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Billon, Pierre - Die fünfte Offenbarung.odt

Billon, Pierre - Die fünfte Offenbarung.odt

Titel: Billon, Pierre - Die fünfte Offenbarung.odt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die fuenfte Offenbarung
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die Nerven verlieren ließ. Sie ohrfeigte ihn heftig. Er 240

    erbleichte, rang um Atem und sagte schließlich mit zitternden Lippen: »Danke!«
    Sie stürzte nach einem verstörten Blick auf die säuberlich auf der Arbeitsplatte aufgereihten Tranchiermesser hinaus. Sie rannte über den Flur, durch das Wohnzimmer ins Schlafzimmer und flüchtete sich schließlich ins Bad …
    Sie nahm eine endlos lange Dusche. Als sie schließlich damit aufhörte und aus der gläsernen Schiebetür schlüpfte, stand Thierry davor, ganz in Dampf gehüllt und ein großes Frotteetuch in den ausgebreiteten Armen. Er war immer noch barfuß, trug aber jetzt enge schwarze Jeans und einen Rollkragenpulli.
    Sie ging ihm, das Tuch eng um sich wickelnd, ins Schlafzimmer voraus. Im Licht der untergehenden Sonne sah sie den Abdruck ihrer Hand auf seiner Wange.
    »Schau mich an!«, sagte sie.
    Er hob seine schmalen Augen zu ihr auf – ein aufmerksamer Blick, dessen heitere Gelassenheit sie verwirrte.
    »Ich hatte einen furchtbaren Tag, und an dir habe ich es ausgelassen …«
    »Ich bin auch dafür da!«
    »Nein und nochmals nein! Ich hatte kein Recht, dich zu schlagen. Und sag jetzt bitte nicht auch noch, es habe dir gefallen!«
    »Ich liebe den Schmerz nicht«, bekannte er treuherzig. »Aber mit einer Bestrafung bestätigen Sie Ihre Rechte über mich. Und das Gefühl, Ihr Eigentum zu sein, entschädigt mich für alles, was Sie mir antun könnten.«
    Es war ihm völlig ernst damit, das spürte sie. Und dieser Wunsch nach Unterwerfung war für ihn ebenso eindeutig wie für sie pro-blematisch. Ihr so genannter Sklave hatte nichts Serviles an sich; das vertrug sich nicht mit seiner inneren Würde.
    241

    Aber hatte sie das nicht schon am ersten Abend begriffen? Was sie sich eingestehen musste und was ihr zu schaffen machte, war etwas ganz anderes: ihr Bedauern darüber nämlich, dass in ihrer Brust ein so kaltes Herz schlug, und zugleich die Hoffnung, sich eines Tages ganz ihren Gefühlen hingeben zu können – so wie Chose es sich wünschte, sich ihr ganz hinzugeben.
    »Ich will dir überhaupt nichts ›antun‹. Aber ich kann dir einfach nicht folgen in diese Art von Beziehung – und dir dabei vorangehen schon gar nicht!«
    Sie fühlte sich unbehaglich dabei, so gut wie nackt vor ihm zu stehen. Da drehte er sich auch schon um.
    »Kann ich noch die Küche aufräumen, ehe ich gehe?«
    »Wenn du darauf bestehst…«
    Sie kleidete sich an und fing dann vor dem Vergrößerungsspiegel im Bad an, sich hübsch zu machen. Mit dem Gesicht, das ihr da entgegenschaute, war sie gar nicht zufrieden. Mimi hatte ihr einmal vorgeworfen, viel zu selten zu lachen, obwohl doch die dabei sich zeigenden Grübchen neunzig Prozent ihres Charmes ausmachten.
    Sie versuchte ein Lächeln – eine Katastrophe!
    Zu einer verstärkten Übung ihrer Lachmuskeln würde wohl auch Thierry wenig beitragen können. Sicher, er verfügte über Fantasie und hatte gewiss noch so manchen Pfeil in seinem Köcher. Trotzdem konnte sie es sich nicht so recht vorstellen, mit ihm gemeinsam herzlich zu lachen. »Ich bin einfach zu verklemmt.«
    Sie ging in die Küche, wo Thierry gerade seine Arbeit beendete.
    Der wunderbare, köstliche Duft der Lammkeule hing noch in der Luft. Ihr war ganz melancholisch zumute.
    »Ich habe alles in den Kühlschrank geräumt«, erläuterte Thierry.
    »Ich habe mir gesagt, dass Sie wohl nicht zu Hause bleiben werden heute Abend.«
    »Schönen Dank für die Information. Und warum nicht?«
    »Weil Cashew nicht da ist und Sie es nötig haben, auf andere 242

    Ideen zu kommen.«
    »Soweit stimmt es. Und worauf hätte ich Lust?«
    »Ins Kino zu gehen, um sich Blade Runner anzuschauen. Die neue Fassung natürlich!«
    »Ich habe noch nicht einmal die alte gesehen. Mit Science-Fiction habe ich's nicht so.«
    »Ich weiß – mal abgesehen von George Orwell.«
    »Sie werden noch im Kittchen landen, mein lieber Bugeaud!«
    Am nächsten Morgen bat sie Thierry über E-Mail, ihr so rasch wie möglich diese Liste von Firmen zu beschaffen, die eine Nutzungs-lizenz für das Satzprogramm Rembrandt 4.0 erworben hätten.
    Anschließend besprach sie sich mit Julien wegen ihrer Reise nach Paris und bat ihn, während ihrer Abwesenheit kommissarisch die Abteilung zu leiten. Sie diskutierten auch die Planung der erforderlichen Maßnahmen und die gegenüber den Leuten vom Schatzamt einzuschlagende Strategie.
    Gegen zehn schaute er auf seine Uhr.
    »Haben Sie jetzt nicht Ihre Besprechung

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