe mich mit Peter Fea-therstone in Verbindung gesetzt, du kannst dich vielleicht erinnern an seine Sendungen über die Moon-Sekte, über Prediger Jones, über David Koresh und Luc Jouret. Er hat sich beurlauben lassen, um sich ganz seiner großen Dokumentation über die Sekten widmen zu können. Ich wollte von ihm etwas erfahren über diesen Miguel D'Altamiranda …«
Der Journalist hatte ihm von einer großen Reportage über die Universelle Vereinigungskirche berichtet, die er im vergangenen Jahr im Auftrag der bekannten Zeitschrift Ideas & Facts verfasst hatte. Die aber sei niemals veröffentlicht worden, und nur wenige Leute wüssten, dass dies auf Veranlassung von Christ Christopoulos unterblieben sei, des Besitzers der Zeitschrift und Hauptaktionärs der United Press Corporation – einer Holding, die ein gutes Dutzend großer Blätter in den Vereinigten Staaten und Kanada kontrolliere.
»Genau zu dieser Zeit wurde der Enkel von Christopoulos in Rom wegen Rauschgifthandels festgenommen. Der junge Mann beteuerte seine Unschuld, aber die Beweise waren eindeutig. Später ist er doch wieder freigekommen: Seine ihn begleitende Freundin hatte zugegeben, das Rauschgift ohne sein Wissen in seine Sachen geschmuggelt zu haben. Ein freiwilliges Geständnis…«
»Lass mich raten: Das Pärchen hatte sich in Malta kennen gelernt …«
Der alte Herr nickte seufzend mit dem Kopf. Er ergänzte, dass er dem Journalisten Vorhaltungen darüber gemacht habe, dass dessen 214
Schlussfolgerungen nicht auf Beweisen beruhten, sondern lediglich auf der ›Annahme von Zusammenhängen‹. Und jetzt: Desautels, Finlay, MacMillan … Alles nur Zufall, tatsächlich?
Draußen in der Diele schlug die Standuhr zehn. Kiersten verspür-te eine große Müdigkeit. Sie zögerte, ihrem Vater gegenüber zuzugeben, dass ihr all diese Schändlichkeiten fast zu viel wurden, dass sie ernstlich daran dachte, um Zuweisung einer anderen Aufgabe zu bitten. Sie war von schrecklichem Widerwillen erfüllt. An diesem Abend hätte sie sehr ermutigender Worte bedurft. Doch sie äußerte sich nicht in der Befürchtung, damit doch nicht rechnen zu können.
»Diese Praktikantin hat sich in mein Umfeld eingeschlichen im Auftrag der Sekte dieses D'Altamiranda«, meinte ihr Vater nachdenklich. »Aber sie ist doch bei euch unter Verdacht geraten wegen einer ganz anderen Geschichte: Weil sie nämlich an Senator Murdstone einen Katalog geschickt hat, der nun mit Religion am aller-wenigsten zu tun hat. Wo liegt die Verbindung zwischen den beiden Angelegenheiten?«
»Wir haben mit der Peres über diesen Katalog gar nicht gesprochen. Wir haben sie vernommen über das, was sich in Zürich ab-spielte, und
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